aufmerksam, feminin, glaubhaft

Buchempfehlung: „Am Arsch vorbei führt auch ein Weg“ von Alexandra Reinwarth

Frauen und Rennpferde ähneln sich sehr: Sie sollen leistungsstark, hübsch, belastbar und neuen Anforderungen gegenüber flexibel sein. Dabei zählt weniger, was sie selbst wollen, als vielmehr was das Publikum (= die Gesellschaft) erwartet:
Die moderne Frau ist erfolgreich im Beruf, sexy und lustig in der Partnerschaft, gebiert 2,4 gesunde Babies, ist hilfsbereit ihren Freundinnen gegenüber, bis zur Selbstaufgabe nett in der Familie, verlässlich im Verein und optimiert sich am Ende des Tages zwischen 21 und 23 Uhr selbst mit Sport, Meditation und dem Vorbereiten von gesunden Mahlzeiten für morgen. Ach ja, und irgendwann findet sie noch die Zeit, online schicke Kleidung zu bestellen, damit auch das Äußere den Standards entspricht.
Von Männern wird das nicht erwartet, weil es schlicht nicht machbar ist – der Anspruch an Frauen sieht all diese Anforderungen dagegen als Mindestmaß für ein halbwegs gelungenes Leben an.
Und damit kommen wir zu Alexandra Reinwarth und ihrem Motto „Am Arsch vorbei führt auch ein Weg“. Damit vor lauter Selbstaufopferung in Beruf, Familie und Freizeit endlich mal Ansätze eines eigenen, selbstbestimmten Lebens aufschimmern.
Der Kollege, der bis zum letzten Moment sämtliche produktive Arbeit aufschiebt und dann seine Kollegin um Hilfe bittet (um anschließend die Lorbeeren selbst einzustreichen): Am Arsch vorbei.
Die Freundin, die regelmäßig anruft, um eine Dreiviertelstunde lang rum zu jammern, aber nie greifbar ist, wenn man selbst Unterstützung nötig hat: Am Arsch vorbei.
Das öde Familienfest, zu dem sich vorrangig die ältere Generation trifft und das man selbst als reine Pflichtveranstaltung mitmacht, „denn man weiß ja nicht, wie lange Oma Ilse noch lebt“: Am Arsch vorbei.
Die anderen Mütter im Kindergarten, die sich ständig für Bastelnachmittage, Ausflüge und das Kuchenbuffet anmelden und jede andere Frau, die Wichtigeres zu tun hat, anzicken: Am Arsch vorbei.
Die Frage, ob erste graue Strähnen gefärbt werden müssen und gegen die Augenringe nicht doch mal eine teure Creme angeschafft werden sollte: Am Arsch vorbei.
Die Frage, ob wir nicht mehr Sex haben, öfter an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen und ein gemeinsames Hobby als Paar pflegen sollten: Am Arsch vorbei.

Ich könnte noch 18732548 weitere Möglichkeiten des „am Arsch vorbei“ formulieren, doch ich denke, das Prinzip ist klar.
Viel Spaß bei der Lektüre!

Hinter dem Schwan ist jede Menge Platz für „am Arsch vorbei“

aufmerksam, glaubhaft

Neujahr – Neustart

Was hilft beim neu Anfangen? Neugierde und Gottvertrauen.
Vertrauen darin, dass der Aufbruch sinnvoll ist,
dass er mich in guter Weise beansprucht mit allen Sinnen.
Und die Neugierde bewahrt einen davor, nur die Vergangenheit in die Zukunft ziehen zu wollen. Die Neugierde hilft auch, bei mir selbst Raum zu schaffen für das Neue. (…)
Zurzeit bedeutet mir ein Vers aus der Psalm-Übertragung von Huub Oosterhius viel:

„Gib mir Raum, weit wie der Himmel.“
Einer meiner Lehrer, Bernhard Welte, übersetzte den Vers so:
„Als mir´s eng war, hast du mir´s weit gemacht.“

Anette Schavan im Interview, aus „Publik Forum“ Ausgabe 14 / 2014

 

