aufmerksam

Buchempfehlung: „The Marmalade Diaries“ über eine Freundschaft, die Generationen überschreitet

„The Marmalade Diaries“ von Ben Aitken erzählen von einem wahren Sozialexperiment:
Ben, Mitte 30,  zieht bei einer alten Dame ein, weil sie ihm eine günstige Wohnung anbietet und im Gegenzug um etwas praktische Hilfe bittet. Kurz darauf überrollt Corona die Welt, und ein Jahr lang sind die beiden weitgehend auf sich selbst und ihre gegenseitige Gemeinschaft angewiesen. Die 85jährige Winnie hat extrem klare Vorstellungen davon, wie ihr Haushalt geführt gehört, wie „man“ sich verhält und was die heutige Politik betrifft. Ihre Kommentare sind oft bissig und von sehr spezieller Wortwahl, was Ben oft genug irritiert und die Leserin amüsiert.
Der Bericht dieser wahren Freundschaft ist sehr lustig zu lesen, gleichzeitig weise und berührend.
Alle, die mit Senior:innen arbeiten, werden oft genug bestätigend nicken und sich dadurch, dass andere die gleichen Erlebnisse und Frustrationsmomente haben, begleitet fühlen.

 

aufmerksam

Englischer Krimi als Training für die Lachmuskeln und die Sprachkompetenz

Mit über neunzig Jahren sind Menschen noch längst nicht fällig für den Ohrensessel, stattdessen lösen sie in der englischen Grafschaft Kent Kriminalfälle. Und das auf derart erheiternde Weise und mit so vielen Wendungen, dass ich den Roman „The Thursday Murderclub“ von Richard Osman nur empfehlen kann! Dass plötzlich immer mehr Leichen auftauchen, teilweise schon Jahrzehnte alte, hätte für mich nicht sein müssen: Es verringert die Glaubhaftigkeit der Handlung. Davon abgesehen ist der Krimi, den ich in einem offenen Bücherschrank entdeckte, eine wunderbare Urlaubslektüre: Und genauso sehr geeignet, um Ablenkung im Alltag zu bieten.
Abwechselnd werden die Ereignisse durch eine Dame Mitte achtzig und den Erzähler dargestellt, und besonders die Schilderungen der Dame sind sehr typisch und (unfreiwillig) komisch. Also, wer seinen Englischkenntnissen auf die Sprünge helfen möchte, sollte es mit diesem Band versuchen! Passender Weise bietet es sich auch für einen Englischkurs oder eine Konversationsstunde mit SeniorInnen an.
Natürlich gibt es auch eine deutsche Übersetzung.

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Aufbruch in der Lebensmitte: Unsere vervollständigte Persönlichkeit ist unsere Frucht.

„Es gilt, das Urteil der anderen in der Lebensmitte abzustreifen und zu entscheiden, welcher Weg nun der unsrige sein soll. C. G. Jung spricht sogar von der Suche nach der eigenen Bestimmung. Die Erklärung liegt schon im Wort. Wohin, sagt also die innere Stimme, soll die Reise jetzt gehen?
Diese Stimme ist gar nicht so einfach zu hören. Zu laut ist das Getöse der Vielstimmigkeit im Außen. Zu mächtig die Vorgaben, Wünsche und Konventionen der anderen, der „Herde“, wie Jung sie etwas unfreundlich tituliert. Die Herde, unsere Freunde, Familien, unser Partner, die Kollegen oder sogar die Gesellschaft, kann uns keine Antworten auf unsere Fragen geben. Was sie reproduzieren und wiederkäuen – um im Bild zu bleiben-, ist in der Regel bekannte Konvention. Sie geben uns keinen Hinweis auf unsere Bestimmung. (…)

In der Lebensmitte wenden wir uns dann dem inneren Ursprung und dem Entdecken das ganzen „Selbst“ wieder zu. Das Selbst besteht aus dem Bewussten und dem Unbewussten. Dieses Unbewusste muss in der Lebensmitte erst (wieder) entdeckt, gehört, verstanden und dann in das ganze „Selbst“ integriert werden. Diese Vervollständigung der Persönlichkeit, der „psychischen Ganzheit des Menschen“ in der zweiten Lebensmitte, wird als Quelle für neue Lebenskraft gesehen. (…)

Es braucht Vertrauen in den eigenen Weg, Geduld für die Dauer des Entwicklungsprozesses, ein loyales Ausharren und vertrauensvolle Hoffnung in sich selbst, dass man sich diesen Weg bahnen kann. Wir werden uns nur bewegen, wenn der Leidensdruck hoch ist. (…)

