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Buchempfehlung: Vier Mädels gründen eine Hochzeits-Agentur

Um abzuschalten, lese ich gerne Liebesromane. Völlig hirnamputiert sollten sie jedoch nicht sein: Ein guter Schreibstil, interessante Charaktere und ausführliche Schilderungen dessen, was zwischen den Liebenden passiert, gehören für mich dazu.
Eine meiner Freundinnen berichtete von einer Buch-Serie von Nora Roberts, die ich auch kenne – und da sie in diesen Büchern ebenso schwelgte wie ich, nehme ich an, dass es weitere Frauen gibt, denen es so geht.

Die Bücher heißen „Frühlingsträume“ (Band 1), „Sommersehnsucht“ (Band 2) und „Herbstmagie“ (Band 3) – der vierte Band soll Ende 2011 erscheinen.

Vier junge Frauen Ende zwanzig leben auf dem Grundstück eines traumhaften Anwesens inklusive mehrerer Nebengebäude in der Nähe New Yorks. Sie kennen sich seit Kindertagen und haben sich zu einer Geschäftsgründung zusammen gefunden:
Parker ist diejenige, die alle Fäden in der Hand hat und für die Organisation der Hochzeiten zuständig ist, die auf dem Gelände der elterlichen Villa stattfinden. Ihre Eltern sind bei einem Unfall tragisch verstorben, und nach einer Zeit der gebührenden Trauer 😥 nutzen die vier die guten Rahmenbedingungen um sich selbstständig zu machen. Der große Bruder von Parker wird später der Mann einer ihrer Freundinnen, aber so weit sind wir noch nicht. Sie rennt ständig mit einem Headset am Ohr herum, ist auch nachts um 2 Uhr am Telefon für hysterische Bräute da und die absolute Perfektionistin.
Mac, um die es im ersten Band geht, ist die Fotografin. Sie stammt aus schwierigen familiären Verhältnissen und muss im Rahmen ihrer Liebesgeschichte ihre Bindungsangst überwinden. Ihre Bilder fangen die Essenz der Persönlichkeit und die Stimmung der Feier ein. Sie bleibt mit ihrer Kamera stets im Hintergrund und ist doch immer ganz nah dran. Mac verlobt sich später mit Carter, einem motorisch ungeschickten Lehrer in Tweed-Jackets, der sie seit der Highschool heimlich liebt.
Emma ist die Floristin, die täglich das gesamte Anwesen mehrfach umdekoriert – je nach dem, was die nächste Hochzeitsgesellschaft verlangt. Sehr ausführlich werden all die Sträuße, Gestecke und Girlanden beschrieben, die sie täglich in Handarbeit bindet. Sie findet später mit dem Architekten Jack zusammen – sie kennen und lieben sich seit langem, haben es sich jedoch nie eingestanden. 😳 Von den beiden wird im zweiten Band erzählt.
Laurel ist die Konditorin, sie fertig pausenlos siebenstöckige Torten, Muffins, verzierte Kekse, goldbestäubte Desserts und Pralinen. Sie verliebt sich ausgerechnet in den Anwalt Del, den großen Bruder von Parker – oh nein oh nein! Auch sie haben einander schon lange ins Auge gefasst, doch können sie sich zwischen sicherer Freundschaft und bodenloser Leidenschaft entscheiden? Welches wird der richtige Weg für die Zukunft sein? 😯
Der letzte Band wird von der Perfektionistin Parker handeln, und aller Wahrscheinlichkeit nach bekommt sie einen dreckigen, fluchenden und trotzdem sehr herzlichen Automechaniker. 😎 Die Fetzen werden vor Ablehnung und Erotik fliegen, und nachher gründen sie in tiefem Frieden und voller gegenseitiger Wertschätzung eine eigene Familie.
Oder so. Nora Roberts schreibt schließlich immer gleich.

Trotz meiner unverhohlenen Ironie gefallen mir diese sehr romantischen, kitschigen, femininen Bücher: Sie laden dazu ein, sich in das Unternehmen der Frauen hinein zu träumen. Wer hätte nicht gerne einen kreativen, herausfordernden Beruf, versüßt durch die vielen zufriedenen Komplimente seitens der KundInnen? Täglich dürfen sie die heimlichen Träume der weiblichen US-Amerikanerinnen ausleben… All die Aufregung und der Stress, die durch die unterschiedlichen Erwartungen verschiedener Familienmitglieder an die gleiche Feier gestellt werden, machen das Ganze interessant.
Mich begleitet seitdem die Idee, in einem eingeschworenen Frauen-Team kreativ zu sein und den eigenen Leidenschaften in Form eines erfolgreichen Berufs zu folgen.

