aufmerksam, kreativ

Selbstgebaute Meisen-Mensa im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“

Taaa-daaaaa:
Heute präsentiere ich stolz meine neu gebaute „Meisen-Mensa“ in meinem „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ zwischen Straße und Parkplätzen! Bestehend aus einem Besenstiel, den ich unterwegs mit dem Fahrrad aufsammelte, zwei Futtermöglichkeiten aus dem Baumarkt (gekauft von meinem Preisgeld) sowie Vogeldeko aus dem Müll. Alles zusammen strich ich mit weißer Grundierung an, um die Wettereinflüsse zu minimieren.

 

Leider scheinen die Vögel es in meiner Grünfläche direkt an der Durchgangsstraße zu ungemütlich zu finden: Bisher ist das Futter in beiden Spendern unberührt.
Einen Schutz gegen Ratten wollte ich noch um den Besenstiel fixieren, denn wenn wir eins haben, dann sind es Ratten. Aber selbst die haben sich an meiner „Meisen-Mensa“ bisher nicht gezeigt… gibt wohl stressbedingte Darmverschlingungen.

 

 

Parallel dazu sammle ich gerade die Samen einjähriger Stauden ein, um sie nächstes Jahr neu aussäen zu können. Wenn mir am Straßenrand „Schätze“ abgeblühter Blumen jenseits fremder Grundstücke ins Auge springen, wandern sie natürlich auch sofort in die Tasche meiner Regenjacke: Am Ende entsteht ein buntes Kuddelmuddel statt einer sortenreinen Trennung der Samen. Naja, so wild wie der Garten wächst, ist eben auch die Arbeit im Hintergrund (-;
Außerdem besorgte ich neulich im Baumarkt eine Packung Krokuszwiebeln, damit die Saison für Hummeln und Bienen so früh wie möglich starten kann: Durch den Klimawandel werden sie aufgrund steigender Temperaturen viel früher aktiv, finden dann allerdings noch kaum Nahrungsangebot. Ein Bienenbeet benötigt daher schon früh diverse Nahrungsquellen für die Insekten. Frühblüher brauchen Frost und sollten zwischen September und November gesetzt werden – doppelt so tief, wie die Zwiebel groß ist, und mit der kleinen Spitze (dem „Nubsi“) nach oben.

Alle sind jetzt in kleinen Gruppen eingebuddelt, auch wenn es sicher keine 60 Stück waren.

 

Mein „Garten-Café“ hat nun ein offizielles Schild erhalten, bestehend aus einem geretteten Blechteller, der hier eine zweite Chance bekommt. Mit Edding beschriftet, angenagelt – schon wirkt das Arrangement noch lauschiger und lädt dazu ein, den Straßenlärm einen Moment auszublenden.
Während die meisten Menschen im Park und auf dem Friedhof aktuell für den Winter Heide und Silberblatt pflanzen, hat irgendjemand sie weggeworfen. Anderer Leute Verlust ist mein Gewinn, so stehen neben dem Silberblatt vom letzten Jahr frische Calluna-Exemplare. Und für die Bepflanzung auf dem Balkon reichen die geretteten winterharten Sorten auch noch….

Nun sieht es hier richtig malerisch und herbstlich aus, so lange der Hausmeister nicht mit seinem Laubbläser herum fuhrwerkt.
Thema Laub: Im englischen Sprachraum gibt es den Spruch „leave the leaves“, direkt übersetzt „lasst die Blätter liegen“. Statt das Herbstlaub wegzurechen und im Frühjahr teuren Kunstdünger aufzubringen, ist es viel einfacher, schneller, günstiger und vor allem ökologischer, die Blätter einfach verrotten zu lassen. Ja, da, wo sie eben liegen. Wer will, braust mit dem Rasenmäher drüber, dann zersetzen sie sich auf Rasenflächen schneller. Nur Wege, auf denen Passant:innen bei Feuchtigkeit ausrutschen und hinfallen können, gehören natürlich geräumt. Auch hier: Die Blätter einfach in die Hecke schieben, die sich daraus die Nahrung für die neue Vegetationsperiode zieht, statt das Laub in Plastiksäcken zur Abholung an den Straßenrand zu stellen. Wer Angst hat, das im Laub diverse Schnecken und Käfer direkt neben den Stauden überwintern, kann es auch auf den Kompost werfen.

aufmerksam, kreativ

Im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ zieht der Sommer aus und der Herbst ein

 

Im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ an der Straße macht sich das Ende des Sommers bemerkbar:
In der Fläche zwischen Radweg, Parkplätzen und Durchgangsstraße wachsen lauter Pflanzen, die ich aus dem Müll gerettet und für eine „zweite Chance“ auf ein längeres Leben in der Brachfläche eingebuddelt habe. Inzwischen blüht deutlich weniger, dafür kann ich eifrig die Samen der Ringelblumen ernten. Manche Stauden blühen zum zweiten Mal, so wie der Rainfarn oder die Königskerze, die neu austreibt. So schenkt das Bienenbeet über die erste Blühsaison hinaus viel Nahrung.

 

 

 

 

Der Bistrotisch beherbergt inzwischen eine komplette Café-Szenerie inklusive Teekanne und einer Sauciere, die ich mit Sedum bepflanzte. Angesichts des plötzlichen Wechsels von 33° C mit Sonne auf 16°C mit heftigem Regen stehen die armen Dickblattgewächse kurz vor dem Ertrinken in ihrem edlen Porzellan-Zuhause.