Es ist also innere Arbeit, ein innerer Aufbruch, den wir wagen müssen in der zweiten Lebenshälfte. Diese innere Arbeit wird Früchte für die zweite Lebenshälfte tragen. Suchen wir die Frucht unserer Arbeit also nicht im Außen. Nicht im Gehalt. In der Eigentumswohnung. Nicht im teuren Urlaubsaufenthalt. Wir tragen die Früchte unserer inneren Arbeit ins uns. Unsere vervollständigte Persönlichkeit ist unsere Frucht.“

aus: „Worauf wartest du noch? Eine Ermutigung zum Aufbruch in der Lebensmitte“ von Antje Gardyan, rororo

aufmerksam, feminin, glaubhaft, kreativ

Buchempfehlung „Einfachheit und Fülle“ von Sarah Ban Breathnach

Die besten Buchempfehlungen erhalte ich von anderen klugen Frauen – entweder persönlich oder als Tipp in einem Sachbuch.
So kam ich auf den gut gehüteten Klassiker „Einfachheit und Fülle. 365 Schritte zum vollkommenen Leben“ von Sarah Ban Breathnach. Als immerwährender Jahresbegleiter lässt sich jeden Tag ein Kapitel lesen (es sind pro Tag nur ein bis zwei Seiten), dabei hat jeder Monat ein Schwerpunktthema. Immer wieder betont Sarah, dass auch in Mangelsituationen unsere innere Freiheit darin liegt, Fülle im Hier und Jetzt zu erleben. Inhaltlich ist es sehr naturverbunden, kreativ und sinnlich mit einer spirituellen Note. Dabei schätze ich den starken Alltagsbezug und die bodenständige Art der Autorin. Tatsächlich erfüllen ihre Gedanken meinen ganzen Tag und helfen mir, im Kleinen und Bruchstückhaften Freude zu erleben und Schönheit zu finden.

Ziel des Buchs war schon lange vor der Achtsamkeits-Welle, den inneren Reichtum unserer Seele und Persönlichkeit zu entdecken und unsere Talente mutig zu leben. Die Autorin lädt immer wieder dazu ein, sich Zeit für die eigenen Gedanken zu nehmen, sich selbst wertschätzend zu behandeln und Raum für unsere einzigartigen Facetten zu schaffen.
Ich empfehle es allen Frauen, die ihr Leben einfacher, erfüllter, fröhlicher und selbstbewusster gestalten wollen. Jeden Tag, wenn ich beim Frühstück den Ratgeber aufklappe, ist es, als träfe ich eine Freundin. Immer wieder denke ich überrascht: „Da ist noch jemand, die so fühlt wie ich! Ich bin nicht allein mit meinem Spüren und Erleben – es gibt weitere Frauen, so wie mich! Ich darf meine Talente, mein Denken und Fühlen wertschätzen und ihm Raum geben!“ Allein das erlebe ich als sehr wertvoll und ermutigend.
Das Buch ist nur antiquarisch erhältlich, aktuell zu horrenden Preisen – einfach öfter danach umschauen, bis ein bezahlbares Exemplar auftaucht!

aufmerksam, kreativ

Advents-Verlosung: Materialpaket zum Basteln mit Senior*innen zu gewinnen

Auf meiner Website „Schatzkiste Seniorenbetreuung“ biete ich auch dieses Jahr wieder ein Advents-Gewinnspiel an:
Ich verlose ein Paket voller Bastelmaterialien sowohl für Weihnachten als auch florale Motivpappen für das ganze Jahr: einen Einblick zeige ich auf den Fotos, die Materialien sind auf den Geschmack von Seniorinnen abgestimmt.
Wer mir schreibt, welches meiner 6 Bücher ihr oder ihm am besten gefällt, nimmt an der Verlosung teil. Über eine Bewertung von NutzerInnen meiner Bücher auf den großen Verkaufsportalen freue ich mich natürlich ganz besonders. Zur Auswahl stehen „Atemfreude. Schwungvolle und fröhliche Atemübungen mit Senioren anleiten“, „Gruppenspiele für gute Laune“, „Schatzkiste Schreibspiele“, „Über die großen Fragen des Lebens  sprechen: Achtsamkeit und Spiritualität in der sozialen Betreuung“ sowie das Grundlagenwerk „Soziale Betreuung: endlich klar!“, alle  Praxisbüchererschienen im Verlag Vincentz Network.
Für den Neukirchener Verlag schrieb ich das kreative Mitmach-Buch „Wo die Freude wohnt“, das dich im Glauben und im Alltag begleitet.

