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Was ich während der Gemeindefreizeit auf Römö lernte

Gott sorgt für uns
– Anfahrt zum Resort: Das Navi wollte nicht mehr, wir fuhren direkt hinter dem Damm am Beginn der Insel an den Straßenrand. Sven*, ein etwas verpeilter Mann aus der Gemeinde, erkannte versehentlich unser Auto, drehte um, fuhr zu uns ran und fragte, wie er uns helfen kann. Wir sollten einfach hinter ihm her fahren. (* Name geändert)
– Mittags zwischen zwei Veranstaltungen, ich hatte Hunger und keine Zeit zum Kochen: Unsere Nachbarin brachte einen Rest selbstgemachte Pizza und eine Schale Gulasch vorbei.
– Wir wollten reiten, es goss heftig und hagelte. Nach 20 Minuten warten und Gebet, pünktlich zum Start des Ausritts, kam die Sonne raus. Und blieb. Bis wir 2,5 Stunden später auf den Pferden zurück auf die Koppel kamen, dann rasten die Wolken heran und es schüttete wie aus Kübeln.
– In Ribe diskutierten wir in einem Café den Weg zur Insel Mandø. Ein Mann am Nachbartisch merkte, dass wir nicht vorwärts kamen und ohne Gezeitentabelle eh keine Entscheidung treffen konnten. Also sprach er uns an, zeigte die Gezeitentabelle auf seinem Handy und erklärte uns die beste Überfahrt. Wie fuhren dann letztlich doch nicht durch´s Watt auf die Insel, aber wir hätten alle notwendigen Infos gehabt.

Wir haben fantastische Talente und Profis in der Kirche
Das Vorurteil Christen gegenüber ist oft, dass die, die an Gott glauben, es nötig haben:
Der öffentlichen Meinung zufolge ist Kirche voller Schnachnasen, Softies und Verlierer.
In meinem Leben gehörte ich bisher zu vier Kirchen, inklusive der aktuellen. Nicht immer war ich Mitglied, eine besuchte ich auch nur ein Jahr lang im Rahmen meines Freiwilligen Sozialen Jahrs. Dass Gemeinde das Sammelbecken für chronisch Kranke, Übersensible und Ewiggestrige ist, fand ich noch nie.
Dass Gemeinde voller Talente steckt und von leidenschaftlichen Profis überquillt, erlebte ich während der Woche auf Römö ganz intensiv:
Wir haben IllustratorInnen, ChefredakteurInnen, Hamburger MeisterInnen, Agenturleiter, Kommandoführer, AutorInnen, ChefärztInnen und ProfimusikerInnen in einem Raum. Dazu jede Menge talentierte Jugendliche und ältere Semester, die zwar keine glänzenden Titel am Revers tragen, aber mich einfach mal knuddeln und küssen. Ist auch eine Menge wert, so ein Chefkoch oder Art Director hält ja nicht unbedingt die Seele warm… 😉

Großzügig sein ist eine Gabe und Aufgabe
… die wir ganz schön verkackt versäumt haben. Damit, das Essen von Nachbarn aus den umliegenden Ferienhäusern anzunehmen, hatten meine Freundin und ich kein Problem. Damit, andere einzuladen oder zu gemütlichen Treffen eine Schachtel Pralinen beizutragen, auch nicht. Aber aus heiterem Himmel mal kurz das frische gekaufte Brot halbieren und abgeben, das war uns nicht möglich. Wir fanden es in dem Moment beide selbst peinlich, aber konnten nicht über unseren Schatten springen. Unsere Nachbarin zog weiter, und wir saßen am Tag darauf zu dritt beim Frühstück statt zu fünft. Das halbe Brot hätte also mehr als gereicht, wir hätten es problemlos abgeben können.
Und selbst, wenn unser Brot knapp geworden wäre, hätten unsere Gäste mehr als genug mitgebracht.
Kurz: Es gab keinen Grund, knauserig zu sein, Gott hätte uns so oder so versorgt.
In diesem Fall hatten wir einen akuten Brotüberfluss. Echt peinlich.

Die nächsten Tage sagte meine Mitbewohnerin dementsprechend ständig: „Und wieder hat Gott aus wenig viel gemacht“, weil dauernd Essen über war, oder wir auf andere Weise versorgt wurden.