So sehr ich es wichtig finde, alte Geschlechter-Klischees zu beerdigen:
Manchmal brauchen Frauen Romantik – hier ist sie!

 

 

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Buchempfehlung: „West End Girls“ von Jane Green

Das Buch „West End Girls“ spielt in London und handelt von einer Clique junger Erwachsener Anfang dreißig, die sich noch aus Unizeiten kennen:
Cath, die Ich-Erzählerin, hat sich nach einer katastrophalen Beziehung im Single-Dasein eingerichtet, ist mit sich als Person und ihrem Leben insgesamt unzufrieden und gleichzeitig zu ängstlich, um ihre Komfort-Zone zu verlassen.
Tim ist ihr bester Freund, homosexuell (natürlich, wie in allen diesen Romanen) und eifrig auf der Suche nach dem perfekten Mann.
Josh ist ruhig, intelligent und verlässlich, er hat die natürliche und selbstbewusste Lucy geheiratet, die er im Ski-Urlaub kennen lernte. Mit ihr hat er einen Sohn, Max, der die Protagonistin nicht ausstehen kann und sich oft als Flegel aufführt. In ihrem Haus wohnt das schwedische Au-pair-Mädchen Ingrid, das gut mit Max zurecht kommt, ansonsten aber sowohl bei den Figuren des Buches als auch seitens der Leserin viel Antipathie auslöst.
Fehlt nur noch Portia – eine kühle, sarkastische Schönheit, die zu Unizeiten die Clique dominierte und von allen verehrt wurde. Aufgrund ihres intriganten Verhaltens wandten sich gegen Ende des Studiums alle von ihr ab, verfolgten aber doch aus der Ferne mit Neid ihren Aufstieg in der Medienbranche – bis sie plötzlich verschwand.
Der Roman handelt größtenteils davon, wie die Protagonistin Cath sich dem Leben öffnet, Mut fasst und Schritte in eine neue Richtung wagt: Sie gibt ihren Job auf und eröffnet mit Lucy zusammen ein Buchcafé. Dabei ist sie für die Bücher zuständig und Lucy für den kulinarischen Teil. Während dessen lernt Cath viel über sich selbst, erweitert ihren Handlungsspielraum und hat plötzlich sogar einen Verehrer, der ihr Herz verdient. Cath versucht, zu Portia Kontakt aufzunehmen, weil sie es bereut, ihre ehemals beste Freundin aus den Augen verloren zu haben und immer noch eine innere Lücke spürt, die sie hinterlassen hat. Zusätzlich ist der Clique aufgegangen, dass die Lieblings-Serie im Fernsehen, die sie alle sehr gern anschauen, aus Portias Feder stammt und dass sie alle darin vorkommen. Dabei wird keine/r von ihnen positiv dargestellt…
Zur Eröffnung des Buchcafés taucht Portia auf und plötzlich nimmt die Handlung zusätzlich an Fahrt auf, als sich der Verdacht ergibt, dass sie ein weiteres Mal eine Intrige spinnt. Während Cath an James, dem sympathischen Verehrer aus der Nachbarschaft, interessiert ist aber es nicht auf die Reihe bekommt, dies auch zu zeigen, verändert sich auch im Leben der anderen vieles.
Die Moral von der Geschicht: Am Ende des Buches sind alle ein gutes Stück erwachsener und sehen das Leben aus einem neuen Blickwinkel.

Ich empfehle das Buch, weil es sehr realistisch erzählt und dabei gut geschrieben ist:
Detailliert, aber in der Handlung straff. Dass der übliche „beste Freund mit homosexueller Neigung“ vorkommen muss, wie in allen Frauenromanen der letzten Jahre, ist zu verschmerzen.

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Buchempfehlung: „Zwei bemerkenswerte Frauen“ von Tracy Chevalier

