Donnerstag Nachmittag. Das Telefon klingelt: „Hallo Marie, für den Gottesdienst am Sonntag brauchen wir noch eine Person, die die Kinder begrüßt. Die üblichen Verdächtigen sind nicht da, könntest du dir das vorstellen?“
„Ich bin am Sonntag auf jeden Fall da… Hast du irgendeinen Anhaltspunkt für mich? Predigttext oder Thema des Sonntags oder irgendwas, das mich auf eine Idee bringen könnte?“
„Wie begrüßen einen Gastprediger, den Pastor aus einer der Nachbarkirchen. Predigttext ist Hebräer 13 oder so, warte mal… Ach, und „Bibelsonntag“ haben wir.“
„Äh, danke, das führt gerade nicht zu Inspirationen bei mir. Egal, ich mach´s, dann muss sich der Heilige Geist drum kümmern, dass mir was Passendes für die Kinder einfällt.“
„Super, danke, dann bis Sonntag.“
Mir fällt nichts ein.
Ich kehre zu meiner Lektüre zurück.
Wenig später: Ich hab´s und schreibe kurz den Text runter. Nur das nötige Utensil muss noch angefertigt werden, dazu nehme ich mir tatsächlich erst Samstagabend Zeit.
„Hallo Kinder, schön, dass ihr da seid. Kommt mal zu mir nach vorne – ich bin übrigens Marie, auch wenn ich heute so anders aussehe.
Ich habe heute diese supertolle Maske auf, die habt ihr bestimmt schon gesehen. Damit fühle ich mich richtig gut und es sieht auch wirklich klasse aus, finde ich. Bestimmt denken das auch die Erwachsenen.
Aber ich muss euch was verraten: Ich will die Maske bloß nicht abnehmen. Solange ich die auf dem Gesicht habe, denken nämlich alle, wie wunderbar ich bin. Und alle finden mich gut, glaube ich. Aber wenn ich die Maske abnehme, dann merken die anderen bestimmt, dass ich gar nicht sooo toll bin. Also verstecke ich mich lieber. Wenn ich mich nicht verstecke, entdecken die Leute bestimmt, dass ich alles mögliche falsch mache. Zum Beispiel vergesse ich wichtige Sachen, dann schimpfen andere Erwachsene mit mir. Oder ich mag nicht aufräumen, dann sieht es im Wohnzimmer schlimm aus. Manchmal sage ich auch gemeine Sachen, und dann sind andere Leute beleidigt und eingeschnappt.
Ihr merkt schon, es ist besser, wenn ich die Maske aufhabe. Dann sehe ich wunderschön aus und keine merkt, dass ich Blödsinn mache oder Sachen verliere. Das weiß ja keine, weil keine hinter meine Maske gucken kann.
Aber, ehrlich gesagt, kann ich gar nicht so gut gucken wie sonst. Euch seh ich heute wirklich schlecht.
Und es kitzelt mich auch ein bißchen, dieses Maskending.
Und Luft kriege ich auch nicht so gut.
Das juckt außerdem an meinem Gesicht.
Äh, ich würde die Maske gerne abnehmen. Aber ich trau mich nicht, darunter sehe ich ganz müde und schwitzig aus. Und alle wissen dann, dass ich nicht so toll bin, wie ich tu.
(Ich ziehe die Maske vom Gesicht)
Zum Glück können wir bei Jesus die Maske abnehmen. Er weiß sowieso alles: Das, was ich super hinbekomme, und das, was ich falsch mache genauso. Bei Gott brauch ich keine Maske, denn er hat mich ja erfunden und kennt mich genau. Er sagt, dass er mich ohne Maske genauso liebt wie mit. Und ich, ich erkenne Gott auch viel besser, wenn ich mich nicht hinter der Maske verstecke. Wenn ich mit Gott darüber rede, was ich super schaffe und wo ich Mist mache, dann hilft mir das. Viel mehr als verstecken.“
Nun zünde ich das Licht in der Laterne an und habe gleich einen kleinen Jungen vor mir stehen, der die Laterne heute tragen möchte. Wie jeden Sonntag singen wir a capella „Geh mit Gottes Segen, mach dich auf den Weg. Geh mit seinem Segen, er wird bei dir sein“, während die Kinder einmal durch die Reihen ziehen und dann nach unten zum Kindergottesdienst verschwinden.
Die Predigt beginnt und handelt nicht von Hebräer Kapitel 13, sondern 14: Über das, was verborgen ist, und die Wirkung des Wortes Gottes (Maske ab…).
Ich staune, da meine Vorbereitung und der verwechselte Bibelvers plötzlich perfekt zusammen passen.
Niemand nimmt einem eine gute Planung ab – dass es letztlich trotz menschlichen Fehlern passt und die Botschaft ankommt, ist Gottes Verdienst.
Weitere Impulse für Kindergruppen:
Worüber würdest du dich freuen, wenn du ein armes Kind wärst?
Frühjahrsputz im Herzen
Wie leben wir Christen Gemeinschaft?
Danke-Konfetti für Erntedank
Pfingsten: Den Heiligen Geist kindgerecht erklären
Buchtipp:
Wer sich nach mehr Freude und einem Glauben, der im Alltag praktisch wird, sehnt, schaue sich gern mein Mitmach-Buch „Wo die Freude wohnt“ an. Kreative Ideen, Gebete, Reflexionsübungen laden dazu ein, mit Körper und Seele Gott zu erleben.
Wer selbst philosophische Nachmittage plant oder Andachten hält und sich Impulse wünscht: Informationen, Praxistipps und Erfahrungen zu Andachten und Gesprächen über persönliche Themen präsentiere ich in meinem Praxisbuch „Über die großen Fragen des Lebens sprechen. Achtsamkeit und Spiritualität in der Sozialen Betreuung“. Es ist aufgeteilt in die Bereiche Achtsamkeit, Spiritualität und philosophische Themen und eignet sich sowohl für Einzelbetreuungen als auch Gruppenangebote mit SeniorInnen. Das Fachbuch ist erschienen im Verlag Vincentz Network.