aufmerksam

Kindermund: Neue Gentechnik

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Wir spielen mit meinem riesigen Fundus an täuschend echt aussehendem Obst und Gemüse Einkaufen, während ich Input zum Thema „Verbzweitstellung“ gebe.
Das Kind äußert Wünsche: „… und hier auch…. eine Apfelzitrone (Apfelsine)?“

Ich frage eine Sechsjährige, wie gut sie denn im Urlaub an die korrekte Zungenruhelage gedacht hat. Sie schaut mich mit großen Augen an und erklärt es mir:
„Weil da hatte ich so viel Spaß, da konnte ich gar nicht dran denken!“

aufmerksam

Kindermund: Polizei auf Abwegen

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Typische Barbie-Mädchen, die Glitzerpferde mit in die logopädische Stunde bringen, kommen bei mir nicht in den Genuss, ihre Gewohnheiten auszuleben:
Ich gebe ihnen grundsätzlich blaue oder grüne Trinkbecher (statt pinkfarbener) und entferne rechtzeitig die Playmobil-Prinzessin aus der Playmobil-Kiste, um sie zu verstecken. Falls auf der Prinzessin bestanden wird, statte ich sie mit Schwertern oder ähnlichem aus, damit das Mädchen lernt, dass Schönheit einem im Ernstfall nicht hilft (Schwerter langfristig auch nicht, aber das ist die nächste Lektion).
In diesem Zusammenhang meinte ein türkisches, sehr pink-liebendes kleines Mädchen in der Therapie während des Spielens:
„Polizei haben fliegende Teppich. Hier ist Königin-Polizei, die fliegt mit Teppich.“

Und die Moral von der Geschicht:
Türkan* konnte sich darauf einlassen, die Prinzessin wegzulassen und stattdessen in die Rolle der Polizistin zu schlüpfen, unter der Bedingung, dass die Polizistin im Herzen adelig ist.
Was soll ich da noch sagen?!

* Name geändert

aufmerksam

Ein Satz, der mich erfreut – Sechster Teil

Unterwegs in der Praxis vom Büro durchs Wartezimmer zum Therapieraum schnappte ich folgenden Satz auf:
„Das ist ja mal wieder typisch Frau Krüerke, nicht?“
Höchst interessiert, wer sich dort gerade mit meiner Chefin unterhielt, bog ich um die Ecke – und traf auf einen mir bekannten Patientenvater.
Ich grinste ihn an: „Ja ja, Herr Heinsen, typisch Frau Krüerke! Haben Sie mir etwas zu erzählen?!“
Er: „Ach, Frau Krüerke, wir bewundern hier Ihre Osterdekoration.“
Das Kind: „Du hast aber ein Osterei mit den Blumen falsch rum drauf gebastelt!“
Daraufhin erklärte ich: „Ich hatte ein bißchen Leerlauf. Zuerst habe ich die Zeitschriften im Wartezimmer geordnet, weil ich das Chaos nicht ansehen konnte. Dazwischen lagen ganz viele Werbezettel, die habe ich alle weggeschmissen – nur ein Reklameheft nicht, das kam aus der Gärtnerei. Weil ich noch fünf Minuten Zeit hatte, habe ich hier ratz-fatz aus den schönsten Blumenbildern ein paar Ostereier gefertigt und an die Tür geklebt. Und weil ich die Seiten von hinten zusätzlich verstärkt habe, schnitt ich sie mit Blick auf die Rückseite aus – so hängt der eine Rhododendron auf dem kleinen Ei über Kopf.“

(Namen wurden wie immer zensiert)

 

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aufmerksam

Anscheten, Herr Paster!

„Anscheten, Herr Paster!“ ist eine alte Redensart, hinter der sich ein Döntje verbirgt, das der aus alter Hamburger Juristen- und Pastorenfamilie stammende Franz Theodor Mönckeberg 1950/54 in seinem „Grabbelbüddel“ überliefert hat.

