Atemfreude, aufmerksam, glaubhaft

Einatmen, ausatmen – Atempause?

„Den Puls des eigenen Herzens fühlen.
Ruhe im Inneren, Ruhe im Äußeren.
Wieder Atem holen lernen, das ist es.“

Christian Morgenstern

Mich durch Fachliteratur in der Zentralbibliothek zu wühlen, motiviert mich immer wieder zu neuen Ideen für mein Konzept „Atemfreude“. Jede Stunde hat ein eigenes Thema, das die Übungen und den Verlauf des Kurses bestimmt. Diese Woche waren wir gedanklich und pantomimisch auf dem Spielplatz aktiv: Selbst körperlich stark eingeschränkte SeniorInnen führten Bewegungen aus, die dem Rutschen, Klettern, Schaukeln und Turnen nachempfunden waren. Da ich jedes Mal den kompletten Stundeninhalt anhand eines gemeinsamen Erlebnisses, das ich während der Übungen moderiere, entwerfen muss, werden zwangsläufig die Ideen für Übungen knapp. Umso mehr, wenn klassische Atemübungen zu 70% unbrauchbar sind, weil sie für fitte Personen entwickelt wurden.
So kümmerte ich mich an einem freien Tag um die Lektüre der neuen Fachbücher und stolperte wieder einmal über die Dreiteilung des Atems: Laut Barbara Lutz dauere die Ausatmung eineinhalbmal so lang wie die Einatmung und die Atemruhepause sei halb so lang wie die Einatmung. Dabei erlebe ich bei mir im Alltag nur selten die Atempause zwischen dem Ausatmen und der erneuten Einatmung. Auch die SeniorInnen muss ich eher bremsen, wenn sie besonders tief und effektvoll in den Atemübungen schnaufen, dass sie mir nicht hyperventilieren. Eine Atmung, die so ruhig und „innerlich“ verläuft, dass sich eine Atempause ergibt, entdecke ich seltenst bei mir und anderen.
Bis ich vorgestern auf dem Sofa saß und betete und dabei tatsächlich einen Zustand tiefer Ruhe und innerer Sammlung erfuhr. Damit meine ich nicht mein „Zack-zack-anderthalb-Minuten-Gebet beim Frühstück“, bei dem ich für alle Menschen bete, die mir im Laufe des Tages begegnen. Auch nicht das typische Stoßgebet, wenn es nicht so läuft, wie ich es will (ähem). Sondern ein Versinken im Moment, der sich ausdehnt. Ein aus-der-Zeit-fallen, wie ich es jenseits geführter Gebetszeiten und Meditationen nur selten erlebe. Während ich mich wie auf einer Welle aus dem Alltag fortgetragen fühlte, bemerkte ich auf einmal, dass ich in diesem Zustand tatsächlich eine ausgedehnte Atempause habe und mein Atem insgesamt viel leichter passierte.

Natürlich ist es gut und sinnvoll, den Atem zu beobachten und sich damit im Hier und Jetzt zu verankern. Genauso sinnvoll, wie den Atem absichtlich zu vertiefen und mit einer bewusst verlängerten Ausatmung nicht nur verbrauchte Luft loszuwerden, sondern im übergeordneten Sinn auch alles Hemmende und Negative abzugeben.
Aber oft habe ich bei den SeniorInnen und mir den Eindruck, dass wir eine hektische Aktivität gegen die andere tauschen: Statt durch den Alltag zu hasten und den Atem nicht zu spüren, scheuchen wir die Atembewegung so kräftig hinein und hinaus, dass es nur eine verlagerte Form der Anstrengung ist.

In diesem Sinne noch einmal zum Wirken-lassen:

„Den Puls des eigenen Herzens fühlen.
Ruhe im Inneren, Ruhe im Äußeren.
Wieder Atem holen lernen, das ist es.“

Christian Morgenstern

aufmerksam, kreativ

„Frau Krüerke, kann ich noch mal den Grabbel-Beutel haben?“

 

