aufmerksam, glaubhaft

Die Liebe überwindet alles

Kreuzstichbild aus Finnland mit schwedischen Text
„Kärleken övervinner allt“
„Die Liebe überwindet alles“

Das Wort „Liebe“ löst in uns zuerst Bilder von glücklichen Paaren aus. Die romantische Liebe hat den Begriff derart besetzt, dass alle anderen Formen der Liebe nachrangig sind:
Selbstliebe, Mutter- oder Vaterliebe, freundschaftliche Zuneigung, spirituelle Liebe. Die „richtige Art“ von Liebe scheint romantisch und sexuell zu sein, alle anderen Bedeutungen müssen dahinter zurück stehen.

„Liebe nimmt alles auf sich, sie verliert nie den Glauben oder die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.“ aus der Bibel, erster Brief des Paulus an die Christen in Korinth, Kapitel 13, Vers 7
Wenn wir dieses Zitat lesen, denken wir automatisch daran, wie „die perfekte Liebe“ uns anfeuert, um für unsere Beziehung auch in schwierigen Momenten zu kämpfen. Das höchste Ideal, das wir in der postmodernen Welt haben, ist die umfassende, sexuelle Liebe zu einer anderen Person. Dabei ist mit dem Wort „Liebe“ in diesem Vers überhaupt nicht die Ehefrau oder der Lebensgefährte gemeint.

„Wenn ich in den unterschiedlichsten Sprachen der Welt, ja, sogar in der Sprache der Engel reden kann, aber ich habe keine Liebe, so bin ich nur wie ein dröhnender Gong oder ein lärmendes Becken. Wenn ich in Gottes Auftrag prophetisch reden kann, alle Geheimnisse Gottes weiß, seine Gedanken erkennen kann und einen Glauben habe, der Berge versetzt, aber ich habe keine Liebe, so bin ich nichts.
Selbst wenn ich all meinen Besitz an die Armen verschenke und für meinen Glauben das Leben opfere, aber ich habe keine Liebe, dann nützt es mir gar nichts.
Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht verbissen, sie prahlt nicht und schaut nicht auf andere herab.
Liebe verletzt nicht den Anstand und sucht nicht den eigenen Vorteil, sie lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend. Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt.
Liebe nimmt alles auf sich, sie verliert nie den Glauben oder die Hoffnung und hält durch bis zum Ende. Die Liebe wird niemals vergehen.“ Erster Korintherbrief Kapitel 13, Verse 1-8

In diesem Kontext redet niemand von zwei Liebenden, von Romantik, Sex, Abenteuer oder einer gemeinsamen Familie. „Die Liebe“ meint hier eine Kombination aus Frieden, Wohlwollen und Respekt. Das, was wir alle im Alltag so dringend brauchen. Das, was uns mit uns selbst, mit Gott und mit unseren Mitmenschen verbindet. Das, was uns zufrieden macht und die Welt zu einem Ort, den alle genießen.
Die Liebe überwindet alles.

aufmerksam, glaubhaft

Warum die Kirchen aussterben

Dom in Turku, Finnland

In Deutschland sterben die Kirchen langsam, aber unaufhaltsam aus, weil ihnen die Mitglieder weglaufen. Obwohl ich gläubig bin, denke ich oft: Selbst schuld.
In vielen Kirchen wird eine Sondersprache gesprochen, die sich keinem normalen Menschen erschließt. Wer möchte, das die Botschaft ankommt, sollte sie verständlich formulieren. Und wer möchte, dass Interessierte kommen, sollte so einladen, dass sich möglichst viele angesprochen fühlen. Wenn ich in einem fremden Gottesdienst bin, habe ich selten Lust, irgendwelchen öden, verschwurbelten oder geheimnisvollen Einladungen zu folgen. Oft habe ich den Eindruck, dass Einladungen zum Kirchenkaffee oder Gebetstreffen oder Grillabend so unsexy wie möglich als reine Pflicht herunter gespult werden, weil niemand möchte, dass wirklich fremde Gesichter auftauchen. Alle jammern, weil die Alten wegsterben und die Jungen weglaufen. Aber dass jemand Neues in die verschworene Gemeinschaft eindringt? Bloß nicht! Lieber machen wir in zehn bis zwanzig Jahren die Kirche dicht!
In meiner neuen Gemeinde stellt sich jeden Sonntag der Pastor vor und die Person, die moderiert, ebenfalls. Vor jedem Abendmahl wird erklärt, was jetzt warum passiert und dass alle mitmachen können, die eine Beziehung zu Gott haben. Wer jeden Sonntag dabei ist, findet früher oder später, dass diese tägliche Vorstellung oder die diversen Erklärungen doch mal weglassen werden könnten. Wer so denkt übersieht, dass sie selbst vor einiger Zeit neu und dankbar über genau diese Informationen waren. Wenn wir wollen, dass Gäste kommen und sich langfristig wohlfühlen, müssen wir ihnen einen Grund dazu geben. Wenn ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden und sie sich weder wertgeschätzt noch ernstgenommen fühlen, werden sie nie wiederkommen. Und je weniger Gäste kommen, desto weniger Gäste folgen ihnen.

