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Yeah, yeah, Bildungsurlaub! Kunst bis zum Umfallen

Vorab muss ich mich bei den BewohnerInnen von Kiel beschweren und entschuldigen: Eure Stadt ist wirklich, wirklich hässlich. Laut, zugebaut, seelenlos, überall Baustellenchaos. Das Klischee trifft leider wirklich voll zu. Nach einer Woche in Kiel fühlt sich der voran gegangene Norwegenurlaub Lichtjahre entfernt an.
Was ich überhaupt in Kiel wollte? Das Recht auf Bildungsurlaub nutzen: In Hamburg (und fast allen anderen Bundesländern) hat jede angestellte Person das Recht auf fünf Tage Sonderurlaub jedes Jahr. Jedes. Jahr. Und wer einmal nicht im Bildungsurlaub war, darf das darauf folgende Jahr gleich 10 Tage weg. Bildungsurlaub darf nach eigenen Interessen ausgewählt werden und dient der Erweiterung des Horizonts: Zum Sprachen lernen, für gesellschaftliche Themen, der eigenen Gesundheit zuliebe oder zum Auseinandersetzen mit Kultur.
Als ich noch Logopädin war, wurde es mir verboten (was rechtlich nicht legal ist), jetzt habe ich mein Recht eingefordert und habe einen Bildungsurlaub zum Thema Kunst mitgemacht.

Bildungsurlaub bedeutet, fünf Tage lang je acht Stunden in ein Thema einzutauchen:
Wir arbeiteten Lektionen über warme und kalte Farben ab und lernten Dinge mit Licht und Schatten plastisch darzustellen. Eine Aufgabe zur Komposition von Bildelementen gehörte ebenso dazu wie Zeit zum freien Gestalten.


Zum Glück waren wir eine nette, entspannte Gruppe: Keine Drama-Königinnen, keine Querulanten oder Jammerlappen dabei. Das ist sehr viel wert, ebenso wie eine kompetente und humorvolle Kursleitung, die meine ehrliche Art abkann („Die Aufgabe fand ich total blöd und hatte keine Lust drauf, aber dann hab ich es eben gemacht, ohne viel Zeit zu vergeuden, und da hängt es jetzt.“). Davon abgesehen war ich vesehentlich die Stimmungskanone des Kurses und wurde als personifizierte Lebensfreude betitelt, fand ich auch mal schön…

Tatsächlich ist auf meinen Bilder ständig Party und fröhliche Farben, obwohl das definitiv nicht beabsichtigt war. Und die Momente, wo eine Aufgabe „versehentlich“ in fünf Minuten fertig war und ich mich bei der Dozentin erkundigte, ob das jetzt ein Glücksgriff oder völliger Murks ist, bleiben mir auch in lebhafter Erinnerung. Ebenso wie die Erschöpfung am Abend, Kunst schaffen ist viel anstrengender, als man so denkt.
Also, bis auf die armen Sachsen und Bayern haben alle Bundesländer Gesetze zum Recht auf Bildungsurlaub. Einfach mal informieren, welchen Umfang der Anspruch im eigenen Wohnort hat, und schnellstmöglich Dänisch lernen, Yoga auf der Insel buchen, Exkursionen nach Portugal auswählen oder fotografische Projekte mitmachen! Wenn wir keinen Bildungsurlaub einfordern, wird er irgendwann wegen mangelnder Nachfrage abgeschafft: Das wäre doch sehr schade.

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Filmempfehlung: „Die göttliche Ordnung“

 