Vor Kurzem war das wöchentliche Montagsprogramm, das grundsätzlich meine Aufgabe ist, ein Experiment. Die Abteilungsleitung hatte „Quiz- und Ratespiele“ im Hauskurier angekündigt. Natürlich musste der Montagnachmittag mit Quiz deutlich anders gestaltet werden als der Donnerstagvormittag mit dem Gedächtnistraining, auch wenn die gleichen Aufgaben für beide Formate denkbar gewesen wären. So stand ich vor der Herausforderung, dem Titel einerseits zu entsprechen und andererseits etwas auf die Beine zu stellen, was es in dieser Form sonst nicht im Programm gibt. Schnell war klar, dass ich das Ganze spielerisch mit deutlichem Schwerpunkt auf Wahrnehmungsaufgaben anlegen würde.
Nur: Fitte, eloquente, wohlhabende SeniorInnen und Wahrnehmungsspiele?!
Sie würden wohl kaum mit den Händen in eine Wanne voller trockener Bohnen abtauchen und nach Playmobilfiguren suchen. Oder ähnliche Späße, die ich als Therapeutin mit Kindern gern veranstaltet habe.
Dennoch wagte ich den Sprung ins kalte Wasser, erstellte eine Konzept und wartete die Reaktionen der TeilnehmerInnen ab. Hätte mich vorab jemand gefragt, was genau wir bei den Ratespielen machen, und hätte ich verraten, was ich vorbereitet hatte – niemand wäre gekommen. Aber so folgten sie der harmlos klingenden Bezeichnung des Nachmittagsprogramms und wurden gründlich überrascht 😉 .
Wie immer ging es damit los, dass mir auf meinem Stammplatz kräftig auf die Pelle gerückt wurde. Dass Kinder mir am liebsten auf den Schoß kriechen, um möglichst dicht am Geschehen zu sein – total normal. Aber SeniorInnen? Völlig egal, wie viel Platz ich für die Materialien brauche, wir enden immer ziemlich eingekeilt…
Ich fing harmlos mit einem Dutzend Quizfragen zum Allgemeinwissen an – so weit so vorhersehbar. Als nächstes gab ich einen Beutel herum, in dem diverse kleine Alltagsgegenstände ertastet werden sollten, natürlich nur mit einer Hand und ohne hinein zu schauen. Ich hatte erwartet, dass mich an dieser Stelle die ersten tödlichen Blicke treffen und die Empörung um sich greift, „was für Albernheiten“ ich von ihnen verlange. Aber nein, alle wurstelten mit ihren Händen eifrig im Beutel herum und gaben ihrer Nachbarin Tipps, was ich mit gespielt-böser Stimme unterbrechen musste.
Während der Beutel links herum durch den Raum wanderte, gab ich rechts herum eine Kinderzeichnung (aus dem Internet) weiter. Die Aufgabe dazu lautete, zu erraten, wie der Titel des Bildes heißen könnte. Eigentlich war es nur eine offensichtlich wildgewordene, fauchende Katze mit Buckel und gesträubtem Fell als Buntstiftzeichnung. Die Interpretationen reichten vom „Gestiefelten Kater“ bis hin zu „Das Vieh trägt einen Tannenbaum auf dem Rücken“: Auch diese, eigentlich simple, Aufgabe fand reißenden Absatz. Selbst diejenigen, die es noch gar nicht gesehen hatten, erklärten mir bereits, was darauf zu sehen sei. Am Ende beider Runden ließ ich aufzählen, was im Beutel ertastet wurde, und zog den jeweils genannten Gegenstand zum Zeigen heraus. Der Titel des Bildes wurde ebenfalls lautstark ausdiskutiert, sodass ich mich langsam etwas entspannen konnte und guter Hoffnung war, dass die anderen vorbereiteten „Albernheiten“ auch auf fruchtbaren Boden fielen.
Nun teilte ich ein Labyrinth und Bleistifte aus, um wieder etwas klassischer die Erwartungen an die versprochenen Ratespiele zu erfüllen.
Auch Scherzfragen hatte ich gesammelt, ausgedruckt und daraus Karten gebastelt: Auf der einen Seite die Scherzfrage, auf der Rückseite die Lösung. Ich fragte, wer Lust hätte, eine der Fragen vorzulesen und anschließend die Lösung mit der Gruppe zu teilen. Normalerweise üben sich alle in hanseatischer Zurückhaltung, aber jetzt streckten sich viele Hände in die Luft, um eine Karte abzubekommen. Damit auch die Schwerhörigen mitraten konnten, musste ich manchmal die zu leise vorgetragenen Fragen wiederholen. Sonst schafften sie es ganz allein, sich gegenseitig zu erheitern. Auch Fragen, deren Antwort nicht ganz so damenhaft waren (Was bekommt ein Engel, der in einen Misthaufen fällt? -Kotflügel), trafen auf große Begeisterung.
Anschließend erklärte ich die nächste Aufgabe: Mit dem Zeigefinger in großen Buchstaben ein Wort auf den Rücken der Nachbarin schreiben. Dieser wiederum soll den Begriff erraten. Nachdem ich einmal herum gegangen war, um die Paare einzuteilen, damit nicht ständig jemand übrig bleibt und allein sitzt, wurde mir bereits entgegen gerufen: „Frau Krüerke, können wir schon mal anfangen?“ Ich weiß, SeniorInnen sind nicht niedlich, aber ehrlich: Das war niedlich!
Die Zeit gallopierte nur so davon, sodass ich mich den Rätselgeschichten zuwandte. An diesem Nachmittag schienen es die Teilnehmenden besonders zu genießen, etwas vorgelesen zu bekommen, und ich hörte sie förmlich wohlig schnurren. Mit einem Blick in den „Grabbel-Büddel“, wie ich den Tast-Beutel auf hamburgisch nannte, fragte ich in die Runde, ob ich ihn während des Vorlesens noch einmal rum gehen lassen sollte. Schließlich gab es noch jede Menge spannender, unerkannter Gegenstände darin. Völlig begeistert willigten die Damen und Herren ein, was mich wirklich überraschte – ich hätte gedacht, eine Runde sei nett, aber auch genug gewesen. So grabbelten und rätselten wir die letzten Minuten in fröhlicher Eintracht, und ich war wirklich stolz: Auf die SeniorInnen, die sich auf ein für sie ungewohntes Programm eingelassen hatten. Und auf mich, die das Experiment gewagt und souverän geleitet hatte.