Das Buch erschien in der Originalausgabe unter dem Titel „Remarkable Creatures“, was auf die Hauptdarsteller hinweist – es handelt von der Entdeckung der Dinosaurier.
Der Roman spielt in Lyme Regis, Südengland, an der „Jurassic Coast“ – einem Küstenabschnitt, der bis heute stark erodiert und in seinen Gesteinsschichten eine große Zahl Fossilien und Dinosaurier-Skelette birgt, die durch den Abbruch der Felsenkante oberhalb des Meeres immer wieder zum Vorschein kommen.
Elizabeth Philpot, eine junge Frau, wird mit ihren beiden anderen unverheirateten Schwestern von ihrem Bruder (und einzigem noch lebenden Verwandten) nach Südengland „verbannt“. Dort sollen sie, gemeinsam mit (nur!) einem Hausmädchen ein sparsames und dennoch angenehmes Leben als zunehmend alternde Jungfern führen. Trotz ihrer Zugehörigkeit zur Oberschicht haben sie (bis auf die jüngste Schwester) keine Verehrer, da es ihnen an Schönheit und an finanziellen Mitteln fehlt. Die Schwestern versuchen, sich nach dem lebhaften London im verschlafenen Lyme einzuleben und tun dies auf unterschiedliche Weise. Elizabeth beginnt, lange Spaziergänge am Strand zu unternehmen und nach Fossilien zu suchen. Dabei lernt sie ein Mädchen aus der Arbeiterschicht, Mary Anning, kennen, die trotz fehlender Schriftsprachkenntnisse und geringer Schulbildung eine Menge über die Versteinerungen zu erzählen hat. Mary sammelt die Fossilien, um sie an Touristen zu verkaufen – Elizabeth sammelt sie um ihrer selbst willen und besorgt sich immer wieder Bücher aus London, um ihr Wissen darüber zu erweitern und an Mary weiter zu geben.
Eines Tages, 1811, findet Mary das Skelett eines Ichthyosaurus, der damals noch mit „Krokodil“ benannt wird. Da Mary dadurch Geld verdient, ist ihr diese unklare Bezeichnung nicht weiter wichtig – Elizabeth jedoch, die die Lehren von Lamarck, Cuvier und weiteren zeitgenössischen Wissenschaftlern kennt, fragt sich, worum es sich wirklich handelt. Und ob es sein kann, dass auf der Erde früher einmal Tiere lebten, die es heute nicht mehr gibt. Aber warum sollte Gott in seiner Herrlichkeit Tiere schaffen, die dann wieder von der Erde verschwinden? Gibt es fehlerhafte Tiere, die Gott aussortierte? Ist Gott in seiner Schöpfung dann nicht so fehlerlos, wie man bis dahin glaubt? Ist die Erde älter als die von Bischof Ussher angesetzten 6000 Jahre? Und wurde die Erde vielleicht nicht in 7 Tagen geschaffen? Es häufen sich Fragen, die bis dahin nie gestellt wurden und die auch in einer Kleinstadt wie Lyme weiterhin nicht gestellt werden dürfen.

Parallel dazu gewinnt Mary durch weitere Funde an Bekanntheit, sodass zunehmend Adelige und (semi)professionelle Wissenschaftler Dorsets Küste besuchen. Ihre Hilfe wird von den Herren gern in Anspruch genommen, um Fossilien zu finden – die Herren geben die Funde allerdings als die ihrigen aus und lehren oder promovieren darüber, ohne dass Marys Talent und ihr Wissen erwähnt wird. Sie dient den Herren als eine Art freiwilliges Dienstmädchen, ohne dafür bezahlt zu werden und ohne für ihre Kompetenz öffentlich anerkannt zu werden. Ihre Armut wird dadurch nicht gelindert, aber ihr Selbstbewusstsein steigt mit jedem Fund eines Skeletts.
Erst am Ende des Buches wird der Name „Mary Anning“ in einer Randbemerkung eines Wissenschaftlers während eines Vortrags vor der Geologischen Gesellschaft in London fallen gelassen – weil Elizabeth Philpot sich mit allem Nachdruck dafür einsetzte. Während er sich von ihr überreden ließ, Mary angesichts des aktuellen Fundes zu erwähnen, unterstreicht er gleichzeitig, dass sie niemals in einem gedruckten Werk Erwähnung finden wird. Elizabeth darf nach langem Drängen dem Vortrag von der Hintertreppe lauschen – Frauen sind in der Welt der Wissenschaft weiterhin geächtet, selbst wenn sie fähiger sind als die Herren.

Ich empfehle dieses Buch, weil es einen Einblick in die damalige Zeit erlaubt und gleichzeitig vor Augen führt, wie wichtig die Emanzipation der Frau war und bis heute ist.