Für ruhige Sonntagnachmittage und verregnete Abende: Der schweizer Film „Die göttliche Ordnung“ spielt 1971 in einem beschaulichen Dorf. Von den aktuellen Studentenunruhen, gesellschaftlichen Diskussionen und sich verändernden Lebensperspektiven ist hier nichts zu spüren. Nora ist verheiratet, hat zwei Kinder und führt dem Schwiegervater den Haushalt. Als sie auf der Straße auf die bevorstehende Abstimmung über ein mögliches Frauenwahlrecht angesprochen wird, kann sie mit dem „Kampf zur Befreiung der Frau“ nicht viel anfangen: „Ich fühle mich aber nicht unfrei,“ meint sie. Sie kommt langsam ins Nachdenken, als ihr Mann ihr verbietet, wieder in ihrem Ausbildungsbetrieb als Reisesekretärin zu arbeiten und im örtlichen Frauenverein massiv Stimmung gegen das Frauenwahlrecht gemacht wird. Auch, dass ihre Schwägerin erst ins Erziehungsheim und dann ins Frauengefängnis gesteckt wird, weil sie sich nicht an die engen moralischen Regeln hält, rüttelt sie auf. Doch viele Frauen im Dorf kennen nur, was sie gewohnt sind, und leben in den Grenzen, die es schon immer gab. Erst langsam gerät die weibliche Bevölkerung in Bewegung und die Handlung gewinnt an Tempo.
Das legendäre Jahr 1968 jährt sich zum fünfzigsten Mal und der Film lädt dazu ein, sich mit den damaligen Ereignissen und den Auswirkungen bis heute zu beschäftigen. Was bleibt, ist die Tatsache, dass Frauen bis heute gesellschaftlich und sozial nicht gleichberechtigt sind. Zum Teil sind dafür die Männer verantwortlich, die nur ungern auf dem Thron zur Seite rutschen. Zum Teil sind wir Frauen selbst Schuld, wenn uns unser kleines, ruhiges Privatleben wichtiger ist als unbequemes Handeln und konsequentes Stellung-beziehen.

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Buchrezension: „Das Paradies ist weiblich. Eine Reise ins Matriarchat“ von Ricardo Coler

Herbstwald

 

Wer mein Blog seit Jahren verfolgt, wird feststellen, dass der heutige Artikel nicht „Buchempfehlung“ sondern „Buchrezension“ heißt. Und das hat einen Grund.
Ricardo Coler stammt aus Argentinien und kennt eine vom Machismo geprägte Gesellschaft. So reist er mit einem respektlosen Chinesen als Übersetzer in eine entlegene Region Süd-Chinas, um dort das Volk der Mosuo kennenzulernen.
Die Mosuo leben im Matriarchat, dabei gilt die Zugehörigkeit zur Familie über die Mutter. Männer bleiben lebenslang bei ihrer Familie und arbeiten dort unter den Anweisungen der Frau, die der Familie vorsteht. Über Nacht besuchen die Männer die Frauen, müssen jedoch vor Sonnenaufgang verschwunden sein. Da kein Kind einen offiziellen Vater hat und keine Ehen geschlossen werden, ist die Familie ein sehr starker und langlebiger Zusammenhalt unter dem Einfluss der Frauen. Wenn eine Frau möchte, lässt sie für längere Zeit nur den gleichen Mann zu Besuch kommen. Lässt er es an Loyalität diesem exklusiven Arrangement gegenüber vermissen, darf er sie nicht länger besuchen kommen. Da die Frauen die Verantwortung für die Familie tragen, wird für alle Generationen gleichermaßen gesorgt. Die Frauen arbeiten hart in der Landwirtschaft und delegieren einen Teil der Aufgaben an die Männer der Sippe. Oft lungern die Männer aber auch auf dem Dorfplatz oder am See herum und tun den ganzen Tag nichts anderes, als Karten zu spielen. Es gibt keine Gewalt, auch keine Form der Strafe bei Fehlverhalten. Es gibt weder Neid noch Streben nach Besitz und Macht. Das höchste Ziel der Frauen ist es, ihre Familie zu ernähren und in Frieden zu leben.
Bedauerlicherweise schafft Ricardo Coler es nicht, die eigene kulturelle Brille abzulegen. Es fängt damit an, dass er aus einer patriarchalen Kultur kommt, in der er als weißer Mann seit Jahrhunderten der Sieger ist. Statt sich zu überlegen, wie er wohl einer komplett anderen Kultur begegnet, in der er nur ein unbedeutender Knecht ist, holt er sich einen unhöflichen chinesischen Übersetzer. Dieser kann mit anderen Gesellschaftsformen noch weniger anfangen als Herr Coler und benimmt sich regelmäßig respektlos der Dorfgemeinschaft gegenüber. Auf diese Weise verhält sich die Sippe, in deren Hof er übernachten darf, höflich-distanziert dem Gast und seinem Begleiter gegenüber.
Ich denke: Kein Wunder. Würde ich in den Palast des aktuell regierenden Scheichs der arabischen Emirate marschieren und glauben, ich bekäme als zierliche westliche Frau einen großartigen Empfang, würde ich schneller vom Tor verscheucht, als ich laufen könnte. Andere Gesellschaft, andere Geschlechterrollen, andere Umgangsformen. Das ist doch völlig klar. Würde ich den Scheich in Abu Dhabi besuchen wollen, wäre ich doch so schlau, einen listigen und körperlich beeindruckenden Mann als Begleiter zu engagieren. Schließlich brauche ich im Herrschaftsbereich der Männer, deren Kultur mir fremd ist, natürlich einen Mann als Türöffner. Entsprechend überzeugend und sozial intelligent müsste er sein, um seinen Job als Bindeglied erledigen zu können, damit ich im Anschluss meinen Auftrag angehen kann.
Aber Herr Coler wundert sich, warum er den Eindruck hat, diesen stolzen und beherrschten Frauen keine Fragen über Sex stellen zu können. Oder über ihr privates Gefühlsleben und andere Intimitäten. Als fremder Mann aus einer anderen Kultur mit einem unprofessionellen Übersetzer, der sich in eine komplett andere Art der Wertvorstellungen begibt, kann er nicht erwarten, die Geheimnisse dieses Volkes auf einem Silbertablett präsentiert zu bekommen. Nur ein Macho aus einer patriarchalen Welt glaubt das.
Entsprechend oberflächlich sind die tatsächlichen Fakten, entsprechend schwammig fällt das Bild über das Leben der Mosuo aus. Warum das Buch ein Bestseller wurde, ist mir schleierhaft. Wenn eine gründlich recherchierende Frau mit entsprechender interkultureller Kompetenz die Mosuo besuchen und darüber schreiben würde (oder jedes andere verbliebende Matriarchat dieser Welt), würde ich das sehr gern lesen.
So ehrenwert es ist, wenn Männer Räume jenseits des Patriarchats entdecken – wenn sie sich nicht darauf einlassen und ständig alles durch ihre westliche Brille beurteilen, hat es keinen Wert.