 

Hier habe ich Wahrnehmungsspiele für Kinder und Erwachsene gesammelt: Arbeitsmaterial zum Runterladen

Atemfreude, aufmerksam

Atemfreude: Versuch einer Begriffserklärung

Im Interview mit der Journalistin Martina Petersen entwickelten wir den Begriff „Atemreise“ für mein Konzept. Da mir später auffiel, dass dieser Name für ein esoterisches Programm benutzt wird, kam ich auf „Atemfreude“. Inzwischen ist der Begriff in die Alltagssprache von Kolleginnen und BewohnerInnen übergegangen, sodass der lästige Drang, jedes Mal den Titel und das Konzept erklären zu müssen, weitgehend nachgelassen hat. Lediglich von denen, die den Begriff zum ersten Mal hören, ernte ich ehrfürchtiges, aber ratloses Schweigen.

 

 

Daher heute der Versuch einer handfesten Begriffserklärung:

  • Atemfreude ist das Wohlfühlen im eigenen Körper.
    Das Angebot löst Verspannungen, vertieft die Atmung, erhöht die Flexibilität der Muskeln und verbessert das Gleichgewicht.
  • Atemfreude ist eine Wertschätzung der eigenen Biografie.
    Sie aktiviert positive Erinnerungen und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart.
  • Atemfreude ist eine Reise in eine Welt voller Möglichkeiten jenseits der momentanen Realität.
    Sie eröffnet Handlungsspielräume, regt die Fantasie an, verführt zu neuen Blickwinkeln.
  • Atemreisen ist der Schritt aus der Einsamkeit in ein fröhliches Gruppengeschehen.
    Freude an der Bewegung in Gemeinschaft steht im Vordergrund. Partnerübungen und gemeinsames Singen lassen Miteinander entstehen.
Atemfreude, aufmerksam, Presse

Artikel im „Hamburger Abendblatt“ über meine Atemfreude

Um juristisch auf der sicheren Seite zu sein, zeige ich hier nicht den originalen Artikel, sondern einen Einblick in den internen „Hauskurier“

In der aktuellen Wochenendausgabe der größten Hamburger Tageszeitung ist ein Artikel über meine „Atemreisen“ erschienen.
Am 20. Juni fand die Atemfreude „Ausflug ins Freibad“ statt. Viele BewohnerInnen gondelten mit dem Bus auf einer Ausfahrt durch Norddeutschland, sodass wir eine sehr handverlesene, kleine Gruppe waren. Umso intensiver profitierten die Einzelnen von der gemeinsamen Stunde. Während dessen notierte die Journalistin ihre Eindrücke zum Konzept und fotografierte. Anschließend folgte ein Interview mit mir und seitdem war ich gespannt, wann und wie der Bericht abgedruckt wird.
In der Senioren-Residenz, in der meine Kurse stattfinden, leben fitte Damen und Herren in hochpreisigen Appartements und genießen ein äußerst umfangreiches Programm: Von kulturellen Angeboten über sportliche Kurse, Ausflüge und kreative Treffen ist täglich eine Menge los.

Martina Petersen, die Journalistin, hat mir erlaubt, den Text hier zu veröffentlichen. Vielen Dank!

Mit ihren interaktiven Atem- und Lockerungsübungen begeistert die ausgebildete Logopädin Marie Krüerke (33) auch gesundheitlich eingeschränkte Bewohner in der Kursana Residenz Hamburg.

