Im Moment ist es schlimm mit mir:
Da ich coronabedingt beruflich nicht als Kursleitung tätig sein darf, bin ich derart unterfordert, dass ich in meinen privaten Kleingruppen ständig eigene Impulse beitrage. Unsere neue Jahresstruktur in der Kirchengemeinde etabliert Semester, und für die Dauer eines Semesters können wir uns für verschiedene thematische Kleingruppen anmelden. Dass die Kleingruppen online stattfinden, ist zwar schade, füllt aber die zwischenmenschliche Leere zumindest etwas.
Da ich das Miteinander so vermisse und außerdem im innerlichen Leerlauf bin, weil ich nicht als Gruppenleitung arbeiten darf, explodiert nun all mein Ideenreichtum in den privaten Kleingruppen. Immer wertschätzend und immer zum Thema. Aber so offensichtlich, dass ich diese Woche offiziell von der Leitung ernannt wurde, den Abend zu gestalten.
Mein heißgeliebtes Thema „Körpergebete“ gelang trotz der Einschränkungen, die die Technik automatisch mit sich bringt. Ich hatte alle ermutigt, die Kamera und das Mikrofon auszuschalten, sodass sie unsichtbar und unhörbar mitmachen konnten. Das hielt ich für eine experimentelle, gelöste Atmosphäre sehr wichtig – hatte aber nicht bedacht, dass ich dadurch keinerlei Möglichkeit hatte, zu beobachten, wie es den Anwesenden mit meinen Anleitungen ging. Also befand ich mit zwei Stunden im Blindflug, unterbrochen von zwei Phasen, in denen ich die Teilnehmenden bat, ihre Eindrücke zu teilen.
Tags darauf hatte ich beim regulären Hauskreis den Vorsitz, weil die beiden offiziellen LeiterInnen einen neuen Kurs anboten. In diesem Fall hätte genauso gut jedeR andere aus unserem freundschaftlichen Kreis die Moderation übernehmen können, aber da ich die Erste war, die die Stille nicht mehr aushalten konnte und „Ich mach’s“ gesagt hatte, lag die Verantwortung bei mir. Für den Körpergebete-Abend hatte ich sowohl einen kompletten Ablaufplan als auch ein Skript für alle geschrieben, diesen Aufwand machte ich mir für den Hauskreis nicht. Neben den Standardvorbereitungen (thematisch passende Lieder bei youtube suchen und abspielen, Bibeltext des Abends lesen) dachte ich mir eine herausfordernde Frage zur Vertiefung der Diskussion aus, und das war’s auch schon.
Dennoch bekam ich ein Lob für meine Liedauswahl, meine sehr assoziative Frage stieß nach erster Irritation auf gute Antworten und alle bedankten sich mehrfach für meine Leitung. Hätte ich nicht gedacht, der Ablauf war eigentlich Routine: Für mich ein schöner Beweis, wie gut ich nach harten Jahren des Quereinstiegs als Veranstaltungsorganisatorin und Gruppenleitung in der Erwachsenenbildung am richtigen Ort angekommen bin!