Die nettesten Begegnungen gibt´s im Whirlpool
Ein viel zitiertes Gerücht meiner (sehr großen) Gemeinde besagt, dass eine Woche Gemeindefreizeit so viele Erlebnisse und Begegnungen schafft wie drei Jahre zum-Gottesdienst-kommen. Das kann ich nur teilweise bestätigen, aber ich habe ja auch nicht das komplette Programm von Workout über Whisky Tasting bis Running Dinner mitgemacht. Eine kleine Auszeit mit einem Roman auf der Sonnenterrasse muss auch mal sein, finde ich. Oder ein Spaziergang allein auf dem Deich.
Sollte die Lust nach Gemeinschaft unstillbar erscheinen, reicht es, sich in einen Whirlpool zu setzen und abzuwarten, wer dazu kommt. Oder in einen bereits besetzten Whirlpool dazu zu steigen. Natürlich ergeben sich jetzt nicht sofort tiefe Freundschaften zu bisher Fremden, nur weil man weitgehend nackt im Sprudelbecken sitzt. Aber es hilft, um lose Kontakte zu knüpfen oder erstmal mit Small Talk einzusteigen. Und manchmal kommen beim offenen Café-Haus, die reihum von verschiedenen Familien im eigenen Ferienhaus veranstaltet werden, plötzlich Leute auf mich zu und sagen: „Dich kenne ich schon lange vom Sehen, wer bist du eigentlich?“
Muss man gar nicht unbedingt nackt für sein…

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Neues Leben aus toten Herzen

Gott versichert uns:
„Ich will ihnen ein ungeteiltes Herz und einen neuen Geist geben.
Ja, ich nehme das versteinerte Herz aus ihrer Brust und gebe ihnen ein lebendiges Herz.“

aus der Bibel, Buch Hesekiel, Kapitel 11, Vers 19

 

„Mach dich zum Leben auf!
Lebe!
Freude wird deinen Geist erfüllen.
Deine Augen sehen wieder die Blume, die blüht.
Deine Ohren hören wieder den Vogel, der pfeift.
Du arbeitest mit deinen Händen.
Herrlich schmeckt ein Stück Brot, ein Glas frisches Wasser…
Du wirst spüren: Wir sind gemacht für die Freude.“

Phil Bosmans

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Wirksame Waffen gegen Angst in der Nacht


Wer eine ausgeprägte Intuition hat, oder eine tiefe Gottesbeziehung, kennt diese Momente:
Wenn wir plötzlich die sichtbare oder unsichtbare Gegenwart des Dunklen spüren, die uns bedrängt. Oft nachts, wenn wir scheinbar schutzlos schlafen.
Grad neulich sprachen wir in der Kirche darüber, und mein Gegenüber hat mich eindrücklich und kraftvoll daran erinnert: Was auch immer uns Angst machen will, Gott hat diese Welt und das Böse darin bereits besiegt. Wir haben alle die Wahl, welche Entscheidungen wir treffen und wem oder was wir folgen. Dennoch hat Jesus am Kreuz das Böse bereits entmachtet, auch wenn diese Wahrheit im Alltag oft unterzugehen scheint. Was auch immer uns Angst machen will, ist nur eine böse Fratze dessen, der die Welt zwar vernichten will, es aber letztlich nicht kann. Gott hat schon gesiegt, der Kampf gegen das Böse ist bereits erledigt. Das mag oft nicht sichtbar sein hinter all dem Leid und der Willkür menschlicher Bosheit. Trotzdem ist es die Tatsache, auf die ChristInnen ihr Leben bauen.


Sch***egal, wie unser Leben mit menschlichem Blick aussehen mag, wovon wir uns irritieren und verletzen lassen: Unsere Namen stehen im Himmel schon an der Tür zu unserem ewigen Zuhause. Daran kann niemand und nichts etwas ändern. Was wir sehen, sind die letzten und immer schlimmer werdenden Zuckungen des Bösen, das bereits verloren hat.
Wer sich mit Angriffen dunkler Mächte auseinander setzt, deklariert als Gegenmaßnahme die Wahrheit: Jesus liebt uns. Er hat alle unsere Fehler und unsere Scham ans Kreuz genommen und ist für uns gestorben. Er hat uns ein für alle mal von der Sch***e unseres Lebens gereinigt und befreit. Als seine Kinder befehlen wir allen bösen Gestalten, uns in Frieden zu lassen.
Wer bedroht wird, stärkt die eigene Position durch das konsequente Lob Gottes. Er hat uns wunderbar geschaffen, er liebt uns durch alle Katastrophen und persönlichen Schwächen hindurch, er schützt und leitet uns. Er ist für alles Gute in unserem Leben verantwortlich und möchte uns noch so viel mehr schenken. Wer nachts von Albträumen aufwacht und zu müde ist für ein intensives Gebet, kann einfach Lobpreislieder laufen lassen. Sie richten unseren Blick auf Gottes Größe und entmachten ganz schnell alles, was uns bedrängen möchte. Das Zitieren von auswendig gelernten Gebeten und Bibelversen schaffen wir vor Müdigkeit vielleicht nicht, dann können wir über das Internet laut aus der Bibel vorlesen lassen. So können wir uns passiv vom Wort Gottes ermutigen lassen und werden bald Ruhe haben, denn das Wort Gottes vertreibt die Dunkelheit.

Oder das Lied „No Longer Slaves“ oder „Mein Gott ist größer“ oder „Bis ans Ende der Welt“
Einfach laufen lassen und die Wirkung entfalten lassen!