Keiner da? Krippe in der Mikealskirke, Turku, Südfinnland

Auf der anderen Seite brauchen Kirchen ein klares Profil. Wenn die Pastorin eine Mischung aus dem Parteiprogramm der Grünen mit Sprüchen aus dem Yogakurs vermengt und als Predigt präsentiert, fehlt etwas. Das Alleinstellungsmerkmal, das ChristInnen haben: Dass Gott uns so sehr liebt, dass er seinen Sohn Jesus als Wiedergutmachung für die Scheiße in unserem Leben hat sterben lassen. Und dass Jesus auferstanden ist, weil seine Macht größer als der Tod ist. Dass Jesus mit jedem Menschen befreundet sein und uns im Alltag helfen will. Dass er uns von allem befreit, was unsere Herzen und Körper gefangen hält. Dass er unser Leben so viel spannender, friedlicher und kraftvoller machen möchte, als wir uns das jemals hätten ausdenken können. Und dass nach diesem Leben die Ewigkeit auf uns wartet: Harmonie, Freude, Genuss und Party in unvorstellbarem Ausmaß erwarten uns dort.
Das ist eine fantastische Botschaft, die es wert ist, dass möglichst viele sie hören und zu einem erfüllten Leben finden.
Warum verstecken wir die Power von Gottes Wort hinter altmodischen Ritualen und unverständlichen Worten? Warum lassen wir lieber Leute draußen stehen, als uns für sie und ihre Lebensgeschichte zu öffnen?

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Scheißtage und schöne Tage

Finnischer Regen liefert gratis Sonnenschein mit

Gestern war der mit Abstand beschissenste Arbeitstag des bisherigen Jahres. Ich bin gern außerhalb meiner Komfortzone unterwegs, wäre ich es nicht, würde ich heute noch als Logopädin mit Kindern arbeiten. Stattdessen gestalte ich Veranstaltungen mit SeniorInnen, entwickle mein eigenes Atemtherapie-Konzept und schreibe darüber ein Buch.

Aber gestern war ich so viele Seemeilen außerhalb meiner Komfortzone, während ich ein negatives Statement nach dem anderen ab bekam, dass es mich aus dem Gleichgewicht warf. Nach einer kurzen, unruhigen Nacht stand ich heute Morgen auf und las vor dem Frühstück die Losung des Tages. Der aus einer Lostrommel gezogene Bibelvers für heute heißt:
„Der Herr, dein Gott, wandelte dir den Fluch in Segen um, weil dich der Herr, dein Gott, lieb hatte.“ 5. Buch Mose Kapitel 23, Vers 6
„Na denn, Gott,“ dachte ich, „das tröstet mich etwas. Mal gucken, wie dieser Tag verläuft.“

Und schon ging der Segen los: Ein Pfund Hamburger Erdbeeren auf dem Markt bekam ich für zwei Euro, ein Kilo heimische Kirschen für vier Euro. Und der Antipasti-Stand war wieder da, mit Antipasti kann man mich immer erfreuen (oder trösten). Im Antiquitätengeschäft schräg gegenüber entdeckte ich ein gerahmtes Aquarell für schlappe fünf Euro und zog aus der „Kostenlosen Kiste“ eine weiß-blaue Vase. Im Supermarkt gab es wunderbare Balkonpflanzen als Ersatz für die vertrockneten Exemplare, die unseren Urlaub nicht überlebt haben. Und ein Sonderangebot meiner Lieblings-Nussriegel für mein 16:30-Uhr-Tief fiel mir auch in die Hände.
Zurück zu Hause zog ich einen netten Brief aus dem Briefkasten, der mir das Honorar einer Zeitschrift versprach, für die ich eigentlich ehrenamtlich schreibe.