„Atemreisen“ für Senioren

In der Mitte des Stuhlkreises ist aus Badelaken, Sonnenhut und Backförmchen liebevoll eine typische Strandszene aufgebaut. „Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie in Ihrer Jugend an den Badesee gefahren sind?“, fragt Marie Krüerke (33) in die Runde. Die acht Bewohner, die heute zur „Atemreise“ in den Gymnastiksaal der Kursana Residenz Hamburg gekommen sind, nicken eifrig. „Dann schließen Sie kurz die Augen und tauchen Sie ganz in die schöne Erinnerung ein“, sagt die ausgebildete Logopädin, die seit einem halben Jahr in der sozialen Betreuung der Niendorfer Senioreneinrichtung arbeitet. Während sich auf den Gesichtern der Senioren ein Lächeln ausbreitet, startet Marie Krüerke fröhlich eine Phantasiereise, in die sie spielerisch eine Vielzahl therapeutischer Übungen eingebaut hat.
„Viele alte Menschen sitzen einen Großteil des Tages. Der Brustkorb fällt ein, Schultern und Nacken sind oftmals verspannt. Die nach vorn geneigte Haltung wird durch das Gehen am Rollator noch verstärkt“, sagt sie. „Mein Ziel ist es, die Bewohner in eine angenehm aufgerichtete Haltung zu bringen, damit die Lunge wieder Raum zum Atmen bekommt. Da ich auch kognitiv eingeschränkte Senioren ansprechen möchte, tauchen wir gemeinsam in eine Szenerie ein, mit der alle eine möglichst positive Erinnerung verknüpfen.“ So führten die Phantasiereisen, an der auch zahlreiche hochbetagte und demenziell erkrankte Senioren regelmäßig teilnehmen, bereits auf einen Bauernhof, in den Botanischen Garten oder in den Zirkus.
„Der liebevolle Zuspruch, den wir in dieser Runde bekommen, motiviert mich enorm“, sagt Bewohnerin Hella Ebert (99), die alle Übungen im Sitzen ausführt. Mobilere Senioren stapfen indes an der Seite von Marie Krüerke mit kräftigen Schritten im Kreis auf einem imaginären Kiesweg zum Badesee. Dann pusten alle mit kräftigen Atemzügen einen Schwimmreifen auf, wiegen sich mit ihm in den Hüften und tauchen mit weiten Schwimmbewegungen ins erfrischende Nass ein. Spätestens jetzt sind die Senioren mit allen Sinnen in der fröhlichen Szenerie angekommen, viele seufzen genüsslich. Selbst anstrengende Bewegungen wie das Dehnen der Flanken bei den anschließenden Kraulbewegungen führen sie mit einem Lächeln auf den Lippen aus.
Nachdem ein Theraband als Badelaken zum kräftigen Abrubbeln des Wassers vom Körper fungierte, verteilt Marie Krüerke zur Entspannung an alle Seifenblasen. Ilse Erdmann (97) pustet mit entspannten tiefen Atemzügen wie an einer Perlenkette eine Vielzahl bunt schillernder Blasen in den Raum. „Das habe ich schon als Kind sehr geliebt“, sagt sie glücklich.
„Die Senioren-Generation, die bei uns lebt, hat ihr Leben meist mit großer Disziplin bewältigt und war auf Durchhalten programmiert. Viele Frauen waren ihr Leben lang in erster Linie für ihre Kinder und die Familie da“, sagt Marie Krüerke. „Ich freue mich, wenn ich ihnen jetzt spielerisch solche Wohlfühlmomente in der Gemeinschaft vermitteln kann. Es berührt mich sehr, wie viel Dankbarkeit sie mir dafür entgegenbringen.“
Anschließend sollen sich die Kursteilnehmer vorstellen, mit einem Blasebalg begleitet von kräftigen „f-t“-Lauten zur Stimulierung des Zwerchfells eine Luftmatratze aufzupumpen. Nachdem sie sich in der Vorstellung Sonnenmilch ins Gesicht einmassiert haben, wird mit ausholendem Zungenkreisen ein imaginiertes Eis geschleckt. „Hmmm! Lecker Schokoladeneis“, ruft Ursula Krönke (88) begeistert. Durch die ganzheitliche Körperaktivierung bei den „Atemreisen“ wird die Lunge gestärkt, die aufrechtere Haltung unterstützt die Position des Kehlkopfes im Hals und die Stimmlippen können besser schwingen. So können sich zum Abschluss alle daran freuen, mit deutlich belebter Stimme einige Sommerlieder anzustimmen.
„Ich war nach einer schweren Lungenentzündung gesundheitlich sehr angeschlagen“, erzählt Ursula Krönke, die zusammen mit ihrem Mann regelmäßig an den „Atemreisen“ teilnimmt. „Durch diese Übungen habe ich wieder mehr Weite im Brustkorb und bekomme viel besser Luft. Und ich bin auch motivierter, allein für mich Atemübungen zu machen.“

Inzwischen habe ich mein Konzept für eine Fachzeitschrift aufbereitet und werde berichten, sobald dort der Abdruck erfolgt.

Wer mehr zum Konzept der Atemfreude wissen möchte:

Grundlagen des Konzepts
Begriffserklärung in fünf Sätzen
Atemübungen mit dem ganzen Körper genießen
Einblick in eine Atemfreude – was währenddessen passiert
Spielen verboten! Ich bin doch schon neunundachtzig!

Bei Madoo habe ich die ersten Atemfreude-Konzepte hier veröffentlicht.

aufmerksam, kreativ

Gedächtnis-Training einmal anders: Hab` ne Tante aus Marokko und die kommt, hipphopp!

 

Heute hatte ich für das „Musikalische Quiz“ im Haus eine wunderbare Idee:
Als Ersatz für die Sommerurlaube früherer Zeiten wollte ich alte Schlager mit jeder Menge „Amour“ und „Signorina“ anspielen und von den SeniorInnen erraten lassen. Außerdem hatte ich ein Quiz über diverse (mehr oder weniger bekannte) Nationalgerichte europäischer Länder zur Hand und eine Akkordeon spielende Dame inklusive ihres Repertoires an der Seite.
Nun ja, die hervorragenden Schlager der Fünfziger waren leider nicht bekannt, weder Teil Eins noch Teil Zwei der Doppel-CD. Ich spielte ein Lied nach dem anderen an, aber meistens erntete ich nur Schulterzucken. Dabei wählte ich extra Lieder von Damen wie Caterina Valente. Keine Reaktion. Ich war kurz davor, mich zu beschweren, dass mir die SeniorInnen doch überhaupt erst erklärt hatten, wer Caterina Valente war, aber ich hielt den Mund und ließ die Dame am Akkordeon „In München steht ein Hofbräuhaus“ spielen. War zwar kein sommerliches Lied aus dem Urlaub, aber die Stimmung stieg. Na denn.