IMG_9087

aufmerksam, glaubhaft

Buchempfehlung: „Beten – ein Selbstversuch“ von Klaus Douglass

Der Klappentext:
„Lieber Gott, dasselbe wie gestern. Amen.“
Beten – eine mühselige und eintönige Angelegenheit. So empfinden es viele Menschen. Kein Wunder: Es ist ja auch nicht ganz einfach, sich mit einem Wesen zu unterhalten, das man weder sehen noch hören, noch anfassen kann. Doch Beten kann viel spannender sein, als viele ahnen.
„Durch das Beten öffnen wir uns für die Nähe Gottes. Und je vielfältiger unser Gebet ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, etwas von seinen „Signalen“ aufzufangen. Beten macht uns empfänglicher für die Gegenwart Gottes in unserem Leben. Und die ist ermutigend, stärkend, heilsam, inspirierend und tröstend.“ Klaus Douglass

Ich kaufe selten Bücher.
Die meisten leihe ich mir in der Bücherhalle (der Hamburger Begriff für „Bibliothek“) aus, gelegentlich entdecke ich eins im Antiquariat. Viele Bücher gehen durch meine Hände und verlassen mich wieder, und das finde ich völlig in Ordnung so (Meine Bücherregale sind trotzdem reich gefüllt, aber das nur am Rande).
Da die Bücherhallen keine christliche Literatur verleihen, verirrt sich sehr selten Literatur zu Themen des Glaubens in mein Zuhause – schließlich bin ich als Abonnentin der Zeitschrift „AufAtmen“ auch gut mit Themen der Spiritualität und Theologie versorgt. In diesem Fall sprach mich eine Rezension in der „AufAtmen“ so an, dass ich das Buch „Beten – ein Selbstversuch“ in der örtlichen Buchhandlung bestellte. Meist kaufe ich keine Bücher auf Verdacht, erst Recht keine christlichen, weil ich stets amerikanischen Blödsinn erwarte (der leider auch bei Christen den Buchmarkt beherrscht). So viel zu meiner Haltung „Ich kaufe keine Bücher – nur ausnahmsweise.“
In diesem Fall bin ich sehr, sehr froh, diesen Selbstversuch besorgt zu haben:
Das Buch ist tiefgehend, handfest, pragmatisch, fantasievoll, insprierend, lustig, nachdenklich und zielführend.
Ja, es macht Lust auf’s Beten.
Ja, es zeigt konkret, wie ich beten kann.
Der Autor testet fünfzig Tage lang jeweils eine Art zu beten.
Dabei reicht die Spanne von einer katholischen Wallfahrt über das Schreiben eines eigenen Rachepsalms, tanzendes Gebet, das Malen einer Ikone bis zum Übernachten in einer dunklen, alten Kirche. Der Autor besucht aus Neugier einen russisch-orthodoxen Gottesdienst, probiert die „Perlen des Lebens“ (auch Perlen des Glaubens genannt) aus und versucht immer wieder, das Gebet in den Alltag zu integrieren und Beten und Arbeiten zusammen zu bringen.
Da das Buch ähnlich einem Tagebuch geschrieben ist, ist es gleichzeitig ehrlich und subjektiv. Weil Beten eine sehr persönliche Angelegenheit ist, finde ich diese Herangehensweise sehr passend: Niemand kann ein Lehrbuch über das Beten schreiben, da das Gebet die gelebte Beziehung zu Gott darstellt – und die ist zwischen jeder Person und Gott unterschiedlich. So erlebte ich das Buch nah am Leben und nah am Alltag, was das Umsetzen und Nachahmen mancher Ideen sehr erleichtert.
Jeden Morgen habe ich mich auf ein neues Kapitel während des Frühstücks gefreut und fand es wirklich schade, als das Buch sich dem Ende zuneigte.
Auch im Hauskreis fand der Schreibstil und Humor des Autors Anklang.

Kurz: Wer sich dem Glauben annährt und in die „Praxis“ einsteigen will, sollte sich dieses empfehlenswerte Buch ebenso anschaffen wie diejenigen, die schon seit Jahr(zehnt)en glauben und frischen Wind in ihrer Beziehung zu Gott erleben wollen.