aufmerksam

Kindermund: Eine Frage der Betonung

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein Junge, 5 Jahre alt, bezüglich der Bildergeschichte „Kim gießt Blumen“:
„Die Blume hat Durst – sooo Durst hat die, die kriegt ein‘ Schluckauf!“

Mein Chef wedelt mit einer Akte herum, auf der ein Klebezettel mit der Aufschrift „Perfekt!“ klebt.
Er: „Marie, was heißt das hier auf deiner Akte?“
Ich: „Perfekt, warum?“
Er: „Wir haben nämlich überlegt, und ich dachte, es hieße etwas anderes…“
Ich: „Wieso, dachtest du da steht `perfekt!`? Also, dann könnte ich ja genauso gut `Marie, du bist so eine großartige Logopädin!` drauf schreiben, aber warum sollte ich das tun?“
Er: „Naja, ich dachte, vielleicht kam der Patient aus dem Urlaub zurück und hat einen großen Entwicklungsschritt gemacht und du warst begeistert…?!“
Ich: „Nee, das ist eine Erinnerung, dass ich mit dem Patienten das Perfekt übe.“

Jaja, so entstehen Gerüchte…

aufmerksam, kreativ

Kindermund: Hygienefallen lauern überall

Szenen aus dem Alltag einer Logopädin

Junge, 5 Jahre alt: „Deine Hose ist hässlich.“
Ich: „Ach. Warum denn?“
Er: „Weil man deine Füße nicht sieht.“

Ich desinfiziere mir die Hände, ein Sechsjähriger beobachtet mich dabei.
Ich: „Das stinkt ganz schön, ne?“
Er: „Jaahaa. Was ist das denn?“
Ich: „Damit mache ich mir die Hände ganz besonders gut sauber.“
Er: „Nee, das stinkt so, damit gehn die Hände nich sauber.“
Ich: „Doch, das ist extra starke Seife.“
Er: „Wie heißt’n das?“
Ich: „Hmmm… das ist ein schweres Wort… also man kann es „Stinki“ nennen.“
Er: „Nee, wie heißt das echt?“
Ich: „Des-in-fek-tions-mi-ttel.“

Ein Sechsjähriger erzählt von der Katze, die sie seit einigen Tagen haben.
Er: „Wir haben ein Katzenfutter gekauft, wo die Katzen richtig gut von werden.“

Wir spielen mit kleinen Fingerpuppen, um die Präpositionen zu üben.
Der Junge schaut in den kleinen Papagei hinein, ich frage:
„Was ist denn in dem Papagei?“ (nichts)
Kind: „Da drin ist Bakteriens.“

aufmerksam, kreativ

Kindermund: Anatomische Sonderausstattung

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Wir spielen das Spiel „Können Schweine fliegen?“, wobei es darum geht, Tiere bestimmten Eigenschaften zuzuordnen (legt Eier, gibt Milch, hat einen Schwanz/Flossen/Hufe, lebt im Wasser usw.).
Der Junge, 7 Jahre alt, Muttersprache nicht deutsch, zum Merkmal „vom Aussterben bedroht“ in sehr ernsthaftem Tonfall:
„Da sind viele verstorben.“
Und zum Merkmal „hat Fell“ ebenso sehr geschäftsmäßig und klar artikuliert:
„Das Fell ist weich.“

Heute erzählte mir die Mutter eines kleinen Jungen, dass er inzwischen komplett trocken sei.
Sie: „Und die letzten drei Nächte blieb die Windel sogar die Nacht über trocken. Da habe ich ihn drauf hingewiesen und gesagt, dass die Windel ja jetzt ganz weg bleiben kann.
Er meinte dazu: Dooooch, da war was drin, aber der Pillie hat das schnell wieder ausgetrunken!!!“

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Kindermund: Kaffee-Zwang

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein türkischer Junge, 5 Jahre alt, mit dem ich schon seit längerem das /sch/ übe, fragt mich nach der Stunde: „Welche Kinder müssen mehr das /sch/ üben, die hellen oder die dunklen?“
Ich schaue fragend, er: „Na, den dunklen Kindern muss man mehr helfen als den hellen, die machen alles richtig!“
Diese Beobachtung des Kindes und die Einteilung in „helle“ und „dunkle“ Kinder hat mich erschreckt. Ich erklärte ihm, dass es auch viele „helle“ Kinder gibt, die zu mir zum Üben kommen.