Am Ende der Stunde, als ich dachte, ich hätte mich für heute genug blamiert, als dass eine weitere Schnapsidee schaden könnte, fragte ich nach „der Tante aus Marokko“. War natürlich nicht bekannt, aber wider Erwarten schaute ich in viele interessierte Gesichter und sogar leuchtende Augen, als ich einfach loslegte.
Sobald ich wieder mit dem „Gedächtnis-Training“ an der Reihe bin, werde ich zwischen diversen schwierigen Aufgaben eine Runde „Hab ´ne Tante aus Marokko und die kommt, hipp-hopp!“ singen. Denn das Lied bringt in jeder Strophe eine Bewegung mit sich, die sich im Verlauf summieren: Zu der neuen Bewegung der aktuellen Strophe müssen jeweils alle Bewegungen (und deren Geräusche) der vorhergehenden Strophe dargestellt werden. Aus dem Stegreif sang ich eine Kurzversion, die überraschend gut ankam.
Im Nachhinein erzählte mir meine Kollegin, dass sie noch nie so kräftigen, fröhlichen Gesang durch die Wand bis ins Büro gehört hätte. Wunderbar, Stimmung gerettet!

Gedächtnis-Training für mich:
Manchmal ist das Naheliegende nicht so spannend wie das völlig Abwegige.
Auch bei SeniorInnen!

Für alle, die ebenfalls eine Runde Schwung in´s Gedächtnis-Training bringen wollen, egal ob mit Neunzigjährigen oder Zweitklässlern:
Hier sind absolut alle Strophen, die ich finden konnte!

  • /: Hab ne Tante aus Marokko, und die kommt [hipp, hopp], :/
    hab ne Tante aus Marokko, hab ne Tante aus Marokko,
    hab ne Tante aus Marokko, und die kommt.
    Hipp, hopp (Hände zum „Daumen hoch“ formen und über die Schulter zeigen).
    .
  • Und sie kommt auf zwei Kamelen,
    wenn sie kommt [hoppeldihopp] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp (Wie auf einem Kamel reiten)
    .
  • Und sie schießt mit zwei Pistolen,
    wenn sie kommt (Piffpaff)…
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff (In die Luft schießen)
    .
  • Und dann schlachten wir ein Schwein,
    wenn sie kommt [krks, krks] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks (Hals durchschneiden)
    .
  • Und dann trinken wir ne Flasche,
    wenn sie kommt [gluck-gluck] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck (Kopf in den Nacken legen, trinken)
  • Und dann essen wir ne Torte,
    wenn sie kommt [schmatz-schmatz] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz (Torte in den Mund stopfen)
    .
  •  Und dann schrubben wir die Bude,
    wenn sie kommt [schrubb-schrubb] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz, schrubb-schrubb (Wild scheuern)
    .
  • Und dann kommt ein Telegramm,
    dass sie nicht kommt [weinen: Uhuh] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz, schrubb-schrubb, uhuh (Dramatisch weinen)
    .
  • Und dann kommt ein Telegramm,
    dass sie doch kommt [juchhe] . . .
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz, schrubb-schrubb, uhuh, juchhe (Freudig in die Luft springen)
    .
  • Und dann läuten wir die Glocken,
    wenn sie kommt (ding dong)…
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz, schrubb-schrubb, uhuh, juchhe, ding dong (Mit dem Kopf wackeln)
    .
  • Und dann singen wir ein Liedchen,
    wenn sie kommt (la la)…
    Hipp hopp, hoppeldihopp, piffpaff, krks, krks, gluck gluck, schmatz schmatz, schrubb-schrubb, uhuh, juchhe, ding dong, la la (Dirigieren)

 

Und dann waschen wir die Hose, wenn sie kommt, plitsch-platsch…

Atemfreude, aufmerksam, kreativ

Atemübungen mit dem ganzen Körper genießen

Meine „Atemfreude“ bewegen die ganze Person.
Zuerst, wenn die SeniorInnen in den Raum kommen und das „Bühnenbild“ in der Mitte des großen Stuhlkreises anschauen. Jede „Atemfreude“ ist eine interaktive Geschichte, die wir gemeinsam erleben. Das Bühnenbild weckt Neugier und Erwartungen. Es lädt zum Betrachten und Anfassen ein.
Als Einstieg in die Stunde begrüße ich alle und nenne das Thema. Dabei erläutere ich kurz, woraus das Bühnenbild besteht und warum. So habe ich bei einer „Atemfreude“ unter dem Motto „Wir richten ein Baby-Zimmer ein“ (klingt viel motivierender als „Heute bewegen wir unserer Körper mit diversen Übungen, die an´s Renovieren erinnern“) meine wahre und einzige Puppe Valentin mitgebracht. Im Anschluss hatte ich noch ein sehr anrührendes Gespräch mit einer alten Dame, die sich Valentin genau anschaute und mir davon erzählte, dass sie sich im Krieg von ihrer Käthe-Kruse-Puppe „Schlummerle“ trennen musste, damit ihre Eltern von dem Erlös auf dem Schwarzmarkt etwas zu Essen kaufen konnten.

