aufmerksam, feminin, Gäste & Feste

Überleben in den Hochzeits-Vorbereitungen

Da ich noch mitten in den Hochzeits-Vorbereitungen stecke, wird dieser Artikel veröffentlicht, obwohl bisher nicht das letzte Wort zu diesem Thema gesprochen ist. Dementsprechend werde ich noch eine Weile unregelmäßig ergänzen, was mir bis zur kirchlichen Trauung einfällt und wie ich es im Nachhinein sehe.

 

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– Setze dich früh genug mit dem Partner / der Partnerin zusammen und überlegt, was ihr euch wünscht:
Welcher Rahmen soll es sein: Klein und privat oder mit möglichst allen Freunden, Verwandten und Bekannten?
Was ist wichtiger: Euer Wohlbefinden oder euer Image (darauf läuft in meinen Augen der gesamte Hochzeits-Stress und dessen Umfang hinaus)?
Wie wichtig sind Feier und Flitterwochen, was davon steht während der Planungen im Vordergrund? Es ist utopisch zu glauben, die standesamtliche Trauung, die kirchliche Feier, das Familienfest sowie die Flitterwochen könnten alle gleich gut und aufwendig geplant werden. Setzt Schwerpunkte! Auch in der Finanzierung….
Wie teuer kann oder darf es werden? Denkt daran, dass sich die einzelnen Teile der Feierlichkeiten sowie die Flitterwochen summieren! Der jeweilige Posten mag überschaubar wirken, in der Summe läppert es sich zusammen, wie die Hamburgerin sagt!

– Wenn ihr euch über eure Wünsche unterhaltet, bedenkt, dass darin viel von der eigenen Familiengeschichte und Biografie sichtbar wird:
Wie wird gefeiert? Wie kritisch ist die Frage nach den Gästen, die „draußen bleiben müssen“, dürfen lästige Onkels und überflüssige Nachbarn außen vor bleiben oder darf das nicht sein? Welches Niveau an Speisen und äußerer Gestaltung wird als „normal“ gesehen? Da kommen Prägungen und Glaubenssätze stark zum Tragen! Fragt nach, warum die andere Person gerade in dieser Weise über Feste und Einladungen denkt und spricht, statt zu beurteilen und zu bewerten.
Versucht immer, eine Win-Win-Situation herbei zu führen! Deine Vorstellungen und Wünsche sind wichtig und richtig – meine Vorstellungen und Wünsche sind genauso wichtig und richtig.
Wie können wir sie möglichst ohne Kompromisse so verbinden, dass wir beide zufrieden sind? Es muss keinen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ geben: Beide dürfen ihren eigenen Teil des Ganzen gestalten.
Was zählt, ist sowohl jetzt als auch in der Ehe das „und„. Es geht nicht um „oder“: Richtig oder falsch, kitschig oder edel, familiär oder aufwendig: Völlig egal, im besten Fall wird es richtig und falsch, kitschig und edel, familiär und aufwendig gleichermaßen. Wenn jedeR einen eigenen Akzent setzen darf, entsteht eine viel authentischere Hochzeit als ein perfekt glasiertes Hochglanz-Fest.

– Bleibt miteinander in Kontakt! Gerade, wenn die meiste Organisation und Planung typischer Weise an den Frauen hängen bleibt und ein dichtes Geflecht aus Freundinnen und Beraterinnen die Braut begleiten – haltet euren Zukünftigen auf dem Laufenden! Ermutigt ihn, nachzufragen – den meisten Männern ist die meiste Vorbereitung egal, aber wenn Frau etwas plant, das Mann blöd findet, was Frau nicht weiß, weil Mann sich raushält, ist das Geschrei plötzlich groß.

– Arbeite nach wie vor mit Volldampf im Job. Bleibe auf dem Laufenden. Triff dich genauso wie vorher im Feierabend mit KollegInnen – niemand kann es sich leisten, für ein Dreivierteljahr während der Hochzeitsvorbereitungen ins Abseits zu geraten oder für alle sichtbar als einziges Thema „Hochzeit“ auf der Stirn zu tragen. Das rächt sich, trenne also Privates und Arbeit bis auf ein paar nette Anekdötchen aus dem Hochzeits-Stress  sowie danach eine Handvoll schöner Fotos von der Trauung (alle sind neugierig und möchten mal gucken, ist ja auch nett). Mein einziges Eingeständnis an mein persönlich machbares Pensum ist die Tatsache, dass ich während dieser Zeit Fortbildungen auf später verschiebe. Nicht perfekt, aber möglich.