Ein Mädchen, mit der ich zum Kennenlernen Puppenhaus spielte, erzählte:
„So, und den Eimer, den tu ich erstmal auf die Wann-randa.“ (Veranda)
Später: „Jetzt kommt die Mutter und sagt: Kinder, ihr müsst aufschlafen!“
(Verschränkung der Wörter „einschlafen“ und „aufwachen“)

Wir spielen mit Tieren, unter anderem habe ich ein kleines Stoff-Nilpferd und einen Delphin. Das Kind greift in die Kiste und ruft: „Hey, Flippo!“
(Verschränkung von „Flipper“ und „Hippo“)

Junge, vier Jahre alt, als ich einen Schluck Wasser aus meinem Becher nehme:
„Ist das Kaffee?“
„Nein. Ich trinke Wasser.“
„Doch, du trinkst Kaffee!“
„Nein, schau mal, hier habe ich die Wasserflasche (halte sie hoch). Und in meinem Becher ist kein Kaffee, das ist auch Wasser.“
„Aber du musst doch Kaffee trinken!“
„Ich mag aber keinen Kaffee.“
„Doch!“
„Nein, ich finde Kaffee ekelig!“
„Gar nicht! Alle Großen trinken Kaffee! Du musst Kaffee trinken!“

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Kindermund: Die Zahnfee unterwegs

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein Junge, 7 Jahre alt, wird das erste Mal Bruder (noch ist das Geschwisterchen nicht da, aber Mama ist deutlich sichtbar schwanger). Wir üben Adjektive und gehen zu den Steigerungen über.
Das erste Beispiel, „hungrig – hungriger“ klappt gut. Dann sind zwei Frauen auf der Waage abgebildet. Statt „dick – dicker“ ruft er, ohne eine Sekunde zu zögern: „Schwanger – schwangerer!“

Mit einem anderen Jungen, 5 Jahre alt, übe ich das Partizip mit Playmobil-Figuren. Er sucht sich ein kleines Feen-Mädchen aus und meint:
„Hier ist ja die Zahnfee! Die ist bei dir!?“
Später erzählt mir die Mutter, dass er die Zahnfee sehnlich erwartet, aber leider kein Zahn wackeln will.

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Kindermund: Wilde Tiere

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ich lernte neulich, dass es wilde Tiere gibt, die „Korpssion“ heißen.

Außerdem ist das Erlernen fremder Sprachen, in diesem Fall des Deutschen, wegen der „Schatz-Wörter“ so langwierig – erklärte mir die Mutter eines Mädchens.
Ich fragte nach.
„Ja, wegen der Wörter-Schatz.“
Nun ahnte ich, dass sie den „Wortschatz“ meint – zugegebenermaßen ein recht ominöses und fast poetisches Wort, man könnte es auch „Wortwissen“ oder „Begriffsmenge“ nennen.

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Kindermund: Trauben-Träume

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Wir üben die Artikel mit Obst aus Plastik. Das Mädchen staunt darüber, wie echt die „Weinkräumen“ aussehen. Da sie /tr/ mit /kr/ vertauscht, wollte sie wahrscheinlich „Weinträumen“ sagen.
Ein schönes Wort, viel besser als die langweiligen „Weintrauben“.

 

Die Mutter eines Patienten (gebürtig aus Russland) berichtet mir auf dramatische Weise, wie heftig sie die letzten Tage unter einem grippalen Infekt gelitten habe.
Sie schließt mit den Worten „Ich war nicht mehr ganz dicht!“

 

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Kindermund: Neue Infrastruktur

Szene aus meinem Alltag als Logopädin

Wir üben das /sch/, der Junge soll ein Bild von einer Schiene benennen. Er überlegt, wie es wohl heißen könnte und ob das /sch/ darin vorkommt, dann meint er:
„Bahnstraße.“

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Kindermund: Bei uns im Garten…

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ich bespreche mit einer Erstklässlerin Präpositionen. Wir basteln ein Bild von einem Haus mit vielen Dingen darin, darüber, darauf, daneben, dahinter usw. In der darauf folgenden Stunde wiederholen wir und ich frage:
„Was ist hinter dem Haus?“
Sie: „Ein Vulkan!“
Ich schaue verdutzt.
Sie: „Ja, so ein Vulkan. Hm… ein Walkon.“
Da dämmert es mir…

 

Ich erkläre einer Fünfjährigen, was „Teekesselchen“ (Homonyme) sind – am Beispiel von Birne und (Glüh)birne.
Sie: „Ja, und: Schatz und Schatz!“
Sehr niedlich.

 

IMG_8035Eine Schatzinsel… ganz ohne Vulkan

 

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Kindermund: Rätsel um ein Tier

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Rate, rate, wer gemeint ist:

Manche nennen es Papogei, andere Pakagei, Gagei oder auch Popogei.
Mir kamen diese Bezeichnungen von Mädchen und Jungs zwischen 4 und 8 Jahren zu Ohren, und ich werde weiter sammeln. 😉