Dass wir in einer Wegwerfgesellschaft leben, weiß inzwischen jedeR.
Dass sich die Einmal-benutzen-und-dann-entsorgen-Mentalität bis auf den Friedhof erstreckt, war mir bis vor Kurzem jedoch nicht bewusst.
Der Ohlsdorfer Friedhof, mitten in Hamburg gelegen, wurde am 1. Juli 1877 eingeweiht und ist mit 391 Hektar der größte Parkfriedhof der Welt. Von vielen wird er wegen der alten Bäume, der großen Rhododendren und der variantenreichen Wasserflächen zu entspannenden Spaziergängen genutzt.
Als ich im Februar zufällig über den Friedhof fuhr, fielen mir die großen Berge auf: Haufen von Tannengrün, das von den Gräbern entfernt und aufgeschichtet wurde, sowie Stapel von Tonschalen und Gestecken, die sich an vielen Stellen an den Straßen befanden. Offensichtlich hatten die Friedhofsgärtnereien beschlossen, dass es Zeit für den Einzug des Frühlings sei und die „alte Dekoration“ weg geschafft werden musste. Da ich Verschwendung nicht leiden kann, nahm ich eine ganze Reihe leerer Tonschalen mit, die auf die Müllautos warteten (inzwischen sprossen darin verschiedene Samenmischungen für einen schönen Sommergarten).
Einige Zeit später, ich fuhr einen Schlenker über den Friedhof, entdeckte ich Körbe voller Heide, Christrosen und kleiner immergrüner Büsche mit leuchtend roten Beeren. Ich ertrug es nicht, die ausgerissenen Pflanzen der Vernichtung zu überlassen und nahm die gesündesten mit, um sie im Hinterhof einzupflanzen.
Als ich mit einer Kollegin darüber sprach, dass es in meinen Augen Wahnsinn ist, mehrjährige Pflanzen nach einer Saison auszureißen und wegzuwerfen (noch dazu die edlen, treublühenden Christrosen!) meinte sie: „Naja, die Friedhofsgärtnereien leben davon, dass sie regelmäßig rausreißen und neu pflanzen. Dafür werden sie bezahlt.“ Womit sie sicherlich Recht hat, trotzdem tut es mir um die Pflanzen Leid, die vernichtet werden. Sie ergänzte: „Das ist bekannt – meine Tante fährt absichtlich über den Friedhof, um gute Pflanzen aus den Müllkörben zu retten, und bestückt ihren Garten damit.“