– Halte den Freundinnen und dem Sportverein die Treue.
Triff dich nach wie vor mit Personen, die nicht zu deinem engsten Zirkel der mitfiebernden Frauen gehören. Tu dir die Sorgen deines Freundeskreises an, statt an nichts anderes als Catering und Floristik zu denken. Die Welt ist so viel größer als der Horizont einer überarbeiteten Braut. Halte die Augen und Ohren für deine Wegbegleiterinnen offen, statt ständig über den letzten Stand der Gespräche mit der Schneiderin zu berichten.

– Überlege dir, was du selbst machen und was du abgeben möchtest.
Wofür bist du zuständig? Wofür dein Partner?
Die Bereiche, für die du die Verantwortung trägst, kannst du nicht zu hundert Prozent alleine planen UND umsetzen. Ein gewisses Maß an Delegantion gehört ab einer bestimmten Größe der Veranstaltung dazu. Wem möchtest du was anvertrauen? Mir war es wichtig, gewisse Bereiche von Freundinnen ausführen zulassen (was parallel zum Traugottesdienst im Hintergrund passiert, KANN die Braut unmöglich selbst erledigen, da sie gerade „Ja“ sagen soll). Dabei war es mir wichtig, Freundinnen grundsätzlich sehr offen zu fragen, ob sie überhaupt mithelfen wollen und wenn ja, worauf sie Lust haben. Bis auf meine beste Freundin, die an mehreren Terminen beteiligt war, habe ich die zeitliche Belastung für jede Person möglichst knapp gehalten. Meine Freundinnen freuen sich mit mir, und das soll auch bis zur letzten Minute so bleiben – wenn sie sich im Nachhinein ausgenutzt und versklavt fühlen, habe ich als Braut einen dicken Fehler gemacht. Unsere Hochzeit ist ein einziger Tag – meine Freundinnen möchte ich bedeutend länger an meiner Seite wissen als diesen einzigen Tag. Grund genug, vorsichtig damit zu sein, wer wofür eingespannt wird. Meiner Meinung nach kann das Wort „Danke“ unmöglich zu oft ausgesprochen werden. Und Dankes-Geschenke für jede Beteiligte, egal wie gering die Aufgabe erscheinen mag, gehören für mich zum guten Ton.
Die Bereiche, die mir wichtig waren und in denen sich meine Kernkompetenzen und Begabungen zeigen, habe ich natürlich selbst ausgeführt. Egal, wie viel Stunden die Planung und Umsetzung letztlich dauerten. Was mir wichtig ist, ist meine Verantwortung und liegt damit in meinen Händen. Was ich delegiere (in welchem Umfang) und was besser nicht, ist eine wichtige Entscheidung.

– Gehe in die Natur und versuche, eine Weile nichts zu tun und zu denken. Nur zu laufen, zu schauen, zu hören und zu riechen. Werde nass, werde verschwitzt, werde kalt. Lass den ganzen Zivilisationskram und die Luxusprobleme eine Weile außen vor.

– Garantiere dir selbst, dass es mindestens eine Aktion gibt, die dir als Braut hundertprozentig Freude macht! Wenn du der Meinung bist, anderer Leute Vorstellungen entsprechen zu wollen und Traditionen fortzusetzen, okay – aber sieh zu, dass du nicht nur für anderer Leute Augen und Meinungen arbeitest. Plane mindestens einen Bereich der Feierlichkeiten, in denen alle Menschen außer dir und deiner Freude egal sind. Du verdienst es!

– Halte dir Tage und Stunden mit der bald zu heiratenden Person im Kalender frei. Dann redet ihr nicht über ökofaire Goldringe, nicht über die Anzahl der Blumenstreu-Körbchen und nicht über die Orgelmusik. Nehmt euch eine Auszeit von euch und eurem Planungs-Programm!
Wichtig für die Braut, die völlig wahnsinnig wird und sich vom Partner allein gelassen fühlt (Das ist auch deine Hochzeit, verdammt! Wann können wir mal in Ruhe reden?).
Wichtig für den Bräutigam, der den Eindruck hat, die Verlobte plane die Ankunft der schwedischen Königsfamilien und deren Entourage (Es ist nur eine Hochzeit und kein Staatsereignis, verdammt! Wann können wir mal in Ruhe reden?).

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Das Für und Wider der „Hochzeitsbranche“

Sehr zwiespältig sehe ich auf all die Angebote, die einer Braut zur Verfügung stehen, um die Hochzeit zu planen. Einerseits finde ich es wichtig, von Profis Hinweise zu bekommen, die mir als Nicht-Eingeweihter fehlen. Meine eigenen Ideen und Vorstellungen sind wertvoll, damit es unsere Hochzeit wird und keine Kopie aus einem Hochzeitsmagazin. Dennoch gibt es viele Fragen, die ich gerne stelle beziehungsweise die mir gestellt werden, damit die Umsetzung klappt. Dass für einen außergewöhnlichen Tag besondere DienstleisterInnen kontaktiert werden, ist ebenfalls sinnvoll – wie viele und wie aufwendig diese arbeiten, bleibt die eigene Entscheidung.