Dann beginne ich, die Geschichte zu erzählen, so machen wir uns gemeinsam auf die Reise.  Mit ersten Übungen wärmen wir den Körper auf und lassen uns auf das erzählte Geschehen ein. Grundsätzlich wähle ich Themen, die in der Erinnerung alter Menschen gut bekannt und positiv besetzt sind:
Ein Tag auf dem Bauernhof (wie hier im Bühnenbild dargestellt), unterwegs mit der Fähre auf eine Insel, ein Besuch im Zirkus, ein Nachmittag am Badesee, ein herbstliches Erntefest, das gemeinsame Schmücken des Tannenbaums.
Diese Erlebnisse haben schon vor langer Zeit (das erste Mal) stattgefunden, waren also prägend und sind dadurch in der Erinnerung gut abzurufen. Von höchster Priorität ist die positive Erinnerung, damit die Geschichte ihre motivierende Wirkung entfaltet. Wer anhand meiner Moderation gedanklich in einen schönen Moment zurück reist, erlebt die angeleitete Bewegung von Innen heraus und damit intuitiv. Aus diesem Grund können auch demenziell erkrankte Personen dem Inhalt gut folgen.
Außerdem hilft die angenehme Erinnerung in den Momenten, wo die Bewegung mit Schmerzen verbunden ist: Wenn ich ein Training „hinter mich bringe, weil der Körper ja Bewegung braucht“, treten bei Schmerzen neben äußeren oft innere Widerstände auf. Wenn ich dagegen gedanklich einen Moment von Damals mit meiner längst verstorbenen Familie wieder erlebe, werden die Bewegungen flüssiger und der Schmerz tritt weniger auf oder in den Hintergrund.
Neben dem Anschauen und Berühren des Bühnebilds, dem Aktivieren alter Erinnerungen und dem Bewegen des ganzen Körpers kommt noch eine weitere Ebene während der „Atemreise“ zum Tragen: Die Wahrnehmung von sonst unbewusst ablaufenden Körperprozessen, in diesem Fall der Atmung. Alle Übungen fördern die vertiefte Atmung, auch wenn ich bei den ersten Übungen oft absichtlich nichts davon sage, um die Aufmerksamkeit nicht abzulenken. Im zweiten Drittel der Stunde verbinde ich in der Handlung die Bewegung mit der Atmung. Oft mit natürlichem Geschehen wie Schnauben, Seufzen, Pusten. Danach leite ich zu einer Atemwahrnehmung über, deren Ziel es ist, dass die Atembewegung im Körper in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Auch die Atemräume in Brust, Bauch und Flanken (Körperseiten) werden durch das Auflegen der Hände erspürt. Danach treten Übungen in den Vordergrund, in denen wir aktiv den Atem beeinflussen. Mundmotorische Aufgaben, weiterhin im Rahmen der erzählten Geschichte, und sanftes Summen und Brummen leiten dann zum letzten Teil der Stunde über: Wir singen bekannte Volkslieder mit fröhlichem (!) Inhalt. Plötzlich sind mit der Melodie die Texte wieder da, positive Emotionen entstehen direkt beim Singen und halten über die Gruppenstunde hinaus an.

 

Wenn alles klappt, erscheint demnächst im „Hamburger Abendblatt“, Hamburgs größter Tageszeitung, ein Artikel über mein Konzept. Ich werde berichten!
Und lade Interessierte herzlich ein, sich mit mir in Kontakt zu setzen, wenn sie Näheres über die Durchführung des ganzheitlichen Konzepts wissen möchten oder es mit Kindern ausprobieren wollen.
Bei Madoo ist ein Teil der ersten Stundenentwürfe veröffentlicht.

aufmerksam

Spielen verboten! Ich bin doch schon neunundachtzig!