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Christliche Lieder, ver-hört von Kindern

„Der weiße Neger Wumbaba“ ist ein wunderbares Buch von Axel Hacke über Verhörer, die uns beim gedankenlosen Mitsingen von Liedern passieren. Besonders Kinder hören alles Mögliche, wenn sie mitsingen, ohne den Text lesen zu können. Entsprechend bekannt ist in christlichen Kreisen das „Aldi-Lied“:
„Aldi Fülle ist in dir, oh Herr, und alle Schönheit kommt von dir, oh Gott.“ Dieser kindliche Verhörer ist in vielen Familien bekannt, und wer ihn kennenlernen möchte, findet hier das Aldi-Lied: All die Fülle ist in dir.

„Hallo Julia, es ist Ostern; hallo Julia, Jesus lebt!“ ist ein Lied für ein Mädchen namens Julia, die irgendwie Ostern verpennt hat. Tatsaächlich heißt es natürlich „halleluja, es ist Ostern; Halleluja, Jesus lebt!“

Sehr interessant fand ich auch eine Figur namens „Wohldem“. Die Leute in der Bibel hatten ja die verrücktesten Namen, besonders im Alten Testament: Bileam und Jojakim sind da noch die am leichtesten Auszusprechenden. Naja, offensichtlich ist auf den vielen Seiten der Bibel auch ein Herr Wohldem unterwegs, der wandelt nämlich. Aber „nicht im Rat der Gottlosen“, was auch immer das sein mag, sondern woanders. Entsprechend entstand ein Bild in meinem Kopf, wie ein einsamer Herr Wohldem (ein Vorfahre von Wolfgang?) mit schütterem Haar und gebeugtem Haupt so herum wandelt, wie man eben laut der Bilder in der Kinderbibel offensichtlich täglich wandelte: Mit einem knorrigen Stock in der Hand zwischen alten Olivenbäumen irgendwo in Israel. Mir tat Herr Wohldem immer leid, weil er so einsam war, und im „Rat der Gottlosen“ nicht mitmachen durfte. Wobei der „Rat der Gottlosen“ nach einer sehr entspannten Gruppe klang, die da so lose mit Gott am Rand des Dorfplatzes abhingen, oder so. Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen in einer besonders schmissigen Version 😉
Ach ja, die christlichen Lieder aus den Achtzigern…

Wenn Kinder dann anfangen zu lesen, entstehen bei den ersten Versuchen ebenfalls neue Kreaturen, so wie im Lied „Himmel-Sau, licht und blau“: „Himmelsau, licht und blau, wieviel zählst du Sternlein? Ohne Zahl, soviel mal sei gelobt der ewige Gott.“ Dabei wird natürlich die Himmels-Au besungen…

Christliche Familien tendieren ja dazu, den Vers aus dem Alten Testament mit dem „fruchtbar sein“ sehr ernst zu nehmen, weshalb es gefühlt ständig neue Babies gibt. Und ausgesprochen öko sind sie zusätzlich, sodass tatsächlich bis zu zehn Jahre lang im Bad durchgehend Stoffwindeln verschiedenster Kinder zum Trocknen hängen. Im Erntedanklied „Wir pflügen und wir streuen“ hört man daher gerne in der vierten Strophe: „Er lässt die Sonn aufgehen, er stellt des Mondes Lauf; er lässt die Windeln wehen und tut den Himmel auf.“

Wer kennt noch einen schönen Verhörer?

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Buchempfehlung: „Unterwegs mit dir. Vier Frauen auf einer Glaubensreise“ von Sharon Garlough Brown

„Auf jeden Fall,“ fuhr Emily fort, während sie sich auf der Bank zurücklehnte und tief durchatmete, „hatte eine der Frauen eine wirklich großartige Metapher. Sie sagte, es käme ihr so vor, als gäbe es in uns einen großen Abfalleimer. Wir entsorgen unseren Giftmüll darin, decken in mit einem Zierdeckchen ab und tun so, als hätten wir alles unter Kontrolle. Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker wird mir bewusst, wie oft ich mich hinter einer pseudochristlichen Maske verstecke. Aber Jesus lädt mich ein, einfach ich selbst zu sein, das Schlechte anzusehen und es dann loszulassen. Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie befreiend es ist, vor diesen Frauen – diesen Schwestern im Glauben – meine Schwächen und mein Versagen zuzugeben. Ich brauche nicht so zu tun, als hätte ich alles im Griff. Niemand hat das. Das ist ein unfassbar befreiendes Gefühl.“
Sie trank einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche. „Wenn ich an die stressigen Jahre zurückdenke, und daran, wie sehr ich mich unter Druck gesetzt habe und wie ich krank geworden bin, weil ich perfekt sein wollte… na ja, du weißt es ja, Charissa…“ Ihre Stimme verklang. „Ich bin so froh, dass Jesus mich gefunden hat. Wo wäre ich ohne Jesus?“

Hannah:
Ich bin zornig auf Gott. Ich bin enttäuscht und zornig und fühle mich betrogen. Früher habe ich den Menschen geraten: „Gebt euren Zorn an Gott ab. Er kann damit umgehen!“ Und was habe ich getan? Ich habe ihn gehortet. Sorgfältig gehortet. Ich bin eine Heuchlerin. Und nun, da er heraus ist, was mache ich jetzt? Ich kann mit niemandem darüber reden. (…) Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden kann. Und ich würde ja sagen: „Hilf mir, Herr!“, aber im Augenblick rede ich nicht mit ihm.