Was soll ich sagen? Gott liebt mich, das hat er mir in knapp anderthalb Stunden so intensiv und eindeutig gezeigt, dass ich meinen Frieden mit den Konflikten von gestern machen kann.

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Unterwegs in einer neuen Kirchengemeinde: Zwischenstand


Nach über zwölf Jahren habe ich mich aus meiner Kirchengemeinde abgemeldet und begonnen, eine neue Heimat für meinen Glauben zu finden. Gleich in der ersten Kirche traf ich nette ChristInnen aus dem Nachbarstadtteil, wo wir uns jede Woche zum privaten Gebetskreis versammeln. Der Gottesdienst dort gefiel mir weniger, sodass ich die Partnergemeinde in einem anderen Viertel ausprobierte. Dorthin gehe ich seitdem in den Gottesdienst, wie ich hier schon beschrieb.
Seitdem nahm ich an einer Infoveranstaltung über die verschiedenen sozialen Engagements der Gemeinde sowie mögliche Ehrenämter teil. Außerdem traf ich mich mit anderen Neuankömmlingen nach dem Gottesdienst im Garten hinter der Kirche zum Kennenlernen. Vor Kurzem fand ein Abend über die historischen Hintergründe und organisatorischen Strukturen der Gemeinde statt. Hier wird wirklich alles getan, damit sich Neue wohlfühlen und zügig orientieren können.
Die Gemeindeleitung empfiehlt allen, die aus anderen Kirchen kommen, ein Jahr lang nur zu schnuppern – ohne Eintritt, ohne Verpflichtungen wie Ehrenämter o.ä. Einerseits, damit die Neuen sich wirklich sicher sind, dass sie bleiben wollen und sie nicht nach wenigen Monaten wieder weiter ziehen. Andererseits, damit die Gemeinde sich darauf verlassen kann, dass neue Mitglieder eine bewusste Entscheidung getroffen haben und wirklich bleiben wollen. Ein sehr sinnvolles System, finde ich. Auch, weil ich auf diese Weise in einem entspannten Kennlernmodus bleiben kann und nicht das Gefühl habe, mich schnell entscheiden und verpflichten zu müssen.
Dank meines Buchprojekts sehe ich sowieso keine zeitlichen Lücken, in die momentan ein Ehrenamt passen würde. Ganz abgesehen davon hat mich das Schreiben am Manuskript, die Recherche und die Bewerbung beim Verlag so viel Energie gekostet, dass ich innerlich gar nicht frei bin, mich kirchlich zu engagieren.
Daher genieße ich weiter die Gottesdienste und das anschließende persönliche Gebet, kleine Begegnungen zwischen Tür und Angel und den wöchentlichen Gebetskreis in der Nachbarschaft. Natürlich freue ich mich darauf, bald engere Beziehungen aufzubauen. Hier und heute fehlt mir dazu die Kapazität, aber eine Woche in Dänemark als Gemeindefreizeit für alle Generationen ist für den Herbst geplant. Spätestens dann habe ich jede Menge Zeit, mehr Kontakte zu knüpfen.

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Gebet: Gefaltete Hände wirken stärker als geballte Fäuste

 

Beten heißt:
auf Wegweisung und Instruktionen hören,
mit einem Herzen, das ihm zugewandt ist;

es ist ein Gespräch zwischen Vater und Kind.

Corrie ten Boom

Gebetet hat JedeR schon einmal. Auch ohne gläubig zu sein, schicken viele angesichts schlechter Nachrichten ein „Bitte, bitte nicht“ oder ein „Hilf mir“ in die Weiten des Universums. Wer aktiv betet, richtet sich damit an Gott und glaubt, dass er (oder sie…) uns erhört. Doch selbst Menschen, die sich als gläubig bezeichnen, haben immer wieder ihre Fragen und Schwierigkeiten mit dem Gebet. Viele müssen erst lang genug versuchen, ihre Probleme allein in den Griff zu kriegen, bis sie ans Beten denken. Und es auch tun…

Das Gebet sollte unser Steuerrad und nicht unser Ersatzrad sein.