 

Tracy Chevalier: „Zwei bemerkenswerte Frauen“, Knaus 2009

Zum Weiterlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Anning

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Buchempfehlung: „Septemberwünsche“ von Lucy Clare

Der Roman „Septemberwünsche“ handelt von drei Frauen mittleren Alters, die an der gleichen Schule als Lehrerinnen arbeiten und miteinander befreundet sind. Keine von ihnen arbeitet mit vollem Herzen in der Schule, aber alle haben sich irgendwie damit arrangiert. Im Gespräch geht ihnen auf, wie sehr sich ihre drei Leben festgefahren haben und wie stark sie sich nach einer Veränderung sehnen – gleichzeitig bereitet ihnen bereits der Gedanke an eine Veränderung Angst.
„Du darfst nicht einfach am Strand stehen und darauf warten, dass dir die Wellen den Boden unter den Füßen wegziehen.
Geh und schlag selbst eine Welle!“

Angesichts des beginnenden Schuljahres Anfang September vereinbaren sie, dass jede von ihnen bis zum nächsten Jahr zur gleichen Zeit „eine Welle“ initiieren soll – eine weitreichende Veränderung des Lebens, gleich welcher Art. Parallel dazu eröffnen sich einerseits neue, ungewohnte Perspektiven, die darauf untersucht werden, ob sie zu einem willkommenen Richtungswechsel genutzt werden können. Gleichzeit fahren sich zu Beginn die bisherigen Lebensumstände der drei zusätzlich fest, sodass ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als in die Krise einzutauchen und die Herausforderung anzunehmen.

Mir gefiel das Buch insbesondere zu Beginn sehr gut, im zweiten Drittel wurde die Handlung temporeicher, aber auch verwirrender. Trotzdem regt es dazu an, sich über die eigene Lebensgestaltung Gedanken zu machen und nicht abzuwarten, bis die Umstände sich von Zauberhand verändern und ungeahnte Perspektiven in strahlendem Glanz auftauchen (was bekannterweise sehr unwahrscheinlich ist).

 

Lucy Clare: Septemberwünsche, Roman, Knaur 2010

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Buchempfehlung: „Villa Dante“ von Elizabeth Edmondson

Vier Personen, die sich untereinander nicht kennen und alle an einem „toten Punkt“ in ihrem Leben angekommen sind, erhalten einen überraschenden Brief: Jeder von ihnen wird gebeten, sich so bald wie möglich in einer alten Villa in der Nähe von Genua einzufinden – es handele sich um eine Testamentseröffnung. Keiner der Protagonisten kennt die Frau und den Ort, von denen die Rede ist. Doch alle vier unterbrechen ihr Leben, da sie jeweils Unzufriedenheit und Unruhe verspüren und es nichts gibt, was sie in ihrem Alltag hält.
Der Roman spielt in den fünfziger Jahren und beschreibt zu Beginn die Aufbrüche der einzelnen Personen, die sich auf den Weg in die Villa Dante machen und dort innerhalb weniger Tage nacheinander eintreffen. Vor Ort stellen sie fest, dass keiner weiß, was vor sich geht und der Notar der verstorbenen Beatrice Malaspina nicht bereit ist, ihnen Informationen zukommen zu lassen. So beschnüffeln sie sich und ihre Umgebung zuerst misstrauisch, fällen erste Urteile über die anderen und beginnen so langsam, die Auszeit zu genießen – jeder auf seine Weise. Während sie sich untereinander immer besser kennenlernen, versuchen sie heraus zu finden, was das Vermächtnis der Fremden sein soll und warum sie ausgerechnet die vier dafür ausgesucht hat. Zunehmend steigt die Verunsicherung, weil Beatrice Malaspina sehr viel über jede und jeden von ihnen zu wissen scheint – insbesondere, was die Brüche und die Unzufriedenheit in ihrem Leben angeht.

Zu Beginn des Buches fiel es mir schwer, die Einzelheiten aus den Beschreibungen der Personen richtig einzuordnen und im Kopf zu behalten, während die Handlung voranschreitet. Sobald sich alle in der Villa eingefunden haben und die eigentliche Handlung beginnt, liest es sich sehr gut. Da der Spannungsbogen konsequent gehalten wird, fällt es schwer, das Buch langsam und mit Genuss zu lesen oder es aus der Hand zu legen – man möchte einfach wissen, was des Rätsels Lösung ist.
Mir hat die Auflösung der Zusammenhänge am Schluss gefallen, trotzdem fand ich einiges davon holperig oder nicht ausreichend erklärt. Davon abgesehen ist dies Buch sehr empfehlenswert, besonders dann, wenn man Zeit hat, sich hinein zu vertiefen und mehrere Kapitel am Stück zu lesen.
Ideal für ein verregnetes Wochenende!


Elizabeht Edmondson: „Villa Dante“, erschienen im rowohlt Verlag, gebunden und als Taschenbuch erhältlich.