Pro Person und Einrichtung gilt eine Teilnahme, damit es für alle fair zugeht.
Die Gewinne stelle ich privat, es sind hochwertige Bastelmaterialien sowie zwei bebilderte Anleitungen zu zwei besonderen Karten. Sie können direkt nach-gebastelt werden, entweder mit dem Material aus dem Über-raschungspaket oder mit eigenen Utensilien. Beide Karten sind als Beispiel enthalten.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, ein Recht auf einen Gewinn gibt es nicht.

Ich freue mich auf eine rege Teilnahme und hoffe, dass mein Bastelpaket einer Handarbeitsgruppe viel Freude schenkt!
Die/der Gewinner/in wird von mir per Mail über den Gewinn informiert, dann erbitte ich auch eine Adresse, wohin ich den Umschlag schicken darf. Sie wird anschließend umgehend vernichtet und nicht gespeichert.


    Einsendeschluss ist der 15.12.2023 um 19:00 Uhr

    Beispiel zum Inhalt des Über-raschungspakets::
    Bastelanleitungen für zwei effektvolle und leicht herzustellende Karten, inklusive Material für Weihnachten sowie ganzjährig verwendbare Utensilien.

    aufmerksam, glaubhaft, kreativ

    Übung zur Achtsamkeit: Sorgen wie einen Vogelschwarm loslassen

    Kennst du Gedanken, die sich in deinem Kopf und Herzen einnisten?
    Trübe Gedanken, Sorgen, Reue über verpasste Gelegenheiten oder Groll?
    Ich lade dich ein, sie mit dieser kleinen Übung ein Stück weit loszulassen:

    Nimm dir die bedrückenden Gewohnheiten eine nach der anderen vor:
    – Wie nennst du den Gedanken oder das Gefühl?
    – Wenn er ein Vogel wäre: Welcher Vogel wäre der Gedanke?
    – Lasse diesen Vogel vor deinem inneren Auge fliegen, damit dein Herz befreit wird!

    Wiederhole diesen Ablauf mehrfach, um verschiedene bedrückende Gefühle frei zu lassen.

    Stell dir am Ende einen ganzen Vogelschwarm vor, der sich in die Luft erhebt, davon flattert und am Horizont verschwindet!
    Atme danach einige Mal bewusst und langsam aus, gib bewusst inneren Druck ab. Schüttle Arme und Beine und schnaufe einmal laut:
    Endlich bist du die Biester los!
    Wiederhole den Ablauf, wenn die Sorgenschleifen in ihr ehemaliges Nest zurückkehren wollen.

    Buchtipp:
    Wer sich nach mehr Freude und einem Glauben, der im Alltag praktisch wird, sehnt, schaue sich gern mein Mitmach-Buch „Wo die Freude wohnt“ an. Kreative Ideen, Gebete, Reflexionsübungen laden in die Räume der „Villa der Freude“ ein, wo mit Körper und Seele Gott erlebt werden kann.

     

    aufmerksam, Presse

    Artikel „Veranstaltungen systematisch planen“ in der Fachzeitschrift Aktivieren

    Ende letzten Jahres schrieb ich eine ganze Reihe Fachartikel für das Magazin Aktivieren, die im Laufe der vergangenen Monate Stück für Stück erschienen.
    Auf konkrete Bitte der Redakteurin verfasste ich einen vierseitigen Ratgeber zur Planung von Veranstaltungen in Senioreneinrichtungen. Er wurde im September in der Ausgabe 5/2023 veröffentlicht. Einen besonderen Schwerpunkt lege ich dabei auf eine frühzeitige Klärung des Mottos sowie die umfassende Kommunikation mit allen beteiligten AkteurInnen. Schließlich sollen einerseits möglichst früh die Grundstrukturen für größere Feste stehen, andererseits entwickeln sich während der konkreten Vorbereitung regelmäßig Hindernisse und neue Ideen.
    Immer wieder hilfreich ist es, in Teambesprechungen Protokoll zu führen oder Tabellen zu den großen Fragen „Was, wer, wann, wo, wie?“ auszufüllen und im Verlauf der Planung anzupassen. So können auch Personen, die dienstfrei hatten oder krank waren, einfach auf dem aktuellen Stand bleiben.
    Anschließend gebe ich Hinweise zur konkreten Umsetzung und lade dazu ein, die Seniorinnen und Senioren aktiv einzubinden. Auch scheinbare Detailfragen für die Nachbereitung wie „Wie gestalten wir einen stimmigen Abschluss?“, „Wer ist wann und wie für den Abbau zuständig?“ und „Wie erhalten wir ein ehrliches Feedback von den BesucherInnen?“ spreche ich an.