Im Religionsunterricht fragt ein kleiner Buttje den Pastor zur Allgegenwärtigkeit Gottes:
„Is der liebe Gott auch in unsern Garten?“
„Ja, Klein Bubi.“
„Auch in unsern Hausflur?“
„Auch dort.“
„Auch in Vater sein Weinkeller?“
„Er ist überall, also auch dort.“
„Anscheten, Herr Paster! Unser Vater hat gaakein Weinkeller!“

 

aus: Kleines Lexikon Hambuger Begriffe, Daniel Tilgner

aufmerksam

Kindermund: Ist das neu oder ist das cool?

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin
Dank des Einsatzes „unserer“ aktuellen Praktikantin erscheinen hier neue Kinder-Zitate:
Sie hat fleißig mitgesammelt und mich daran erinnert, sie auch online zu stellen
😉

Thema Nebensatzstellung anhand der Konjunktion „weil“, dazu einleitend die Frage nach dem „warum“.
Ich frage ein Kindergartenkind: „Warum brauchen wir Toilettenpapier?“
Er, schwer beschäftigt: „Erzähl ich dir gleich.“

Ein Kindergartenmädchen wurde von der Praktikantin nach einer Input- und Spielsequenz zurück an den Tisch gebeten. Während das Mädchen auf den Tripp-Trapp-Stuhl kletterte und versuchte, dabei auf dem Tisch zu entdecken, was als Nächstes passiert, fragte sie:
„Ist das neu oder ist das cool?“

Ein Schulkind erklärte angesichts des Stichpunktes „älter werden“ beziehungsweise „groß werden“: „Wenn ich acht bin, krieg ich ein Telefon, das heißt iPhone.“

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Mutterschaft? Für mich keine Option

Dies ist ein pointierter, gesellschaftskritischer Beitrag zur aktuellen Diskussion bezüglich der Stichpunkte „Wie weit sind wir in der Gleichberechtigung der Geschlechter gekommen?“ sowie der Frage „Lassen sich Familie und Berufstätigkeit für Frauen befriedigend verbinden?“
Ja, dieser Artikel ist einseitig.
Ja, er ist hart.
Ja, das mute ich meinen LeserInnen zu.

Ich liebe Kinder.
In der Praxis.
Außerhalb liebe ich es, mich zu entfalten und all das zu tun, was meiner Kreativität und meiner Lebenslust entspricht.
Ich bin täglich einen Großteil des Tages Vollblut-Therapeutin und gebe mein Bestes für kleine und große Patienten – aber meine Freizeit ist für mich unantastbar und ich stehe zu meinem Motto „Double income, no kids“.
Dabei finde ich es überaus unangebracht, wenn ich für meine Aussage „Kinder kriegen kommt in meinem Lebensplan nicht vor“ schief angeschaut werde und höre:
„Aber es passt so zu dir, mit Kindern umzugehen! Die Sehnsucht nach Familie kommt sicher noch, warte mal ab.“
Besten Dank! So sehr ich Menschen liebe: Es reicht mir völlig, eine unterbezahlte Logopädin zu sein. Unbezahlt Mutter spiele ich sicher nicht.

Dazu Caitlin Moran:
Dass Männer nie gefragt werden, wann sie Kinder wollen, liegt natürlich daran, dass Männer auch mit Kind im Großen und Ganzen ihren Stiefel weiter durchziehen und durchziehen können. So tickt unsere Gesellschaft eben immer noch.
(…)
Die Wahrheit ist: Wenn Frauen darauf angesprochen werden, wann sie Kinder wollen, schwingt eine ganz andere, hinterhältigere, aber wesentlich treffendere Frage mit. Wenn Sie genau hinhören, störende Geräuschquellen beseitigen und allen Anwesenden mit dem Finger auf den Lippen bedeuten, mucksmäuschenstill zu sein – dann können Sie sie hören.
Sie lautet: „Wann werden Sie sich wegen ein paar Blagen Ihr Leben versauen?“
Wann hängen Sie ihre Karriere freiwillig für mindestens vier Jahre an den Nagel -und zwar ausgerechnet in einem Alter, in dem die eigene Attraktivität, Kreativität und Energie normalerweise Höchstwerte erreicht -, indem Sie ein Baby in die Welt setzen? Wann werden Sie all Ihre Talente und Ambitionen auf Eis legen und sich rund um die Uhr um die Bedürftigkeit eines hilflosen Neugeborenen kümmern, ganz wie es sich übrigens gehört und schön ist?
Wann beenden Sie Ihre Karriere als Schauspielerin/Musikerin/Autorin/Managerin? Wann werden die ersten Löcher in Ihrem Lebenslauf auftreten?
Wann geraten Sie erst ins Hintertreffen und dann in Vergessenheit?
DÜRFEN WIR POPCORN KAUFEN, ES UNS GEMÜTLICH MACHEN UND DABEI ZUGUCKEN?