Dass es jede Menge Frauen gibt, die mindestens tausend Euro in ein Kleid investieren, was sie genau einmal tragen (insofern ist der Begriff „Investition“ an dieser Stelle völlig lächerlich), ist mir bewusst. Dass all die schönen Ideen von professioneller Florsitik über „Sweet Tables“ und „Braut Partys“, mit einander addiert, ein stattliches Budget erfordern, ist naheliegend. Dass dieser Aufwand oft jedes Maß der Verhältnismäßigkeit sprengt, um „ein Mal im Leben Mittelpunkt des Interesses zu sein“, finde ich jedoch unglaublich. Unglaublich insofern, als dass es von der Emanzipation der Frau über Analphabetismus bis Atomreaktorunfälle hinreichend Zustände auf der Welt gibt, die wichtiger sind und unseren Einsatz verdienen.
Ganz im Ernst: Wie sähe die Welt aus, wenn all das Engagement eifriger Bräute statt in die Blumendeko in die Überwindung des Hungers eingesetzt würde?
Da wir trotz des weltweiten Elends unsere Hochzeit feiern wollen, versuche ich, möglichst ressourcenschonend und schlank in der Finanzierung zu planen:
Mein Kleid wird hier in Hamburg von einer Schneiderin angefertigt, mit der Zielsetzung, ein festliches Kleidungsstück für alle Gelegenheiten zu werden.
Die Ringe werden ebenfalls in Hamburg von einem Goldschmied hergestellt, der hundertprozentig ecofaires Gold benutzt – Omas Ring wird im Zuge dessen eingeschmolzen und mitverwendet. Somit handeln wir regional, ökologisch und von den Produktionsbedingungen fair.
Alle Einladungen basteln wir selbst, die Dekoration ebenfalls, pompöse Aktionen zur Aufwertung des eigenen Images‘ gibt es nicht.
So sollte frau denken, dass sich der Aufwand (insbesondere finanziell) im Rahmen hält.
Ha!
Was mich wirklich schockiert ist die Tatsache, dass wir uns jede Menge Raffinessen sparen (keine Feier auf dem Schloss, keine Livemusik, kein DJ, kein Servicepersonal, keine geliehenen flatternden Tauben, keine Limousine usw. usf.), so viel wie möglich selbst organisieren oder ehrenamtlich machen lassen und dennoch so viel Zeit, Energie und Geld (ver)brauchen.

Gut, dass nur einmal im Leben geheiratet wird (sollte ich je geschieden werden, würde ich mir eine zweite Hochzeit sparen, sollte es einen zweiten Mann geben), sonst gäbe es kaum Frauen, die Zeit und Geld zur Verbesserung der unwürdigen Zustände in dieser Welt übrig hätten.

 

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Dennoch schlägt mein Herz für Ästhetik: So schön sah unsere Kirche bei einer anderen Trauung aus…

aufmerksam, feminin

Hochzeit planen und sich dennoch selbst treu bleiben

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Wie wird ein Tag, der für mich bisher ein reines Pflichtprogramm im Lebenslauf darstellt, zu einem für mich schönen Tag? Sogar ein Festtag?
Wie finde ich einen Ort, der mir gefällt, und von der Kirche aus gut zu erreichen ist?
Wie gehe ich damit um, dass es zwangsläufig eine Familienfeier wird, obwohl ich absolut kein Familien-Typ bin?
Wie vermeide ich unangenehme Momente, ohne alles generalstabsmäßig zu planen?
Wie schaffe ich es, mich von Traditionen und Erwartungen anderer zu distanzieren, ohne einen Affront zu provozieren?
Wie gelingt es, dass mein Verlobter und ich im Mittelpunkt stehen und nicht der Erfolg der Feier als solches?
Wie wird eine Hochzeit intim und persönlich?
Wie schaffe ich es, positive Stimmen und Personen um mich zu versammeln und die anderen auszublenden?
Welche Botschaft haben wir als Paar? Welche Bedeutung hat die Heirat für uns?

Kurz: Wie bleibe ich mir in der Planung der Hochzeit selbst treu?
Ich hoffe auf sehr viel Weisheit, die mir zeigt, wie wir als Paar ein Fest zustande bringen, das nicht spießig gerät und uns selbst Spaß macht.