Neulich besuchte ich eine Bewohnerin in ihrem Appartement, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren (und natürlich von Herzen ein Lied zu singen). Im Gespräch erkundigte ich mich, warum ich sie so wenig sehe. Gern wollte ich sie zu den diversen Angeboten des Hauses einladen, schließlich ist sie körperlich fit und geistig rege.
Sie antwortete mir: „Wissen Sie, ich musste so viel durchalten. Weitermachen, egal wie es aussah. Meine Wünsche hintenan stellen und mich um alles kümmern. Immer tüchtig sein, alles bewältigen. Da bin ich so froh, dass ich jetzt machen kann, was ich will. Und ich will einfach nur meine Ruhe haben.“
Viele SeniorInnen haben noch heute das Mantra „Durchhalten!“ im Kopf und versuchen trotz schwindender Kräfte, ihre Kinder miteinander zu versöhnen, die Enkelkinder zu unterstützen und die Familie zusammen zuhalten.
Für die Generation der heute Siebzig- bis Hundertjährigen zählt Disziplin und Ordnung sehr viel. Und obwohl sie sich heute eigentlich ein schönes Leben machen könnten, zucken sie doch oft vor der Möglichkeit „reinen Vergnügens“ zurück. Spielen darf man Freitags beim offiziellen Spiele-Treff in der Bibliothek oder wenn man sich im hauseigenen Café im kleinen Kreis zum Skat trifft. Aber so mitten im Alltag etwas tun, einfach aus Lust und Spaß heraus?
Meine SeniorInnen muss ich oft aus der Reserve locken, bevor ich spielerische Elemente einbringen kann. Erst wenn wir uns beim „Geselligen Nachmittag“ ausreichend der Bildung gewidmet haben, sind die Gesichter locker genug, dass ich etwas Lustiges hervor zaubern darf. Ganz genau sehe ich den TeilnehmerInnen an, wenn sie etwas albern oder „völlig unnötig“ finden.

 

 

Dabei ist spielen alles andere als niveaulos. Wer glaubt, dass nur das Gedächtnistraining in der Gruppe sinnvoll verbrachte Zeit ist und Singen und Spielen verlorene Zeit, irrt.
Spielen regt das Hirn ganzheitlich an. Klassisches Gehirnjogging übt oft die linke, analytische Hälfte des Hirns. Personen, die geistig eingeschränkt sind (Schlaganfallpatienten, Demente u.a.), haben keine Möglichkeit, an dieser direkten Aktivierung teilzunehmen oder verlieren sich im Gefühl zu versagen. Wer über die rechte, assoziative Hirnhälfte geht und mit altbekannten Liedern und kreativen Spielen arbeitet, stellt fest, dass auch schwer betroffene Personen plötzlich ganz intensiv dabei sind. (Die anatomischen und physiologischen Grundlagen sind natürlich weitaus komplexer, diese Darstellung der unterschiedlichen Hemisphären ist stark vereinfacht!)
Ich kenne eine Dame, die hoch dement ist und Lieder fehlerfrei singen kann, die nur wenige „Gesunde“ aus der Gruppe spontan erinnern. Über Emotionen, Melodien, positive Erinnerungen werden geistige Fähigkeiten indirekt stimuliert. Zusätzlich hilft natürlich, dass es bei kreativen Herangehensweisen keine Fehlermöglichkeit gibt und so Betroffene wesentlich entspannter sind, als wenn sie eine offizielle Aufgabe lösen sollen.
Hier habe ich bereits vor sieben Jahren über die Notwendigkeit des Spiels für die/den EinzelneN sowie unsere Gesellschaft geschrieben und Gedanken voller Weisheit zitiert.

Die Herausforderung liegt natürlich darin, niveauvolle Angebote mit einem fröhlichen Twist zu gestalten.
Den „geselligen Nachmittag“ am Montag plane ich grundsätzlich mit einem Motto.
Im Mai stand zum Beispiel das „Alte Land“ im Fokus, Hamburgs Obstanbaugebiet südlich der Elbe. Jedes Mal baue ich auf dem zentralen Tisch eine kleine Szene oder passende Dekoration auf, um alle Ankommenden einzustimmen.
Gerne fange ich mit einem Quiz an, um Informationen darzustellen, ohne einen langweiligen Vortrag zu halten. Die Teilnehmenden sind sehr daran interessiert, dass das Programm kulturell anspruchsvoll und bildend ist. Einfach nur lustig sein ist verpönt!
So suche ich mir zu Beginn alle relevanten Informationen zum Thema zusammen und gestalte daraus ein Quiz. Dabei habe ich grundsätzlich drei Antwortmöglichkeiten („Was meinen Sie, stimmt A, B oder C?“), sodass sich alle beteiligen können, ohne selbst etwas Konkretes sagen zu müssen. Bereits das Bewerten der Antwortmöglichkeiten sowie das anschließende Abstimmen bringt erste Lockerung in der Gruppe. Nachbarinnen diskutieren miteinander, andere rufen dazwischen, schon wärmt sich innerhalb kürzester Zeit die Atmosphäre an!
Wenn möglich gibt es eine kleine Süßigkeit: Beim Thema „Altes Land“ ließ ich einen Teller mit Kirschen aus Fruchtgummi herum gehen. Das Teilen von einer süßen Kleinigkeit unterstützt das Gefühl von Gemeinschaft und weckt Assoziationen an ein Picknick.
Thematisch passende Lieder laden auch diejenigen zum Mitmachen ein, die sonst eher ruhig und etwas abseits sitzen. Dabei bin ich immer wieder überrascht, wie schön es a capella klingt. Auch Liedwünsche aus der Runde erfüllen wir, indem wir direkt das Wunschlied anstimmen. Wenn es mehrere Strophen gibt, lese ich diese zwischendurch in Etappen vor, so trainieren wir unbewusst Aufmerksamkeit und Gedächtnis.
Die zu Beginn genannte Dekoration lädt zum Anfassen und Weitergeben ein. Daher nutze ich nicht nur stimmungsvolle Accessoires, sondern schaue mich nach Gegenständen um, die den Austausch untereinander anregen. Auch Fotos, Landkarten, Fundstücke aus der Natur machen das Thema lebendig.
Ein inhaltlich abgestimmtes Gedicht oder eine kleine Geschichte regen die Fantasie und innere Bilder an. Manchmal gibt es TeilnehmerInnen, denen plötzlich ebenfalls etwas Passendes einfällt, das sie spontan vortragen. Dabei suche ich gern Texte aus, die die Aspekte von „Leichtigkeit“ oder „Humor“ unterstützen. Harten Tobak gibt es schließlich im Literaturkreis, ich möchte vorrangig eine fröhliche Atmosphäre anregen.