Der leuchtende Sonnenuntergang weicht dem Grau der Dämmerung, und alles liegt in Schutt und Asche. Alles.

Die Lebenswege von vier Frauen kreuzen sich, als sie sich in einer Gruppe treffen, die eine geistliche Reise wird: Ins eigene Herz und zu Gott. Sie sind getrieben von Leistungsdenken, Perfektionismus, Scham oder Angst. Jede Frau hat ihre eigene seelische Baustelle, in denen sich die Leserin wiedererkennt. Der Roman stellt sowohl die Lebensgeschichten der Frauen und ihre innere Verwandlung vor, als auch Übungen zur Vertiefung des Glaubens.
Ein spannendes, weises und lebensnahes Buch, das ich aus ganzem Herzen weiterempfehle!

 

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Kerzen anzünden und Steine schmeißen: Spirituelles Experiment mit Senioren


Experimente im Beruf wagen: Eine kluge oder riskante Idee?
Bereits Ende des letzten Jahres hatte ich den Vorschlag, in das Monatsprogramm Januar in der Senioren-Residenz ein „spirituelles Experiment“ aufzunehmen. Ich plante eine „Andacht ohne Andacht“, einen interaktiven Nachmittag unter dem Motto „Mit Gottes Segen ins neue Jahr“. Da der Träger nicht christlich, sondern rein kapitalistisch arbeitet, war es ein großes Glück, dass ich mit meinem Vorschlag Gehör fand. Ich darf zu allen Anlässen und Themen Treffen leiten, nur „kirchlich“ soll das Ganze bitte nicht sein. War´s ja auch nicht, sondern ein spirituelles Experiment…

In der Bibliothek breitete ich auf dem großen Tisch lauter Kalenderblätter mit Naturmotiven und Bildern von Wegen aus. Zwei Fragen des Nachmittags waren „Woher komme ich?“ und „Wohin gehe ich?“
Wir hörten das Lied „Wie ein Fest nach lange Trauer/ So ist Versöhnung“ und zündeten Kerzen an: Für Menschen, die wir vermissen, die uns fehlen, die wir lieben oder von denen wir im letzten Jahr Abschied nehmen mussten. Da flossen natürlich Tränen, aber ich war wie immer mit einer tröstenden Umarmung gleich zur Stelle.

Die Steine auf dem Tisch dienten dazu, sie fest in die Hand zu nehmen und dabei an alles Belastende, das wir loswerden wollen, zu denken:

  • Welche Meinung über mich selbst möchte ich ablegen?
  • Welche Vorwürfe (innere und von anderen Menschen) möchte ich hinter mir lassen?
  • Womit möchte ich meinen Frieden machen?
  • Was brauche ich, damit ich aus tiefstem Herzen glauben kann, dass Gott es gut mit mir meint?

Dann warfen wir sie nacheinander in einen blauen Eimer, der „das tiefste Meer“ symbolisieren sollte, frei nach dem Propheten Micha in der Bibel:
Er wird sich unser wieder erbarmen, wird unsere Ungerechtigkeiten niedertreten; und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ (Micha 7,19)
Ich ermunterte die Damen, die Steine mit Schmackes in den Eimer zu pfeffern und innerlich wirklich loszulassen. Außerdem erinnerte ich an die Geschichte von Corrie ten Boom, die sagte, dass Gott alle unsere Fehler an der tiefsten Stelle des Ozeans versenkt und eine Boje darüber befestigt, auf der steht „Fischen verboten!“.

Nach einem Körpergebet, einer Psalm-Meditation und dem Klassiker „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ brachen wir wieder in den Alltag auf.

Im Gespräch mit losen Bekannten äußerte ich meinen Verdacht, dass ich die Seniorinnen überfordert hatte. Ich wollte die einmalige Situation zur Gänze ausnutzen und hatte in meinen Ablauf noch ein Gebet und noch ein schlaues Zitat und noch einen Segen extra gepackt (Viel mehr, als hier dargestellt). Erst nach anderthalb Stunden waren wir fertig, und ich fragte mich, ob ich es vielleicht etwas zu gut gemeint hatte. Ich fand es sehr erleichternd, von zwei unabhängigen Gesprächspartnerinnen zu hören, dass sie sich nicht vorstellen könnten, wie ich jemanden überfordern sollte. Klar, sie waren nicht dabei gewesen, aber ich fand es eine schöne Rückmeldung, dass mir selbst lose Bekannte aus der Gemeinde nicht zutrauen, dass ich in meinen Gruppenstunden jemanden an die Grenzen der Aufmerksamkeit bringe. Insofern behält ein Experiment immer einige Unsicherheiten, sowohl in der Vorbereitung als auch in der Durchführung und Reflektion im Anschluss. Aber es hat sich gelohnt!