 

 

In den heißen Spätsommertagen summte und brummte es sehr intensiv zwischen den Stauden, auch viele Wespen und Hornissen waren unterwegs auf der Suche nach Nahrung und Wasser. Beides bietet mein Nachbarschaftsbeet am Straßenrand zum Glück sehr reichlich…

 

Gleichzeitig trafen sehr erfreuliche Nachrichten zu meinem ehrenamtlichen Einsatz ein, die ich bald offiziell mitteilen darf.

 

Während ich weiterhin verblühte Stauden gegen frisch gerettete austausche, ist inzwischen das Arbeitstempo deutlich niedriger: Die meisten Blumen haben sich gut etabliert, manche versäen sich selbst, andere legen noch einmal deutlich an Wachstum zu: So entwickelt der Fingerhut, nachdem er sich von der Blüte regeneriert hat, aktuell eine drei Mal so große Basis aus bodenständigen Blättern: Wohl, um sich mit einem stabilen Zustand auf das Jahresende vorzubereiten…

 

aufmerksam, kreativ

Neues aus dem „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“: Von Rosen und Raupen

Hach, was freue ich mich an meinem Straßenbeet, genannt „Garten der zweiten Chance“.
Alle Stauden, die ich von öffentlichen Kompoststellen rette, finden hier zwischen Fuß- und Radwege sowie Straße ein Zuhause. Viele Pflanzen, die ich im Februar und März einsammelte, kommen nun so richtig in Schwung: nach der Hitze- und Trockenperidoe freuen sie sich über den Regen von ganzen zwei (!) Tagen. Und das in Hamburg, wo man uns doch nachsagt, wir wären immer in Regenjacken unterwegs… So blüht nun die größte meiner fünf Rosen, innen Sonnengelb und außen Kirschrot. Oder Mohnrot? Ich muss sie weiter beobachten
Immerhin hat der Starkregen die Blattläuse vertrieben, dabei knickte zwar Knospe Nr. 2 um, aber naja: Die Rosensaison geht ja erst los.

Farblich sehr schön passend blüht das Habichtskraut, bei dem Fachleute warnen, es würde sich wie verrückt ausbreiten. Da es von zahlreichen Insekten geliebt wird, hat es dazu meine offizielle Genehmigung! Überhaupt wird dieser Sommer zeigen, was genau ich eigentlich alles gerettet und eingebuddelt habe, wer überlebt und wer einen anderen Standort braucht. Ja, und sicher auch, wer stirbt – heute holte ich eine große Runde mehrerer besonders hübschen Heidepflanzen aus dem Boden, die einfach die krasse Sonneneinstrahlung nicht mögen (und deren Wurzelballen zu verfilzt sind, um langfristig anwachsen zu können).

Das grau-behaarte Zeug, das seeehr entfernt an Lavendel erinnerte und stark würzig riecht, entpuppt sich im Wachstum tatsächlich als Currykraut und wird aus dem halbschattigen Bereich in das Gebiet der Farne umgesiedelt: Letztere stehen in praller Sonne und brauchen einfach mehr Feuchtigkeit. Immerhin, ein kleines bißchen Schutz spenden die Blätter der jungen Linde inzwischen.

Ganz glücklich bin ich, dass die mageren Blättchen von neulich tatsächlich zu einer Campanula (Glockenblume) gehören, die erste beginnt gerade zu blühen. So, so schön – ich liebe alles, was an Waldgärten erinnert! Daneben nicken die zarten Blütenstände der Heuchera im Wind, und hinter dem Tipi aus Ästen wächst die Königskerze langsam, aber sicher zu einer ordentlichen Höhe. Ich nehme noch Wetten an, wer am Ende im Juli größer sein wird: Die Königskerze oder das Tipi?!

 

 

Auch über die Fingerhüte freue ich mich, sie stammen von einem großen Sandberg neben einem neu gebauten Geschäftskomplex in der Nähe. Zuerst war ich mir nicht hundertpro sicher, ob die zaghaften Blattrosetten mal Fingerhut oder doch Königskerzen würden – beide mag ich sehr, also kam es nicht drauf an. Sie schenken ganz wunderbar Höhe im hinteren Teil des Beets und werden den Sommer als Teil des „Bienengarten“ große Mengen an Insekten beglücken.

 

 

Zwischendurch blieb eine (mir fremde) ältere Dame stehen und befragte mich, ob ich das Beet „ganz aus eigenem Antrieb angelegt“ hätte. Ja, und auch ganz ohne Hilfe! Ich erklärte ihr, dass nur Pflanzen und Gegenstände aus dem Müll hier einziehen dürften, um darauf hinzuweisen, dass vieles auch jenseits der erwarteten Lebensdauer eine Daseinsberechtigung hat.

Zum Schluss ein Blick auf meinen kleinen Freund, den Marienkäfer: Endlich ist er da, ich habe schon so nach ihm gesucht, da ich genügend Futter in Form von Blattläusen fand!
Genug geschnackt, ich muss wieder runter ins Beet: Nacktschnecken und die Raupen des Frostspanners absammeln, juhu!