So entsteht eine abwechslungsreiche Stunde, die spielerischen Charakter hat, ohne dass wir offiziell gespielt hätten.
Meine Atemübungen, die ich im Rahmen einer interaktiven Geschichte anleite, verfolgen den gleichen Ansatz und sind hier zu finden. Schließlich ist dieser Artikel schon lang genug und man muss auch mal wissen, wann Schluss ist! 😉

 

Atemfreude, aufmerksam

„Atemfreude“: Interaktive Geschichten für Atem- und Lockerungsübungen in der Gruppe

Für meine SeniorInnen habe ich ein Konzept entwickelt, wie ich mit inneren Vorstellungen und bildhafter Sprache Atemübungen anleite. Die heterogene Gruppe besteht teilweise aus fitten SeniorInnen, die alle Bewegungen ausführen können, und teilweise motorisch und geistig stark eingeschränkten Personen.
Durch das viele Sitzen mit eingesunkenen Schultern und eingeschränkter Beweglichkeit des Brustkorbs verflacht die Atmung bei vielen älteren Personen. Dies führt dazu, dass sie sich subjektiv kurzatmiger und schwächer fühlen, als sie oft sind. Dank der Übungen zur Aufrichtung (Körperhaltung), zur Lockerung verspannter Körperbereiche und Vertiefung der Atmung fühlen sich viele Betroffene deutlich beweglicher und kraftvoller.

In meinem Kurs „Atemfreude“ stelle ich jeden Termin unter ein Motto, zum Beispiel „Ein Morgen auf dem Bauernhof“, „Frühjahrsputz“ oder „Spaziergang durch den botanischen Garten“.
Alle Übungen können im Stehen ebenso wie im Sitzen durchgeführt werden. Perfekt zum Sitzen wäre ein Hocker, da er dem Oberkörper mehr Bewegungsspielraum als ein Stuhl lässt.
Die Übungen leite ich alle indirekt an.
Statt „Wir strecken unseren Oberkörper und die Arme zu allen Seiten“ sage ich „Die Sonne scheint auf die Katze, die sich genüsslich in der Wärme räkelt. So dehnen wir uns auch und machen uns ganz lang“.
Einerseits können so Personen, die kognitiv (geistig) eingeschränkt sind, auch bei komplizierten Übungen alles verstehe. Das hilft Betroffenen nach Schlaganfällen, Personen mit Demenz, aber auch Menschen mit geringen Sprachkenntnissen aus anderen Kulturkreisen. Andererseits aktiviert eine bildhafte Sprache unsere Intuition, sodass die Bewegungen von innen heraus ganz natürlich ausgeführt werden, statt mechanisch als „Aufgabe“ abgearbeitet.
Im Anschluss singen wir grundsätzlich sehr bekannte, fröhliche Lieder, die zum Thema passen. So erleben die SeniorInnen ihre Stimme deutlich kraftvoller und klarer als sonst, weil die vorangegangenen Körperübungen mehr Dynamik verleihen. Außerdem werden Lieder über die rechte, assoziative Hirnhälfte abgerufen. Auch Personen mit eingeschränktem Gedächtnis können plötzlich wieder flüssig mitsingen, unabhängig von Schädigungen in der linken, analytischen Hirnhälfte.
Lieder transportieren Emotionen und wecken Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. So verlassen alle Teilnehmenden beschwingt und lächelnd den Gymnastiksaal.

Bereits vor einiger Zeit habe ich mehrere Stundenkonzepte bei madoo hochgeladen. Dort teilen LogopädInnen ihre Übungen mit Kolleginnen. Bisher haben es drei Konzept auf die Website geschafft: Ein Tag auf dem Bauernhof,  Ein Tag am Meer und Ein Tag im Zirkus.
Eine Übungssammlung, die Atmung und ganzkörperliche Aktivierung verbindet, bietet sich für eigene Therapiestunden mit einzelnen PatientInnen an.
Wer mich über das Kontaktformular anschreibt, bekommt die Konzepte gern direkt zugesandt. Je nach Nachfrage veröffentliche ich sie auch hier auf dem Blog.