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Du bist es wert, von Gott geliebt zu werden und in Fülle zu leben

So sah vor einigen Tagen der Sonnenaufgang bei uns aus:
Hinter einer dunklen, undurchdringlichen Wolkendecke kamen weit oben am Himmel Sonne und strahlendes Pink und Blau hervor.
In unserem Leben sieht es oft ähnlich aus: Wir starren auf Barrieren und Hindernisse, die uns undurchdringlich erscheinen. Wir fühlen uns mutlos und verlassen oder von anderen bedrängt und bedroht. Oft merken wir gar nicht, dass wir von dunklen Mächten umzingelt werden. Wir lassen den Kopf hängen und uns von dem undurchdringlichen Dunkel entmutigen. Viele Konflikte nehmen wir persönlich und arbeiten uns daran ab, statt hinter die Kulissen zu schauen und festzustellen, dass der Teufel uns wehrlos und klein machen will.
Währenddessen strahlt die ganze Zeit eine Etage höher Gottes Licht. Seine Wahrheit, Liebe, Freiheit und Hoffnung strahlen die ganze Zeit heller und kraftvoller als die Sonne. Doch wir lassen uns von demjenigen beeindrucken und ängstigen, der ausgeklügelte Lügen als Kulisse dazwischen schiebt: „Du bist es nicht wert“, „Du hast schon wieder versagt“, „Alle anderen wussten, dass du es nicht packst, aber du bist ja sogar zu doof, um rechtzeitig aufzugeben“, „Dein Leben wird sich nie zum Besseren verändern, weil du es nicht verdienst“.
Wir glauben diesen ganzen Scheiß, jeden Tag auf´s Neue. Statt die Augen zu heben, hinter die Kulissen zu schauen und Gottes ewige Liebe im strahlend hellen Licht der Hoffnung zu sehen, bleiben wir mit unserem Blick an der manipulierten Oberfläche kleben.

Ein uraltes Lied von Gerhard Tersteegen fasst es sehr schön zusammen:

Ich schließe mich aufs Neue
in deine Vatertreue
und Schutz und Herze ein.
Die irdischen Geschäfte
und alle finstern Kräfte
vertreibe durch dein Nahesein.

Dass du mich stets umgibest,
dass du mich herzlich liebest
und rufst zu dir hinein,
dass du vergnügst alleine
so wesentlich, so reine,
lass früh und spät mir wichtig sein.

Ein Tag, der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern
zur großen Ewigkeit.
O Ewigkeit, so schöne,
mein Herz an dich gewöhne,
mein Heim ist nicht in dieser Zeit.

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Da kann man nichts machen? Da kann man beten!

Zu Weihnachten habe ich ein besonderes Geschenk gestaltet. Schon lange vorher habe ich den passenden Inhalt mehrfach überdacht. Ich habe mich um ein individuelles, selbstgemachtes Äußeres des Geschenks bemüht. Ich habe versucht, dass die Verpackung Lust auf das Innere macht.
Nun habe ich das Geschenk aus der Hand gegeben. Ich weiß nicht, wie es ankam. Ob es schon benutzt wurde. Wie die erste Reaktion darauf war. Ob es direkt wieder weg gelegt wurde oder stückweise immer mehr im Alltag zum Begleiter wird. Das liegt alles nicht in meiner Hand, auch wenn ich mir von Herzen wünsche, dass dieses Geschenk einen wertvollen Einfluss gewinnt.
Jetzt könnte ich traurig werden, weil ich nicht weiß, ob all meine guten Gedanken und Wünsche rund um dieses Geschenk ihr Ende in einer Schublade finden, weil die Person das Geschenk unbeachtet weglegt. Und ich daran nichts ändern kann.
Oder ich kann darauf vertrauen, dass Gott mich bei der Gestaltung des Geschenks geführt hat und die beschenkte Person weiter begleiten wird. Auch, wenn sie davon nichts ahnt. Ich kann beten, dass mein Geschenk ausprobiert wird, mehrfach eine zweite Chance erhält und eines Tages wirklich zum Freund wird.
Es liegt nicht in meiner Hand. Aber alles, ALLES, was nicht in meiner Hand liegt, liegt automatisch in Gottes Hand.
Ist das nicht wunderbar? Auf dieser Welt kann nichts verloren gehen, weil Gott letztlich der ist, der den Überblick behält.
Egal, wie verloren wir uns fühlen, wie sehr in der Schwebe oder über dem Abgrund. Egal, wie weit weg Gott sich anfühlt: Es gibt nichts, NICHTS, was außerhalb seines Einflussbereichs läge.