    Zum Schluss folgt ein Hinweis auf mein Grundlagenwerk „Soziale Betreuung: endlich klar!“, das sämtliche Themen der sozialen Betreuung im Alltag umfasst:
    Wie organisieren wir uns? Welche Angestellte hat für welche Tätigkeiten eine besondere Begabung, wie teilen wir die Arbeitsbereiche ein? Wie sieht die Kommunikation und Stimmung bei uns aus? Genauso stelle ich Hinweise zur Jahresplanung, zu zielgruppengerechten Kleingruppen und zu grundsätzlichen Strukturen im Tagesverlauf vor.
    Auch die Organisation von Festen, Ausflügen, Mottowochen und Projekttagen erhält Raum. Ganz konkrete Mottos für einzelne Highlight spiele ich anhand von thematischen Inspirationen, dem passenden Programm, Speisen und Getränken sowie Ideen für die Deko durch.

    Viele kostenlose Downloads und Arbeitsmaterialien für die soziale Betreuung teile ich auf Schatzkiste Seniorenbetreuung.de

    aufmerksam, feminin

    Buchempfehlung: „Die Farm in den grünen Bergen“ von Alice Herdan-Zuckmayer

    Über Lektüre, die ich in offenen Bücherschränken finde, freue ich mich immer sehr. Umso mehr, wenn ich zu Hause feststelle, dass sie tatsächlich meinem Geschmack entsprechen. So geschehen bei „Die Farm in den grünen Bergen“ von Alice Herdan-Zuckmayer. 1939 wurden Alice und Carl Zuckmayer die deutsche und österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt, nach mehreren Jahren der Flucht durch Österreich, die Schweiz und Frankreich emigrieren sie in die USA, um sicher vor den Nazis zu sein.
    Für die damalige Zeit ist Alice eine sehr gebildete Frau, sie hatte Medizin studiert und widmet sich auch in Vermont diversen Forschungen – einfach, weil sie Lust darauf hat. Nach den ersten drei Jahren, die sie zwischen Vermont und New York pendeln, finden sie eine Farm, die sie für fünf Jahre mieten und führen. Von dieser Zeit handelt der Bericht, der sich sehr leicht, unterhaltsam und warmherzig liest. Dabei ist die Zeit in Vermont ganz und gar nicht einfach – unter anderem deshalb, weil es zwei Jahreszeiten gibt: Den endlosen Winter und die Schlammzeit, in der sich sämtliche Wege und Straßen durch das Schmelzwasser auflösen. Mit Glück gibt es ein paar Tage Sommer, und dann beginnt schon der kühle, aber farbenprächtige Indian Summer.
    Zusätzlich ist Alice an einen großen Haushalt mit Dienstmädchen gewöhnt, nun muss sie täglich die Ziegen einfangen, gegen Wanderratten kämpfen, Geflügel schlachten und so weiter – trotzdem verliert sie ihren Optimismus nie!
    Alice kämpft mit der neuen Kultur und den Verhaltensweisen der stoischen Vermonter Nachbarn, dem Einarbeiten in die Regeln der Landwirtschaft, dem Klima und allen Gefühlen, die eine Emigration mit sich bringen. Dennoch klingt das Buch sehr leichtfüßig und humorvoll, ich habe es mit großem Genuss gelesen. Vielleicht, weil ihr pragmatischer Ton mit einem Hauch Abenteuerlust zur Identifikation einlädt… Nie beschwert sie sich, immer packt sie an und setzt sich darüber hinaus dafür ein, einen Tag pro Monat an die Dartmouth University zum Lesen fahren zu können: Egal, wie viele Stunden es dauert und wie stark der Schnee fällt. Unterwegs verkauft sie noch ein paar Hühner, Enten und Eier, bis sie einen Tag lang nur an sich und ihre eigene Bildung denken kann. Sehr sympathisch!