Vom Pastor, der es als unnötig ansieht, zusammen mit seiner Frau für eine neue Wohnung zu beten bis zur Freundin, die verspricht, für mich zu beten -nachher, wenn sie wieder alleine ist. Oft fällt es uns schwer, gemeinsam (laut) zu beten. Wir genieren uns, suchen nach den passenden Worten oder flüchten uns in religiös klingende Floskeln.

Das Größte, was ein Mensch für einen anderen tun kann, ist, dass er für ihn betet.

Wie wertvoll erlebe ich es, wenn ich auf meiner Suche nach einer neuen Gemeinde eingeladen werde, nach dem Gottesdienst nach vorn zu kommen und für mich beten zu lassen. Auch wenn es für wildfremde Menschen schwer ist, sich anhand meiner paar Sätze die passenden Worte und Wünsche einfallen zu lassen: Umso mehr beeindruckt mich, wie klar Gottes Wort durch Fremde in mein Leben spricht.

Der Feind hält es für äußerst wichtig, unser Gebetsleben durch Kleinglauben, Zeitmangel und Zweifel zu zerstören.
Der Teufel lacht oft, wenn wir arbeiten, aber er erbebt, wenn wir beten.

Wenn Verunsicherung und Entmutigung um sich greift, finde ich nur langsam dort hinaus. Sehr wohltuend und kraftvoll wirkt in solchen Momenten der Zuspruch von anderen Betenden, die Angriffe des Bösen als solche erkennen und mir Gottes Schutz zusprechen.

Der Herr hat keine Probleme. Er hat Pläne! Darum gibt es im Himmel nie eine Panik. Und auf Erden sind wir zu einer lebendigen Hoffnung berufen.

Wenn ich um Weisheit ringe und mich zutiefst danach sehne, zu erkennen, welcher Schritt als nächstes dran ist, hilft mir Gottes Perspektive. Entweder, weil ich sie selbst im Gebet entdecke, oder weil andere mich darauf hinweisen. Oft genug fragen wir Menschen uns, ob Gott wirklich, wirklich mit jeder Faser seines Seins das Beste mit uns vorhat. Viel Scheitern passiert, weil wir eben nicht davon überzeugt sind, dass Gott es tatsächlich gut mit uns meint. Wir misstrauen ihm und nehmen uns selbst damit viel Lebenskraft. Wie eine heilende Creme auf einer ständig aufplatzenden, eitrigen Wunde erlebe ich es, wenn andere mir versichern, dass Gott wirklich, wirklich mein Bestes will. Und nur mein Bestes. Auch wenn ich hier und heute nichts tun kann, als ihm mein Leben hinzuhalten und zu vertrauen, dass er als mein Schöpfer weiß, was er tut und was mir weiterhilft.

Herr, hab Dank, dass du nicht einen großen Glauben verlangst, sondern Glauben an einen großen Gott.

Alle Zitate, auch die Überschrift, stammen von Corrie ten Boom.

 

Wie ein Hirsch sich nach frischem Wasser sehnt, so sehnt sich meine Seele nach dir, Gott.
Paslm 42, Vers 2

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Sternstunden und Sternschnuppen

Letzte Woche gestaltete ich den „Musikalischen Nachmittag“ mit Abend- und Gute-Nacht-Liedern. Da es kein gemeinsames Singen zu später Stunde gibt, beschloss ich, die liebsten Abendlieder der SeniorInnen einfach mal am Nachmittag zu singen. So früh, wie es dunkel wird, fällt das gar nicht groß auf…
Zwischendurch machten wir Pause, um aus gelber und cremefarbener Pappe Sterne auszuschneiden (ich hatte mit einer Schablone vorgearbeitet und für alle arthritischen Finger bereits einen Schwung Sterne ausgeschnitten). Darauf sollte eine „Sternstunde“ in diesem Jahr notiert werden –  ein Dank. Und auf die Rückseite eine „Sternschnuppe“ für das kommende Jahr – ein Wunsch.
Im Anschluss ging es mit Englisch weiter, hier hatte ich mir mit einem Blick auf den Kalender als Thema „Thanksgiving – Count your blessings“ ausgedacht. Dabei tauchte die Schwierigkeit auf, dass ein Herr meinte, er fände das mit der Dankbarkeit sehr schwierig. Weil er nicht wisse, wem er danken solle: Für den schönen Urlaub, die Gesundheit, dass er sich im Haus wohlfühlt. Ihm fehlte ein Adressat für den Dank, was in der Gruppe mit Befremden aufgenommen wurde, ich aber sehr gut nachvollziehen konnte. Auch weil ich etwas Mitleid mit seinem leeren Stern hatte… 😉
Wem danken wir dafür, dass wir in einem sicheren, wirtschaftlich starken Land leben? Dafür haben wir nichts geleistet. Dass wir hier geboren wurden und nicht im Slum in Indien, ist nicht unser Verdienst. Wem danken wir, dass wir dieses Jahr gesund und im Straßenverkehr bewahrt blieben? Auch dafür haben wir nichts geleistet. Wem danken wir, dass das Geld reichte? Natürlich haben wir dafür gearbeitet, aber dass es letztlich reichte und noch etwas für Schokolade und Urlaub übrig war, das hätte auch anders ausgehen können.
Vieles liegt nicht in unserer Hand. Wir meinen, wir könnten unser Leben kontrollieren, indem wir uns an die Regeln halten und allgemein „unser Bestes geben“. Dass wir vor Arbeitslosigkeit verschont blieben, die Freundinnen und Familienmitglieder gesund und munter sind, das Haus warm und stabil ist, der Bus täglich pünktlich fährt, der Supermarkt vor Nahrungsmitteln überquillt – all das liegt nicht in unserer Macht.