Wenn jemand eine Frau fragt: „Wann wollen Sie Kinder haben?“, fragt er in Wirklichkeit immer: „Wann sind Sie weg vom Fenster?“

Wobei interessanterweise standardmäßigWann wollen Sie Kinder bekommen?“ gefragt wird und nicht etwa: „Wollen Sie eigentlich Kinder?“ (…)
Den Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden, macht die Gesellschaft das Leben ziemlich schwer. Es wird nicht gern gesehen, wenn eine Frau sagt: „Ich will keine Kinder.“ oder: „Also ehrlich gesagt klingt mir das alles ein bißchen zu heftig.“
Wir werfen diesen Frauen vor, sie seien „egoistisch“. Gleichzeitig ruft das Wort „kinderlos“ negative Assoziationen hervor, die allesamt mit Mangel und Verlust zu tun haben. In unserer Vorstellung sind Nicht-Mütter wie drahtige einsame Wölfinnen – immer auf dem Streifzug und genauso unberechenbar und gefährlich wie Halbstarke. Oder Männer. Wir geben diesen Frauen das Gefühl, sie würden spätestens mit Mitte, Ende dreißig ihre eigene Lebensgeschichte mutwillig abbrechen, wenn sie „ihrer eigentlichen Bestimmung“ nicht nachkommen, sprich: sich gegen Kinder entschließen.
Männer wie Frauen hängen immer noch einem sich sehr hartnäckig haltenden Irrglauben an: dass nämlich eine Frau ohne Kind irgendwie unvollständig ist. Damit sind nicht etwa die biologischen Fakten gemeint – Fortpflanzung und Weitergabe der eigenen DNA als Daseinszweck jedes Lebewesens -, sondern dahinter steckt eine Unterstellung auf der persönlichen Ebene.
Eine hinterhältige, erniedrigende Unterstellung.
Sie besagt, dass eine Frau so lange ein Kind bleibt, bis sie selbst Kinder hat – und dass sie grundsätzlich erst dann zum Erwachsenenstatus „heranreift“, wenn sie ein junges Wesen auf die Welt gebracht hat. Dass es bestimmte Lebenslektionen gibt, die einzig und allein die Mutterschaft vermitteln kann – und dass jeder andere Versuch, zur entsprechenden Weisheit und Selbsterkenntnis zu gelangen, zwangsläufig nur ein mickriger, erbärmlicher Abklatsch ist. (…)
Das Alter hält für Frauen in der Regel weder Ruhm noch Ehre bereit – anders als Blake Carrington haben wir nichts, worauf wir uns freuen können. Unser großer Auftritt ist mit Ende der Brutpflege vorbei. Die Frauenfeindlichkeit – und Idiotie -, die hinter dem Ganzen steckt, verschlägt mir die Sprache.

Denn dieses Dekret, jede Frau müsse irgendwann zur Mutter werden, ist, bei Licht betrachtet, ziemlich absurd. Wer sich ein bißchen umschaut, der sieht sofort, dass es überall reichlich Babys gibt. Es ist wahrhaftig nicht nötig, dass wir alle welche in die Welt setzen.
Vor allem nicht in die Erste Welt. Erste-Welt-Babys verbrauchen Unmengen an Erdöl, Holz und Wasser; sie erzeugen gewaltige Müllberge und tragen mit jedem Bäuerchen zum Anstieg der Kohlendioxidbelastung bei.
(…)