„Suche Frieden und jage ihm nach!“ ist die Jahreslosung für 2019 aus Psalm 34,15.
Frieden darin zu finden, dass alles in Gottes Hand liegt und es nichts gibt, was außerhalb seiner Möglichkeiten liegt, finde ich einen guten Anfang für das neue Jahr.

aufmerksam, glaubhaft, kreativ

Malen mit Gebet im Advent

Viele erzählen mir, dass sie sich nach Ruhe und Entspannung im Advent sehnen.
Oft berichten die gleichen Menschen, zu wie vielen Veranstaltungen sie gehen wollen und was sie im Haushalt noch alles vor den Feiertagen schaffen wollen. Kein Wunder, wenn die Kombination aus beidem innerlich zu Spannungen führt….
Wer eine Zeit der Ruhe mit einem Gruppentreffen verbinden möchte, kann „Malen mit Gebet“ ausprobieren: Eine tolle Möglichkeit, Stille mit Gemeinschaft zu vereinen.
Das Ziel des Angebots liegt darin, an einem Samstag alles Alltägliche abzustreifen, sich auf Gott zu fokussieren und kreativ zu sein. Ich hatte die Organisatorin gefragt, ob sie Lust hat, dass ich Körpergebete anleite. Sie helfen ideal, um durch Bewegung Stress abzubauen und innerlich ruhig zu werden. Mein Angebot wurde gern angenommen und durch sehr positive Rückmeldungen begleitet. Daher teile ich meinen Stundenentwurf gerne, damit ihn andere übernehmen können.

Zu Beginn wird ein Stuhlkreis aufgestellt und darin eine „zentrale Mitte“ mit einem Hocker oder kleinen Tisch aufgebaut. Dort werden drei (oder fünf, je nach Platz) große Kerzen aufgestellt und angezündet.
Dann beginnt die Einführung in das Thema:

„Manche Menschen verpassen den Himmel nur um fünfundvierzig Zentimeter – die Entfernung zwischen ihrem Kopf und ihrem Herzen.“ sagte die wunderbare Corrie ten Boom.

Wie viel von deinem Glauben findet in deinem Kopf statt?
Und wie viel in deinem Herzen?

Um die Verbindung von Kopf und Herz zu stärken, bieten sich Gesten an, die symbolisch unsere Worte darstellen. Eine Körperbewegung findet immer im Hier und Jetzt statt. Während unsere Gedanken ständig nach vorn in die Zukunft rennen und zurück in die Gegenwart springen, kann eine Bewegung nur im aktuellen Moment passieren.
Auch die Konzentration auf den Atem hilft uns, innerlich zur Ruhe zu kommen und Ablenkendes abzuschütteln. Unser Atemrhythmus ist so individuell wie unser Fingerabdruck. Wir alle atmen ein, atmen aus und haben danach eine kleine Atempause. Wie lange die drei Phasen des Atmens dauern, ist bei uns allen verschieden. Auch der Atem findet immer im Hier und Jetzt statt. Bevor wir mit den Körpergebeten beginnen, möchte ich deshalb zu einer Atemwahrnehmung einladen.

„Beten ist für uns das, was das Atmen für die Lungen ist. Das Ausatmen befreit uns von der verbrauchten Luft, das Einatmen gibt uns frische Luft. Ausatmen bedeutet bekennen. Einatmen bedeutet, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden.“
Corrie ten Boom

Wenn wir jetzt auf den Atem achten und schweigen, wollen wir uns für Gott öffnen. Wir danken ihm, dass wir heute hier zusammen sind. Und wir bitten ihn, uns zu berühren und unsere gemeinsame Zeit zu segnen.
Mit dem Ausatmen denken wir „Erlöse mich“, „Befreie mich“ oder „Erfrische mich“.
Mit dem Einatem denken wir „Berühre mich“ oder „(Er-)Fülle mich“. Dabei wählen wir die Sätze, die uns in diesem Moment ansprechen. Egal, aus welchem Grund.
Wir sitzen aufrecht und schmiegen unseren Rücken an die Lehne. Unser Gewicht geben wir an den Stuhl nach unten ab. Die Hände liegen im Schoß, die Füße rutschen auf eine angenehme Position. Wir tun nichts, außer unseren Atem zu beobachten.
Ich wiederhole noch einmal:
Mit dem Ausatmen denken wir „Erlöse mich“, „Befreie mich“ oder „Erfrische mich“.
Mit dem Einatem denken wir „Berühre mich“ oder „(Er-)Fülle mich“.

Stille wirken lassen

Körpergebete bringen uns zur Ruhe und helfen, wirklich den Moment zu spüren. Sie lenken uns von Sorgen und Ängsten ab, indem sie die wild flatternden Gedanken mit einer geführten Bewegung verbinden und so beruhigen.

Jetzt möchte ich ein kurzes, prägnantes Körpergebet teilen, dass sich besonders morgens als Start in den Tag eignet.