Einen tatsächlichen Blick in den Alltag bietet das (mir bisher unbekannte) Buch „Das Land der Töchter: Eine Kindheit bei den Moso, wo die Welt den Frauen gehört “ von Yang Erche Namu.

 

 

Herbstlaub

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TERRE DES FEMMES

Wer darüber nachdenkt, was zu erledigen ist, bevor dieses Jahr endgültig Vergangenheit ist: Mir fällt dazu ein, wem ich was spenden wollte – und es im Trubel des Alltags vergaß.
Wer in diesem Jahr noch einmal politisch sein möchte oder sich vornimmt, im neuen Jahr die Frauen überall auf der Welt zu unterstützen (sei es durch Engagement, Spenden oder Unterschriften):
Wie wäre es mit TERRE DES FEMMES?
Wer keine mildtätigen Regungen verspürt, hilft dort durch Unterschriften: Aktuell bei einer Aktion zur Gesetzesänderung zur Vergewaltigung.

Kaum ein Verbrechen in Deutschland wird so selten bestraft wie eine Vergewaltigung – obwohl es eine der häufigsten Formen von Gewalt an Frauen ist: Alle drei Minuten wird in Deutschland eine Frau vergewaltigt! Die Betroffenen leiden oft ein ganzes Leben darunter; die Täter hingegen werden nur in den seltensten Fällen zur Rechenschaft gezogen. Das liegt auch daran, dass viele Betroffene keine Anzeige erstatten. Aus Angst, aus Scham und weil sie kein Vertrauen in den Rechtsstaat mehr haben. Zurecht: Momentan wird nur etwa jeder achte angezeigte Sexualtäter verurteilt, viele Verfahren werden frühzeitig eingestellt.