Kein Mensch hat je ernsthaft behauptet, dass kinderlose Männer arm dran sind, einen integralen Teil ihres Mannseins verpassen und auf Dauer zu seelischen Krüppeln werden.
Da Vinci, van Gogh, Newton, Faraday, Platon, Thomas von Aquin, Beethoven, Händel, Kant, Hume, Jesus. Die sind offenbar alle auch ohne Kinder ganz gut klargekommen.
Jede Frau, die sich ganz bewusst, aus freien Stücken und leichten Herzens gegen Kinder entscheidet, erweist ihrem Geschlecht langfristig einen Gefallen. Wir brauchen mehr Frauen, die sich als Mensch behaupten, anstatt sich damit abzufinden, dass ihre Wertschätzung einzig und allein davon abhängt, ob sie mindestens einen neuen Menschen in die Welt setzt. Fünfzig Prozent dieser neuen Menschen sind wiederum Frauen, die sich womöglich wiederum damit abfinden, dass ihre Wertschätzung einzig und allein von der Frage abhängt, ob sie mindestens einen neuen Menschen in die Welt setzen. Undsoweiter undsoweiter undsoweiter……
Mutterschaft ist eine unglaubliche Berufung. Und trotzdem darf der Entschluss, dieser Berufung zu folgen, nicht automatisch höher bewertet werden als die Entscheidung einer Frau, auf Kinder zu verzichten und weiterhin ein selbstbestimmtes, den eigenen Neigungen und Talenten entsprechendes Leben zu führen. (…)

Für mich sind meine Kinder ein unglaublich wichtiger Teil meines Lebens. Trotzdem muss ich Ihnen eines sagen: als ich neulich in einer Ausstellung über Coco Chanel war, habe ich spontan gedacht, dass ihr Leben und Werk eine ganze Ecke beeindruckender ist als mein bisheriges. Es ist mir wichtig, das an dieser Stelle ganz offen zuzugeben.
Wenn Sie also wahnsinnig talentiert sind und überhaupt nicht der Gluckentyp – warum gehen Sie dann nicht einfach ihren Weg und genießen das Leben in vollen Zügen?
Inzwischen ist schließlich allgemein bekannt, dass sich durch aufopferungsvolle Plackerei kein Blumentopf gewinnen lässt.
Jesus führt kein Heiliges Märtyrerinnennotizbuch, in dem er jedes Mal einen Strich macht, wenn Sie einen Babyhintern abputzen.

aus: Caitlin Moran, „how to be a woman – WIE ICH LERNTE, EINE FRAU ZU SEIN“

 

Kinder sind großartig und ein Geschenk Gottes.
Wer mit Freuden freiwillig schwanger wird und Kinder bekommt: Genießt es. Mein Leben wäre ohne Kinder (d.h. die Kinder anderer Eltern) bedeutend farbloser und langweiliger.
Der Punkt ist: MEINS ist die Mutterschaft nicht.

 

Dazu passt ebenfalls dieser Artikel, den ich vor fast einem Jahr zitiert habe und bis heute sachlich und stimmig finde.

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Kindermund: Viele gute Schönnkse

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Wer weiß, wie die Mehrzahl von „Chance“ lauten muss?
Das lernte ich indirekt von einem Schulkind, das sich beschwerte, es bräuchte für ein gutes Ergebnis der Aufgabe noch mehr „Schönnkse“.

Ein Kindergartenkind malte einer Schnecke im Sprechzeichen (Schni-Schna-Schnecke schlüpf heraus, schlüpf aus deinem Schneckenhaus) ein paar Fühler.
Mit dem Kommentar: „Dann mal ich da Antennen ran…“

aufmerksam

Kindermund: Gentechnische Veränderungen

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein vierjähriges Mädchen antwortete auf meine Anweisung in der logopädischen Stunde ganz empört:
„Ich habe doch keine eins- zwei- drei Hände!“, während sie mir lebhaft ihre kleinen Finger zum Zählen vor das Gesicht hielt.