    Die Autorin selbst darüber, wie das Buch entstand:

    »Dieses Buch sollte ursprünglich gar kein Buch werden. Es entstand aus einer Serie von Briefen, die ich nach Kriegsende an die Eltern meines Mannes schrieb. Sie hatten die Zerstörung ihres Hauses durch Brandbomben überlebt und warteten, hochbetagt, auf unsere Rückkehr. Da es damit nicht so rasch gehen wollte, begann ich, ihnen über unser Ergehen in Amerika während der langen Trennungsjahre zu berichten. Unsere Existenz in diesen Jahren hatte sich in vieler Hinsicht ganz anders gestaltet, als man sich die Lebensumstände eines emigrierten Schriftstellers vorstellen würde. Gerade dieses Leben aber in seiner primitiven, ländlichen Umgebung hatte uns eine Kenntnis und Schätzung des amerikanischen Alltags geschenkt, wie sie vielen Einwanderern vorenthalten blieb. Als Erich Kästner bei einem Besuch der Eltern Zuckmayers einige dieser Briefe zu Gesicht bekommen hatte, erschienen sie plötzlich, zu meinem größten Staunen, in seinem Feuilleton. Dadurch ermutigt, und durch viele Fragen angespornt, verfaßte ich den vorliegenden Bericht.«
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    Buchempfehlung: „Eine gefährliche Frau: Die Geschichte von Virginia Hall, der meistgesuchten Spionin des zweiten Weltkriegs“ von Sonia Purnell

    Ich liebe Biografien außergewöhnlicher Frauen, deren Lebenswege oft schwer zu entdecken sind:
    Ihr Einsatz wurde bisher meist zu ihrer Zeit, in einer von Männern dominierten Welt, nicht wahrgenommen, und daher nicht dokumentiert und weitergegeben. Viele herausragende Persönlichkeiten kämpften mit Zurückweisung und fehlender Anerkennung, sodass wir bis heute nicht von ihnen wissen.
    Eine Heldin des zweiten Weltkriegs, die extrem mutig, zielorientiert und bescheiden war, ist Virginia Hall. Aufgewachsen in einer ehemals wohlhabenden Baltimorer Familie, trainierte ihre Mutter sie dazu, reich zu heiraten und die finanzielle Situation der Familie wieder herzustellen. Virginia setzte ein Studium durch, lernte Französisch, Italienisch und Deutsch und führte ihre Ausbildung in Europa fort. Über mehrere berufliche Stationen von Deutschland bis in die Türkei gelangte sie Jahre später als Krankenwagenfahrerin nach Frankreich. Nachdem sie lange von männlichen Vorgesetzten auf unwichtigen Posten als Sekretärin festgehalten wurde, war sie Anfang 1940, kurz nach Ausbruch des zweiten Weltkriegs, endlich an tatkräftigen Einsätzen beteiligt. Sie hatte sich während ihrer Zeit in der Türkei bei einem Jagdausflug durch ein nicht gesichertes Gewehr selbst in den Fuß geschossen. Das Bein musste angesichts heftiger Entzündungen amputiert werden, sodass sie auf eine 3,8 kg schwere Prothese aus Holz und Aluminium angewiesen war. Trotzdem ergatterte sie den Job als Krankenwagenfahrerin, und während die meisten Kollegen aus Angst vor Bomben flüchteten, rettete sie unermüdlich Soldaten.

    Ab Juni 1940, als Frankreich zur Hälfte von den Nazis eingenommen war und der südliche Teil durch das Regime von Marschall Petain durch die Deutschen ferngesteuert wurde, agierte sie als eine der ersten AgentInnen für England. In kurzer Zeit baute sie ein verlässliches Netzwerk aus Französinnen und Franzosen auf, um eine Widerstandsbewegung zu formieren. Dabei setzte sie auch auf Frauen, wie eine Gruppe Prostituierte, um näher an die Deutschen heranzukommen. Während männliche Kollegen sich als unzuverlässig, wichtigtuerisch und unvorsichtig erwiesen, war sie innerhalb kürzester Zeit eine der wichtigsten Spioninnen. All die Jahre während des Kriegs musste sie mit eifersüchtigen und inkompetenten Kollegen umgehen, die sie ausbremsten, denunzierten, hintergingen und bestohlen. Trotz ihres Holzbeins schaffte sie es über die Pyrenäen nach Spanien, als in ganz Frankreich Steckbriefe mit ihrem Foto hingen, um sie zu töten. Und dennoch überzeugte sie ihre britischen Vorgesetzten, sie nach einiger Zeit mit neuer Verkleidung wieder hinter feindlichen Linien operieren zu lassen.undefined
    Ihr Einsatz blieb bis nach ihrem Tod, trotz mehrerer offizieller Medaillen, weitgehend unbekannt, da sie nie über ihre Arbeit für den Geheimdienst sprach. Obwohl ihr Einsatz den D-Day maßgeblich vorbereitete und sie weltweit eine der versiertesten Kämpferinnen in Guerilla-Techniken war, wurde sie nach dem Kriegsende jahrzehntelang vom CIA auf unwichtige Posten geschoben und kaltgestellt. Die jungen Männer aus Elitekreisen, die in den 1950er Jahren den Großteil der CIA bildeten und die bisher nur Wohlstand und Frieden kennengelernt hatten, empfanden die gestandene Frau als Kuriosum und nahmen sie nicht ernst.