Gesetzesreform ist dringend notwendig

Das Gesetz zu Vergewaltigung (§177 StGB) weist gravierende Lücken auf. Zum Beispiel kann es sein, dass die Frau „nein“ sagt, sich versteift und die ganze Zeit über weint. Wenn der Täter aber keine Gewalt anwendet und ihr nicht mit „gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben“ droht, liegt im (derzeitigen) Rechtssinne keine Vergewaltigung vor. Die momentane Gesetzeslage führt nicht nur dazu, dass immer weniger Betroffene sich zu einer Anzeige entschließen, sondern steht auch im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtskonventionen wie dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie der UN-Frauenrechtskonvention CEDAW.

Wir fordern, dass diese Gesetzeslücke geschlossen wird. Es ist zwingend notwendig, dass der Paragraph 177 StGB reformiert und zukünftig die Person bestraft wird, die ohne Einverständnis der anderen Person sexuelle Handlungen an ihr vornimmt.

TERRE DES FEMMES

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Heiraten – und was wird aus dem Nachnamen?

Diesen sehr lesenswerten Artikel von Juliane Leopold fand ich unter  http://kleinerdrei.org/2013/08/nicht-nur-schall-und-rauch/

Nicht nur Schall und Rauch

Wir sind noch bei der Vorspeise bei ihrem Junggesellinnenabschied als ich S. frage, wie sie das mit der Namensfrage mit ihrem zukünftigen Mann geklärt hat:  “Ich nehme seinen Namen an.” Als sie meinen etwas erstaunten Blick sieht – ihr Name ist sehr schön und seltener als seiner – fügt sie hinzu: “Wir haben uns darüber lange unterhalten. Eigentlich wollte ich ja meinen Namen behalten, aber am Ende war es einfach nichts, was es mir wert war, darüber zu streiten.”

Dabei ist sie weder weltweit noch in Deutschland in der Minderheit. Obwohl es keine einheitliche Zahl für Deutschland über den Namenswechsel von Ehepartnern gibt, ergibt eine Stichprobe für Hamburg und Berlin, dass nur 9 bzw. 8 Prozent aller Ehepaare den Namen der Frau annehmen. 18 Prozent in Hamburg bzw. 29 Prozent in Berlin entscheiden sich dafür, keinen gemeinsamen Namen zu tragen. Das entspricht auch ungefähr einer Stichprobe aus dem Jahr 2010, bei der die Süddeutsche Zeitung befand, dass nur 5 Prozent aller Paare den Namen der Frau annehmen und in den befragten Standesämtern 20 Prozent getrennte Namen wählen.

Schon damals wunderte sich der Autor des Artikels über die Niedrigkeit der Zahl und nennt

“[…] das liberale Namensrecht eine feministische Errungenschaft, durchgesetzt in Jahrzehnten von Familienrechtsreformen und Grundsatzurteilen – oft von Frauen. 1957, die Gleichberechtigung von Mann und Frau stand schon seit acht Jahren im Grundgesetz, durften Ehefrauen, die selbstbewusst genug waren, ihren Nachnamen per Bindestrich hinzufügen. Von 1976 an konnten sich die Eheleute auch für ihren jeweiligen Namen entscheiden. Weil aber im Streitfall der Mann das letzte Wort behielt, fuhr Karlsruhe 1991 dazwischen – seither gilt freie Namenswahl.”

Seit 1991 dürfen Paare ihren Namen in die Ehe bringen, ohne einen Doppelnamen tragen zu müssen.

Frauen machen sich unsichtbar

Dass Frauen mehrheitlich trotzdem dazu tendieren, den Namen ihres Mannes anzunehmen, ist bei allen Gründen, auf die noch zu kommen sein wird, bedauerlich.

Als S. mir sagt, dass sie demnächst anders heißt, macht mich das sauer. Für mich ist es so, als gäbe sie einen Teil ihrer Identität auf. Sie macht ihre Vergangenheit unsichtbar. Sie macht sich selbst für die unsichtbar, die sie nur unter ihrem Mädchennamen kennen und auch so suchen würden, z.B. wenn sie nach langer Zeit wieder Kontakt aufnehmen möchten.

