aufmerksam, glaubhaft

Inneren Reichtum entdecken: Schätze statt Schwächen finden

Viele von uns haben einen sehr klaren Blick auf das, was wir können und wer wir sind. Und entsprechend auch auf die Bereiche der Persönlichkeit, mit denen wir fremdeln und die wir eher verstecken. Ein Blick „in die eigene innere Schatzkiste“ hilft zu erkennen, dass häufig noch mehr Möglichkeiten in uns schlummern, als wir oft meinen.
Oben auf liegen die Charaktermerkmale und Fähigkeiten, die von unserem Umfeld anerkannt werden und derer wir uns häufig bedienen. Hier befindet sich Gold, das wir meinen produzieren oder präsentieren zu müssen, um den Anforderungen der Gesellschaft zu genügen. Wir versuchen, dem allgemeinen Lebenstempo zu folgen und dem Leistungsdiktat zu entsprechen. Theoretisch darf jedeR heute „ganz individuell“ sein – aber bitte auf eine Weise, die in modernen Zeiten Anerkennung findet. Wer auf jedwede Art anders ist, als aktuell propagiert wird, erntet immer noch verletzende Kommentare.
Dabei las ich in der letzten Zeit an mehreren Stellen, dass das, was scheinbar unsere größte Schwäche ist, unsere auffälligste Seltsamkeit, stattdessen unseren größten Schatz und ein immenses Potential bedeutet.
Ja, wir wurden oft schon in unserer Kindheit und Jugendzeit für bestimmte Charaktermerkmale oder Vorlieben beschämt.
Ja, wir haben gelernt, einzelne Facetten gut zu verbergen und, wenn überhaupt, ganz allein für uns auszuleben.
Noch öfter haben wir bestimmte Bereiche unserer Identität abgelehnt, unterdrückt und vor unserem Umfeld herunter gespielt – um nicht schon wieder Ablehnung und Häme dafür zu kassieren.

Ich bekomme gerade von anderen Menschen, die mehr als oberflächlich auf mich schauen, gespiegelt, dass meine „uncoolsten Persönlichkeitsmerkmale“ meine größten Stärken sind. Jenseits von gesellschaftlichen Erwartungen und jenseits von Lebenslügen, die mich immer dazu getrieben haben, bestimmte Talente als Schwächen zu deklarieren und permanent abzuwerten, statt sie wertzuschätzen.
Deshalb lade ich dazu ein, bewusst zu schauen, welche Teile unserer Identität wir verstecken und schützen, statt sie liebevoll zu kultivieren und ihnen Wachstumsmöglichkeiten zu geben.
Gibt es dafür gute (wirklich gute) Gründe oder stecken falsche Urteile unserer Umwelt dahinter?
Ist es an manchen Stellen sogar Kalkül unserer Mitmenschen, um uns kleinzuhalten und von unserem vollen Potential abzubringen?
Der Wert einer Schatztruhe bemisst sich für mich nicht darin, dass sie zu hundert Prozent mit blanken Goldtalern gefüllt ist, die alle wie geklont und fabrikneu aussehen. Sondern darin, dass verschiedene Edelsteine, Metalle, Perlen und ganz unterschiedliche Ressourcen darin aufgestöbert werden können.

Welche inneren Schätze hast du lange vergraben?
Für welche Kompetenzen schämst du dich, statt sie liebevoll aufzupolieren, zum strahlen zu bringen und dich an ihnen zu erfreuen?
Wo duckst du dich unter das heutige Leistungsdiktat, das dir einredet, dass Charaktereigenschaften besser oder schlechter sein können – je nachdem, was der Zeitgeist vorgibt?
Wo wertest du Begabungen ab und sehnst dich nach dem, was deine Freundin oder Kollegin kann – statt stolz auf deine persönliche Eigenheit zu sein?
Vieles, was wir an uns für selbstverständlich, langweilig oder unattraktiv halten, wäre für unser Umfeld eine große Bereicherung – wenn wir es denn wahrnehmen und wertschätzen könnten.

aufmerksam, feminin

Buchempfehlung: „Julia“ von Anne Fortier

Gerade habe ich das Buch „Julia“ von Anne Fortier „ausgelesen“, wie man so schön sagt. Es wurde im letzten Jahr schon häufig rezensiert und das zu Recht. Ich könnte jetzt in aller Gründlichkeit, wie es meine Art ist, den Inhalt des Buches wiedergeben und alle wichtigen Handlungsstränge vorab skizzieren, damit die geneigte Leserin sehr gut weiß, worauf sie sich bei dem Roman einlässt. Ich kann es aber auch bleiben lassen – und ein paar Stichworte fallen lassen, Appetit machen und mich alsbald von dannen stehlen…

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen: Zum einen in der Gegenwart, wo Julia Jacobs` Tante Rose stirbt, die sie und ihre temperamentvolle, egoistische Zwillingsschwester aufgezogen hat. Sie bekommt (vom angeblichen Anwalt) einen Reisepass ausgehändigt, der auf ihren ursprünglichen Taufnamen ausgestellt ist: Giulietta Tolomei. Nun soll sie nach Italien reisen und bekommt unterwegs bruchstückhafte, verworrene Informationen, die etwas mit ihr zu tun haben sollen: Es stellt sich heraus, dass sie die direkte Nachfahrin von Giulietta Tolomei ist, derjenigen, die Shakespeare den Stoff für „Romeo und Julia“ lieferte. Und es gibt einen Schatz, den ihre unter rätselhaften Umständen verstorbene Mutter gesucht und fast gefunden hatte – auf deren Fährte wird sie, von Fäden aus dem Hintergrund gezogen, gesetzt.
Und gleichzeitig laufen die Ereignisse aus dem Jahre 1340 ab, die sich in Siena zugetragen haben, und aus denen über viele verschiedene Legenden schlussendlich Shakespeares Werk wurde (wobei man laut des Buches nicht von „seinem Werk“ sprechen kann, da Shakespeare einen vorhandenen Stoff einfach nur in nette Verse schreiben brauchte, aber gut).

Das klingt jetzt nebulös und ziemlich abgefahren – trotzdem belasse ich es dabei.
Ich bin keine Anhängerin von spannenden Romanen, weil sie mich unheimlich wuschig machen. Dieses Buch ist definitiv spannend – aber auch historisch interessant, unterhaltsam und gelegentlich romantisch (meiner Meinung nach zu wenig, aber um die Liebe geht es nicht vordergründig).
Ich empfehle es, weil es zu den Büchern gehört, die man gründlich liest, statt sie gelangweilt zu überfliegen und weil man dabei in die Handlung abtaucht – zwei der wichtigsten Qualitäten, die ein Buch haben kann.

 

„Julia“ von Anne Fortier,  Krüger Verlag 2010

 

 

 

 

aufmerksam

Kindermund: Bei uns im Garten…

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ich bespreche mit einer Erstklässlerin Präpositionen. Wir basteln ein Bild von einem Haus mit vielen Dingen darin, darüber, darauf, daneben, dahinter usw. In der darauf folgenden Stunde wiederholen wir und ich frage:
„Was ist hinter dem Haus?“
Sie: „Ein Vulkan!“
Ich schaue verdutzt.
Sie: „Ja, so ein Vulkan. Hm… ein Walkon.“
Da dämmert es mir…

 

Ich erkläre einer Fünfjährigen, was „Teekesselchen“ (Homonyme) sind – am Beispiel von Birne und (Glüh)birne.
Sie: „Ja, und: Schatz und Schatz!“
Sehr niedlich.

 

IMG_8035Eine Schatzinsel… ganz ohne Vulkan