    Mir gefällt die Biografie ausgesprochen gut, obwohl ich sonst nicht zu Kriegsthemen lese: Spannend, akkurat recherchiert und ein herausragendes Zeugnis für mutige Frauen!

    „Eine gefährliche Frau: Die Geschichte von Virginia Hall, der meistgesuchten Spionin des zweiten Weltkriegs“ von Sonia Purnell
    und hier der Film dazu: „Liberte – A Call to Spy“
    Mehr Infos in diesem Artikel

    Virginia Hall als Funkerin in dem Gemälde Les Marguerites Fleuriront ce Soir von Jeffrey W. Bass

    aufmerksam, glaubhaft

    Buchempfehlung: „Was würdest du tun? Wie uns das bedingungslose Grundeinkommen verändert“ von Bohmeyer/Cornelsen

    Michael Bohmeyer sammelte 2014 über Crowdfunding 12.000 Euro, die er an Interessierte als ein Grundeinkommen für ein Jahr verloste. Seitdem ist viel passiert, wie die Website Mein Grundeinkommen beweist, wo jedeR jeden Monat versuchen kann, ein Grundeinkommen zu gewinnen. Bei einem Spaziergang an einem mir bisher unbekannten Kanal entlang entdeckte ich in einer Kirche ein „Geschenke-Regal“, aus dem ich das Sachbuch von Bohmeyer und Claudia Cornelsen mitnahm. Das Thema beschäftigt mein Umfeld schon länger, sodass die Lektüre für mich passend kam.
    Natürlich ist ein Grundeinkommen von 1.000 Euro pro Monat für ein Jahr nur ein Experiment und keine langfristige Lebensgrundlage. Dennoch stellt sich die Frage, ob bereits ein Jahr in der Haltung von Menschen einen Unterschied machen kann?

    „Das Bedingungslose Grundeinkommen könnte eine wirkungsvolle Medizin gegen die finanzielle Angst vor der Zukunft sein. Jedenfalls denken das viele, beispielsweise Eva: >Ich hatte Angst, dass ich keinen Job mehr finde und dass ich dann am Ende nichts mehr habe. Wenn es ein Grundeinkommen ein Leben lang gäbe, wäre das vielleicht anders.<
    Sie spricht vom Zeitpunkt ihrer Arbeitslosigkeit und dass sie trotz der gewonnenen tausend Euro nicht einen Monat angstfrei gewesen sei. Wir verlosen eben nur zwölf Monate Grundeinkommen. Umso erstaunlicher ist es deswegen, dass wir dem Potpourri der Angst trotzdem ein Potpourri der Entspannung und Sorglosigkeit gegenüberstellen können:
    >Mein Grundeinkommensgefühl war nach großem Glück und Dankbarkeit auf jeden Fall Entspannung.< – >Plötzlich gibt man die Angst auf, und dann ist alles gut.< – >Jetzt hatte ich keine Existenzangst mehr.< – >Mit dem Grundeinkommen ist es entspannt.< – >Einfach mal ein bisschen Geld und entspannter leben für ein Jahr.< – >Das Geld entspannt mich.< – >Ich war viel entspannter, ein Jahr sorgenlos.<
    Das ist der Liedtext der Grundeinkommensmusik mit dem einprägsamen Kehrvers: Entspannung. Den sanften Grundrhythmus klopfen die Seufzer der Erleichterung, (…)“
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    Die entscheidende Frage ist, was passiert, wenn Menschen nicht in bestimmten Berufen und Angestelltenverhältnissen verharren müssen, weil sie keine Alternative sehen, sondern mit einem Grundeinkommen versuchen können, ihre Berufung zu leben? Eine Tätigkeit ausüben können, die für sie selbst und viele andere sinnstiftend ist, aber im Rahmen des Kapitalismus nicht finanziert werden würde? Dabei denke ich sowohl an den schlecht finanzierten sozialen als auch den ebenso prekären künstlerischen Bereich, in denen ich mich beide zu Hause fühle…