Schon der Begriff Mädchenname offenbart die Rückwärtsgewandheit des Konzepts “Namenswechsel”. Er legt nah, dass Frauen erst durch eine Hochzeit vom Mädchen zur Frau reifen.

Nun ist die Lage komplex, weil das System sehr lange existiert – also selbst Frauen, die ihren alten Namen behalten, weiterhin heißen, wie ein Mann in ihrem Leben, sei es ihr Vater oder ihr Mann – und weil es gute Gründe für die Annahme eines anderen Namens gibt.

In S.´ Fall war das die – aus Sicht ihres Mannes – akademische Reputation, die er unter seinem bekannten Namen errungen hatte. Wenn sie einen gemeinsamen Namen wollen – was ihr wichtig ist – und er jemals publizieren wird, ist es für ihn wichtig, als der erkannt zu werden, als der er promoviert hat. Das gleiche Argument finde ich auch auf Twitter wieder, wo ich eine kleine Umfrage zu dem Thema starte. Für Freiberufler sind Auffindbarkeitsfragen wichtig, um von ihren Kunden wiedererkannt zu werden. Oder anders ausgedrückt: Es wäre unter SEO-Aspekten ungeschickt, sich umzubenennen.

@julianeleopold ich heiss immer noch jan… #harhar – nein, nicht geändert, u.a. wg. akademischer reputation & domainname

— JanSchmidt (@JanSchmidt) July 11, 2013

 

@julianeleopold Ja, bei gemeinsamen Kindern gemeinsamer Name. Mann hätte meinen Namen als Doppelnamen angenommen ich finde Doppelnamen doof.

— Anisa (@p_maureen) July 11, 2013

 

@julianeleopold Haben “cooleren” Namen genommen. Wäre der Name meiner Frau “cooler” gewesen, hätte ich ihren angenommen. #keinProblem

— Dirk Kirchberg (@Kirchberg) July 11, 2013

 

Wenn Namen unwichtig sind,
warum nehmen Männer nicht den ihrer Frau an?

Der Grund für den Wechsel zum anderen Namen, den in meiner kleinen Umfrage die meisten nennen, ist, dass der Name des Partners oder der Partnerin eben schöner gewesen sei und ein Doppelname wegen Sperrigkeit nicht in Frage gekommen sei. Zumindest der erste Grund erscheint im Lichte der Statistik etwas verdächtig, wie die feministische Bloggerin und Kolumnistin Jill Filipovic ausführt: “Wenn neun von zehn Frauen den Namen ihres Mannes annehmen, dann scheinen wir in der seltsamen Situation zu sein, dass nur Männer die schöneren Namen haben.”

Filipovic kontert auch das Argument, dass ein gemeinsamer Name für die Familie für Paare wichtig sei, ein Grund, den mir auch S. nannte. Eltern mit unterschiedlichen Nachnamen müssen beispielsweise auf Reisen stets nachweisen können, dass sie keine Fremden sind, sondern das Kind neben sich zu ihnen gehört. Bequemlichkeit spräche für einen gemeinsamen Namen. Aber wenn das so ist, warum nicht den der Frau annehmen, fragt Filipovic. Sie geht noch weiter und argumentiert: Für Frauen den Namenswechsel als Normalität zu setzen, bedeutet, ihre Identität über ihre Beziehung zu Männern zu definieren. Frauen sind aber in einer idealen Welt nicht Anhängsel und Trophäe, sondern eigenständige Personen. Um das zu kommunizieren, sei es wichtig, auch das Behalten ihres Namens zu normalisieren.

Raus aus der Standardlösung

Was also ist zu tun? Wir müssen ein Klima schaffen, in dem es nicht die Default-Lösung ist, dass Frauen ihren Namen aufgeben und in dem es normaler wird, dass Männer ihren Namen ändern. Erst 2012 zeigte eine Studie im Auftrag der Indiana University, dass sieben von zehn US-Amerikanern finden, eine Frau solle den Namen ihres Mannes annehmen.