So bleibt die Frage, wem wir dafür danken.
Wer an Gott glaubt, hat eine Adresse. Diese Adresse eignet sich nicht nur für Dankbarkeit, auch für Enttäuschung, Anklage und geplatzte Träume. Natürlich sind wir selbst es, die unser Leben täglich füllen. Und dennoch gibt es keine Geling-Garantie. Weshalb Dankbarkeit uns immer wieder neu vor Augen führt, was uns im Alltag geschenkt wird. Was uns zufällt, oft unverhofft. Meist gehen wir achselzuckend daran vorbei oder glauben, es verdient zu haben. Aber warum sollten wir es verdient haben, und andere nicht? Wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch gleich wertvoll ist?
Dankbarkeit hilft, jenseits des Machbarkeitswahns das im Blick zu behalten, was uns geschenkt wird. Unverhofft. Unverdient.

Die beschrifteten Sterne klebte ich an die „goldene Wand“ in der Lobby, sodass alle BewohnerInnen und BesucherInnen einen Blick darauf werfen können. Wer wollte, konnte den Stern auch leise für sich beschriften und unter Ausschluss der Öffentlichkeit mitnehmen.

Verlinkt mit CreaDienstag, ein kleiner blog, Meertje, HandmadeOnTuesday und DienstagsDinge.

aufmerksam, glaubhaft

Dankbar, überrascht, enttäuscht, erleichtert und dankbar.

Erntedank ist nach dem Sommerurlaub, in dem ich zum ersten Mal in Ruhe innehalte und einen Blick auf meinen Alltag werfe, bereits der zweite Rückblick auf das aktuelle Jahr. Noch nicht so endgültig wie Silvester, aber doch eine deutliche Zäsur. Vorrangig deshalb, weil es für mich schon lange eine Tradition ist, zum Erntedank-Gottesdienst etwas mitzubringen, wofür ich dankbar bin. Ein Erntedankfest ohne Gemeindemitglieder, die nacheinander vorn am Mikro stehen und aus ihrem Leben erzählen, ist für mich kein Erntedank. Es wird für überstandene Krankheiten gedankt, für Omas, die immer noch leben, für erfolgreiche Bewerbungen, für gesunde Babies, für ein Leben nach dem Verkehrsunfall, für abgewendete Insolvenzen, für glückliche Ehen. Auf dem Altar liegen dann verbeulte Verkehrsschilder, Schnuller, Urlaubsfotos, Hochzeitserinnerungen, neue Haustürschlüssel und Röntgenbilder. Früher oder später wird immer geheult, und ein Erntedank ohne Glückstränen für das gelungene Leben anderer ist für mich kein Erntedank. Entsprechend schaue ich in den Wochen vor dem Festgottesdienst auf mein Leben und überlege, wofür ich besonders glücklich bin. Und was ich als Symbol dafür mitbringe. Manchmal musste ich Erntedank während Krisenzeiten feiern, da liefen nicht nur Glückstränen. Aber auch, denn das Glück anderer gibt auch denen Hoffnung, die gerade nicht fröhlich am Mikro stehen und der ganzen Gemeinde ihr Leben zeigen möchten.