Ein kleiner Junge musste dringend auf Toilette und blieb dort eine Weile. Er hatte mir strengstens untersagt, mal nach ihm zu schauen; weshalb ich die Tür des Therapieraums weit offen stehen hatte, um ihn trotzdem zu hören, falls er mich rief.
Stattdessen hörte ich einen fröhlichen Gesang, in dem zwei Comic-Figuren zu einer verschmolzen: „Hey hey Wickie! Hey hey Wickie-Maus!“

aufmerksam

Ein Satz, der mich erfreut – Erster Teil

„Neeiiin, ich will nicht zum Tanzen, ich will zu Frau Krüerke! Katrin ist nicht Frau Krüerke, ich will wieder Logopädiiiiieee machen!“

Hintergrund: Mein persönliches Herzenskind, das viele Kilometer quer durch Hamburg für eine logopädische (Dreiviertel-)Stunde fuhr, hatte sich „leider“ so gut entwickelt, dass es keine therapeutische Indikation mehr gab. Bereits im vorbereitenden Gespräch, dass wir uns bald nicht mehr sehen würden, weil sie so gute Fortschritte gemacht hatte, hatte es große Tränen gegeben. Den obigen Satz zitierte die Mutter in einem Telefonat einige Wochen nach unserer Abschiedsstunde.

aufmerksam, glaubhaft

Tod und Sterben – Gespräch mit einem Kind

Vor längerer Zeit schrieb ich einen Bericht über das Buch „Weltwissen der Siebenjährigen“ von Donata Elschenbroich, in dem eine der Thesen war, dass sich jedes Kind mit der Sterblichkeit auseinandersetzen sollte.
In der vergangenen Woche entspann sich zufällig ein Gespräch über Tod und Sterben mit einem Fünfjährigen, der bis vor einiger Zeit so schlecht deutsch sprach, dass längere Unterhaltungen kaum stattfanden.
Aus der Erinnerung greife ich einige seiner Äußerungen auf, das Gespräch ist an dieser Stelle nicht vollständig.

Er: „Wenn ich tot bin, komm ich dann ins Krankenhaus?“
Ich: „Nee, dann können die Ärzte im Krankenhaus nichts mehr machen. Dann kommst du, hm, in die Erde.“ Ich hatte Angst, ihm davon zu erzählen, dass er in einen Sarg genagelt wird, deshalb ließ ich es weg, was sich sofort rächte:
Er: „Iiiiieh, nein, dann krieg ich Sand in den Mund!“
Ich: „Nee, kriegst du nicht, aber du merkst dann sowieso nicht, was mit dir passiert.“
Er: „Und was mach ich dann?“
Ich: „Nichts. Die ganze Zeit: Nichts. Aber das merkst du auch nicht, weil du tot bist – dann fühlt man nicht, dass man nichts macht.“
Er: „Und morgen?“ Er meinte den auf den Tod folgenden Tag.
Ich: „Dann machst du auch nichts und spürst auch nichts davon.“
Er: „Und dann morgen?“
Ich: „Wenn du erstmal tot bist, bleibt das so.“

Er: „Müssen Mama und Papa auch sterben?“
Ich, zögerlich: „Jaaa….“
Er, mit aufgerissenen Augen: „NEIN! Aber wer gibt uns dann Essen?“
Ich: „Mama und Papa sterben bestimmt erst, wenn du schon ganz groß bist. Dann bist du vielleicht selbst ein Papa und deine Brüder auch und dann arbeitest du und verdienst Geld und dann kaufst du selbst Essen.“

Er: „Sterben auch Babies?“
Ich: „Ja, aber meistens erst wenn sie ganz alt sind, wenn sie Omas und Opas sind und noch älter.“
Er: „Sterben auch (zählt verschiedenste Personen und Berufe auf)?“
Ich: „Jaaa, aber erst, wenn sie ganz alt sind.“
Er, erschrocken: „Aber dann ist hier ja keiner mehr! Dann sind ja alle tot!“
Ich: „Nein, es sterben mal hier eine Oma oder da ein Opa und währenddessen gibt es neue Babies, die irgendwo geboren werden, und dann gibt es immer Leute – alte und junge.“

Wir fuhren mit unserer Aufgabe fort.
Am Ende der Stunde, als wir seine Mutter herein riefen:
Er: „Mama, du musst sterben! Weißt du das?“
Sie: „Jaaa, weiß ich.“
Er: „Willst du das?“
Sie: „Nein, aber alle müssen sterben, auch wenn das keiner will.“

Zum Glück nahm die Mutter es ganz gelassen, dass sich ein Gespräch über ein derart „schwieriges Thema“ ergeben hatte – aber wenn es dran ist, ist es dran.