Wir müssen uns klar machen, dass dieses Klima einen Status Quo reproduziert, in dem Frauen ihre Identität in Form ihres Namens nicht als etwas ansehen, das zu ihnen gehört, sondern als etwas, dass abhängig von der Beziehung zu einem Mann ist. Das hat weder etwas mit Gleichberechtigung noch etwas mit Selbstbestimmtheit zu tun.

Ich sitze mit S. beim Nachtisch, als sie mich anschaut und sagt: “Ich kenne eigentlich keine Frau, die es nicht bereut hat, ihren Namen aufzugeben.” Aber sie sagt auch “Ich kenne einen einzigen Mann, der nach der Hochzeit den Namen seiner Frau angenommen hat. Sein Vater hat daraufhin wochenlang nicht mehr mit ihm gesprochen und im Job hielten ihn alle für verrückt.” Wir brauchen ein Klima, in dem Männer, die etwas tun, was Traditionen in Frage stellt, nicht als Schlappschwänze angesehen werden.

Es ginge dabei nicht darum, neue Ungleichheit und neue Ungerechtigkeit zu schaffen, indem man alle Männer zwingt, den Namen ihrer Frau anzunehmen. Es ginge darum, die Default-Lösung zu ändern, den Status Quo in Frage zu stellen und das zu verwirklichen – auch im Namen – was eine Ehe sein kann: Eine Verbindung von Gleichberechtigten.

 

Ein ganz anderer Blickwinkel in Bezug auf den eigenen Namen wird hier dargestellt:

http://realvirtuality.wordpress.com/2013/08/19/in-eigener-sache-gestatten-matzkeit/

aufmerksam

Dringend! LogopädInnen unterstützen – Petition an den Bundestag

Die laufende Petition an den Bundstag bezüglich der Vergütung der LogopädInnen und des steigenden Reallohnverlusts benötigt bis zum 19.04.2013 noch viele Unterstützerinnen und Unterstützer, damit wir die Marke der 50.000 Unterschriften knacken und Gehör finden.
Aktuell dümpeln wir bei 12.841 Mitzeichnern – angesichts der ablaufenden Frist fürchte ich, dass diese einmalige Chance kein Erfolg wird, was ich sehr schade fände.
Deswegen die herzliche Bitte an alle Leserinnen und Leser, fünf Minuten Zeit unserem Ruf nach fairer Vergütung zu widmen.
Genauere Informationen sind zu finden unter https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_03/_11/Petition_40612.nc.html

 

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen,
– dass die Grundlohnsummenanbindung der logopädischen Vergütung aufgehoben wird,
– dass die Vergütung der logopäd. Versorgung einen Ost-West-Angleich erfährt,
– dass die Beihilfesätze für die logopäd. Behandlung auf den 1,8-fachen Satz der GKV-Vergütung angehoben werden,
– dass die Erf. der Informationspflicht der ärztl.Selbstverwaltung in Bezug auf die Regelungen für die Heilmittelverordnung vierteljährlich kontrolliert wird.

Begründung

Noch immer ist die Entlohnung der logopädischen Leistungen äußerst niedrig, an die Grundlohnsumme gebunden und es besteht ein Ost-West-Gefälle. Eine so niedrige Vergütung wie bisher (für die 45-minütige Einzelbehandlung: 24 Euro (in Brandenburg und Sachsen-Anhalt) bis 38 Euro (im Saarland)) gefährdet jedoch auf Dauer die Versorgung der Bevölkerung, die aufgrund des demographischen Wandels und der Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen (Schlaganfall, Parkinson, Demenz) in den nächsten Jahren immer mehr Logopädie benötigen wird. Darüber hinaus mussten viele LogopädInnen bereits ihre Rücklagen aufbrauchen und z.T. ihre Altersversorgung verkaufen. Somit ist die Gefahr der Altersarmut in diesem Berufszweig hoch. Da seit dem Jahr 2000 die Inflationsrate stets oberhalb der Grundlohnsummensteigerungsrate liegt, ist ein Reallohnverlust entstanden.
Die Grundlohnsummenbindung, also die von der Regierung errechnete maximale Gebührenerhöhung für Heilmittelerbringer für das Folgejahr, ist angesichts der Vergütungsanpassung im ärztlichen und stationär-klinischen Bereich nicht mehr zeitgemäß. Daher fordere ich die Lösung der logopädischen Vergütung von der Grundlohnsumme.
Um die Versorgung von Beamten sicherzustellen, müssen die Beihilfesätze angehoben werden auf den 1,8-fachen Satz der Vergütung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Die Beihilfesätze sind seit 12 Jahren unverändert.
Immer wieder wird deutlich, dass die niedergelassenen Ärzte keine ausreichenden Informationen über die gesetzlichen Neuregelungen der Heilmittelversorgung erhalten (z.B. Praxisbesonderheiten, Langfristverordnungen, Richtgrößen), sondern pauschal von Regressen bedroht werden. Dies gefährdet langfristig die Versorgung der Betroffenen, insbesondere von Kindern mit logopädischem Therapiebedarf. Daher erscheint es mir unverzichtbar, künftig die Erfüllung der Informationspflicht der ärztlichen Selbstverwaltung von einer unabhängigen Stelle vierteljährlich kontrollieren zu lassen.