Körpergebet „Geist des lebendigen Gottes…“ vormachen und anleiten:
Es beginnt damit, dass wir uns hinstellen und auf die Gegenwart (zeitlich und in Bezug auf Gott) konzentrieren.

Anschließend heben wir die ausgestreckten Arme seitlich bis über den Kopf und sagen:
„Geist des lebendigen Gottes…“
während wir nach oben schauen.
Direkt danach führen wir die Hände vor dem Gesicht nach unten (wie Wasser, das herunter rinnt), während wir sprechen:
„… erfrische mich mit der Frische des Morgentaus…“
und halten auf Brusthöhe inne.
Von dort öffnen wir die Arme nach rechts und links:
„…öffne mich…“
und dann sagen wir
„…fülle mich…“
während wir die Hände vor dem Körper zusammen führen und geöffnet wie eine Schale halten.
Mit den Händen auf dem Brustkorb sprechen wir
„…komm in mein Herz…“

und strecken die Hände zum Schluss nach vorn, weil wir jetzt in den Tag aufbrechen:
„… und sende mich. Amen.“

Das Körpergebet wird mehrfach langsam wiederholt. Alle bekommen es am Ende auf einem zettel mit nach Hause, sodass niemand Angst haben muss, es vergessen zu können.

Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“
Wir singen die erste Strophe zwei Mal

„Tragt in die Welt nun ein Licht,
sagt allen: Fürchtet euch nicht!
Gott hat euch lieb, Groß und Klein
Seht auf des Lichtes Schein.“

Wenn das Lied unbekannt ist: Der Kanon „Mache dich auf und werde Licht“ kann stattdessen mehrfach gesungen werden

Atemwahrnehmung, innerlich Kerzen anzünden
Wir kehren in die Stille zurück. Dazu machen wir es uns auf dem Stuhl so bequem wie möglich: Stützen den Rücken an der Lehne ab, legen die Hände in den Schoß, lassen die Füße auf dem Boden ausgleiten. Wer mag, schließt die Augen.
Jetzt lassen wir den Atem bewusst langsam ein- und ausströmen. Wir spüren, wie er unseren Brustkorb und Bauch füllt. Wir spüren, wie sich beim Einatmen der Bauch wölbt und die Brust hebt. Und wie beim Ausatmen Bauch und Brust wieder sanft einsinken. Dabei tun wir gar nichts. Der Atem braucht keine Arbeit. Er geschieht von allein, wir beobachten ihn nur. (Stille wirken lassen)
Während wir weiter atmen, stellen wir uns lauter Kerzen vor, die wir gedanklich entzünden. Für alle Menschen, die wir gern haben, lassen wir eine Kerze leuchten.
Gedanklich segnen wir sie. Dabei atmen wir langsam ein und aus. (Stille wirken lassen)
Auch für alle Menschen, mit denen wir unsere Schwierigkeiten haben, entzünden wir gedanklich ein Licht.
Wir bitten um Frieden und segnen sie, während wir weiter tief und langsam atmen. (Stille wirken lassen)
Auch den Menschen, die es weniger gut haben als wir,
wünschen wir ein helles Licht. Wir bitten um Segen und Gottes lebensverändernde Kraft für sie, während wir weiter langsam atmen. (Stille)
Auch für uns selbst bitten wir um Gottes Segen. Wir danken ihm für seine Gegenwart und seine Begleitung und wünschen uns für unseren eigenen Weg ein helles Licht. (Stille)
Mit einigen abschließenden Atemzügen stellen wir uns das helle, warme Kerzenlicht vor, dessen Strahlen das Dunkel um uns erhellen.
Wir danken Gott, dass er es in unseren Herzen hell macht. Er möchte unser Licht sein. (Stille)
Langsam öffnen wir die Augen und kommen wieder im Stuhlkreis an.

Weitere Strophen „Tragt in die Welt nun ein Licht“ singen (oder den Kanon „Mache dich auf und werde Licht“ wiederholen)

„Tragt zu den Kindern ein Licht,
sagt allen: Fürchtet euch nicht!
Gott hat euch lieb, Groß und Klein
Seht auf des Lichtes Schein.

Tragt zu den Kranken ein Licht,
sagt allen: Fürchtet euch nicht!
Gott hat euch lieb, Groß und Klein
Seht auf des Lichtes Schein.“

Licht ist auch im nächsten Körpergebet ein zentraler Begriff. Es ist die vierte Strophe des Lieds „Gott ist gegenwärtig“. Vormachen und anleiten, entweder sprechend oder singend.