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Internationaler Frauentag

Ich habe bereits erwähnt, dass man mit der Frage „Ist das jetzt höflich, freundlich – oder nicht?“ sexistische Verhaltensweisen schnell als solche entlarven kann.
Ob sozialer Druck in einem bestimmten Bereich frauenfeindlich ist, lässt sich ebenso leicht klären, indem Sie sich umschauen und ganz gelassen fragen:
„Machen Männer das eigentlich auch?“
Wenn die Antwort „nein“ lautet, haben Sie es höchstwahrscheinlich mit etwas zu tun, das wir militante Feministinnen gerne als gequirlte Scheiße bezeichnen.

 

aus: „how to be a woman – WIE ICH LERNTE, EINE FRAU ZU SEIN“ von Caitlin Moran

aufmerksam, glaubhaft

Die Gedanken sind frei

Gestern schaute ich während des Bügelns im NDR die Sendung „Sieben Tage im Seniorenheim“ – gefiel mir ausgesprochen gut.
Was mir dabei auffiel: Die Herrschaften bekamen Besuch von einem Chor, der unter anderem „Die Gedanken sind frei“ sang: Ein Lied, das unter der Naziherrschaft verboten war und in der DDR wahrscheinlich seitens des Staates ähnlich unbeliebt. Alle Senioren in der Reportage sangen das Lied auswendig mit – genauso, wie es die Senioren in „meinem“ Pflegeheim tun, wenn es der dortige Chor singt.
Warum können sie es alle spontan und inbrünstig singen?
Wegen der politischen Ereignisse der letzten sechzig Jahre?
Oder wegen enger Moralvorstellungen, gegen die zu rebellieren lange nicht möglich war, sodass nur die innere Immigration blieb (ich bin nicht frei, aber heimlich in meiner Seele doch)?

Ich frage mich, wie viele Menschen in den Generationen seit dem letzten Krieg dieses Lied noch auswendig singen können. Ich schaffe die erste Strophe, mehr aber auch nicht – und ich behaupte, dass die meisten Menschen meiner Generation noch nicht einmal das Lied als solches kennen.
Eigentlich müsste es angesichts der Diskussionen rund um Datenschutz in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren haben – es ist, schaut man auf den Text, an vielen Stellen aktueller denn je. Trotzdem höre ich niemanden aus der entsprechenden Szene „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten….“ singen.
Merkwürdig.

Um meinem inneren Bildungsauftrag gerecht zu werden: Hier folgt der Text.

Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten,
sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen.
Mit Pulver und Blei: die Gedanken sind frei!

Ich denke was ich will und was mich beglücket.
Doch alles in der Still’ und wie es sich schicket.
Mein Wunsch, mein Begehren kann niemand verwehren,
Es bleibet dabei: die Gedanken sind frei!

Und sperrt man mich ein in finsteren Kerker,
Ich spotte der Pein und menschlicher Werke.
Denn meine Gedanken zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei: Die Gedanken sind frei!

Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen
und will dich auch nimmer mit Willen verklagen.
Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen
Und denken dabei: die Gedanken sind frei!

Hoffmann von Fallersleben, 1848

 

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