Die vierte Strophe des Lieds „Gott ist gegenwärtig“ entsteht aus zwei aufeinander folgenden Kreisen:

Du durchdringest alles,Wir legen die Hände aneinander und schieben sie wie nach unten wachsende Wurzeln Richtung Boden
lass dein schönstes Lichte,wir öffnen die Arme seitlich und heben sie bis weit über den Kopf (wir beschreiben einen Halbkreis mit jedem Arm)
Herr, berühren mein Gesichte.wir lassen die Hände vor dem Gesicht sinken, die Handflächen zeigen zum Gesicht
Wie die zarten Blumenwir legen die Hände vor dem Brustraum aneinander (so endet der erste Kreis)
willig sich entfaltenDie Hände öffnen sich sanft und kelchartig wie eine Blüte, während wir sie langsam nach oben heben
und der Sonne stille halten:wir strecken die Arme in einem großen V nach oben, als wären wir die voll erblühte Blume
Lass mich so, still und froh,wir lassen die Arme stückweise nach außen sinken (wir beschreiben den zweiten Kreis weiter)
deine Strahlen fassenwir halten die Handflächen nach oben gedreht und Arme zur Seite ausgebreitet, sinken noch etwas ab (beenden den Kreis fast)
und dich wirken lassen.Wir senken die Hände ab, die Handflächen zeigen nach vorne, wir machen nichts mehr (wollen tatsächlich nur noch wirken lassen)

Abschluss: Kreis mit gebender und nehmender Hand
Wir stellen uns im Kreis um die Kerzen auf. Unsere rechte Hand halten wir segnend, nach unten geöffnet über die Hand unserer rechten Nachbarin. Unsere linke Hand halten wir empfangend, nach oben geöffnet unter die Hand unserer linken Nachbarin. So empfangen wir links den Segen und geben ihn rechts an die Nächste weiter.

Dieses wunderbare Erlebnis teile ich beim Freutag und HoT.
Die Fotos stammen von meinen Bildern, die diesen Samstag beim „Malen mit Gebet“ entstanden.

Buchtipp:
Wer sich nach mehr Freude und einem Glauben, der im Alltag praktisch wird, sehnt, schaue sich gern mein Mitmach-Buch „Wo die Freude wohnt“ an. Kreative Ideen, Gebete, Reflexionsübungen laden in die Räume der „Villa der Freude“ ein, wo mit Körper und Seele Gott erlebt werden kann.

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Päckchen für Frauen im Rotlicht vorbereiten

Wie lebt eine Frau im Rotlichtviertel? Wie sieht ihr Alltag aus und worüber freut sie sich?
Anfang der Woche erhielt ich eine Mail von der Frau unseres Pastors mit der Bitte, Frauen im Rotlicht eine Freude zu machen. Anhand einer Einkaufsliste wurden wir gebeten, Päckchen für Prostituierte zu füllen. Sie werden in der Gemeinde abgegeben und bei einer Weihnachtsfeier den Frauen überreicht. Die Mail sprach mich sofort an, da ich mich sehr gut (oft zu gut) mit den Schicksalen anderer Frauen identifizieren kann. So schrieb ich mir die Einkaufsliste ab und versuchte, alles Benötigte in unserem Stadtteil zu kaufen – was tatsächlich gelang.
Wer eine ähnliche Aktion starten möchte: Folgende Produkte werden empfohlen, damit die Pakete möglichst ähnlich sind und es keinen Neid unter den Frauen gibt:
– Ein kleines Kuscheltier (wichtigster Bestandteil des Pakets)
– Handcreme
– Lippenpflege
– roter Nagellack
– schillernder Lidschatten
– Ohrringe mit „Blingbling“
– Schokolade
– Kaugummi
– Schal oder Handschuhe

In der Drogerie fand ich tatsächlich Ohrringe mit „viel Blingbling“, sie waren aber so lang und baumelig, dass ich fürchtete, einer der Männer könnte daran reißen und die Frau verletzen. Insofern entschied ich mich für glitzernde Stecker, die mir sicherer vorkamen. An der Kasse kommentierte die Verkäuferin die Ohrringe und ich erklärte ihr, wofür ich sie besorgte.
Sie daraufhin: „Naja, aber viel Blingbling ist da ja jetzt nicht…“
Ich: „Ja, es gab auch so ganz lange Ohrhänger mit Strass. Aber stellen Sie sich vor, ein Freier zieht der Frau an den Haaren und reißt ihr den Ohrhänger raus – ich meine, die Männer können ja auch grob sein… ich will doch keine Ohrringe verschenken, die ein Verletzungsrisiko darstellen…“
Wir schauten uns beide ziemlich ratlos an und waren einstimmig der Meinung, dass wir beide nicht beurteilen können, was eine Frau im Rotlicht erlebt und was sie sich wünscht.
Passender Weise zog ich zu Hause eine Karte von der Organisation aus dem Briefkasten, die sich weltweit gegen Menschenhandel einsetzt und der ich im November Geld gespendet hatte. Vorrangig Frauen und Kinder werden von Schleppern rund um den Globus als Prostituierte eingesetzt. Auch in Deutschland. Auch in unserer Nachbarschaft, wo niemand es vermutet.
Immerhin kann ich mit dem Päckchen zumindest einer Frau eine Freude machen, hoffe ich.