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Jahresausklang im Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance: Christrosen, Chrysanthemen und Nachzügler

Die letzten Blüten erfreuen mich im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ zwischen Straße, Parkplätzen und Fußweg:
Die Helleborus (Christrosen), die ich in diesem Jahr zwischen März und Juni (!) aus dem Müll rettete, haben den Sommer wunderbar überlebt: Und das, obwohl sie weniger Schatten haben, als sie sollten, und direkt am Radweg wachsen. Einige weitere Exemplare sind nicht mehr aufzufinden, obwohl sie noch vor Kurzem mitten in der Rabatte standen – ob hier der mistige Dickmaulrüssler verantwortlich ist?

Die Früchte der Maiglöckchen, die ich bei umfangreichen Bauarbeiten am Nachbarhaus vor dem Bagger rettete, leuchten zwischen den Binsen: Am hinteren Rand der bepflanzten Grünfläche werden sie nächstes Jahr hoffentlich schön neu austreiben. Obwohl ich die Maiglöckchen bei tropischen Temperaturen mitten während der Blüten ausbuddelte und umpflanzte, zeigen die Fruchtstände, dass sie den sommerlichen Stress wohl gut überstanden haben.

Ebenfalls ganz hinten im Beet, direkt an der Durchgangsstraße, steht die Kugeldistel. Ich zog sie auf dem Balkon aus Samen, von denen nur zwei Stück überhaupt aufgingen. Anschließend wuchsen sie reichlich zaghaft, sodass ich irgendwann die Geduld verlor und sie vom Balkon unten ins Beet setzte. Ganz ehrlich, keine Ahnung, was mit Exemplar Nummer 2 passiert ist. Ich hatte auf die letzte verbliebene Kugeldistel keine Hoffnung mehr gesetzt – bis sie jetzt im Herbst plötzlich munter drauf los wuchs. Versteh jemand Stauden – jedenfalls freue ich mich, dass sie nun als Teenager die kränklichen Kinderjahre überstanden hat und nächstes Jahr hoffentlich viele, viele Insekten in meinem Bienenbeet glücklich macht!

 

Neben meinem Garten-Café blühen die gelben Chrysanthemen ganz wunderbar, auch sie überstanden die Sommerhitze gut. Daneben recken weitere Chrysanthemen ihre Knospen in den Himmel: Ein sehr mageres Exemplar zog ich aus dem Müll und verpflanzte es hierher, allerdings blieb es die ganzen Sommermonate über spillerig. Dann wuchs es weit in die Höhe und treibt den Zuwachs bis heute voran – mal schauen, wann die Chrysantheme mal blühen möchte! Sie scheint ein großartiges Pflaumenlila auszubilden, ich freue mich schon auf die Blüten. Und werde nächstes Jahr wohl den Chelsea-Chop einsetzen, damit sie buschiger austreibt.

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Selbstgebaute Meisen-Mensa im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“

Taaa-daaaaa:
Heute präsentiere ich stolz meine neu gebaute „Meisen-Mensa“ in meinem „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ zwischen Straße und Parkplätzen! Bestehend aus einem Besenstiel, den ich unterwegs mit dem Fahrrad aufsammelte, zwei Futtermöglichkeiten aus dem Baumarkt (gekauft von meinem Preisgeld) sowie Vogeldeko aus dem Müll. Alles zusammen strich ich mit weißer Grundierung an, um die Wettereinflüsse zu minimieren.

 

Leider scheinen die Vögel es in meiner Grünfläche direkt an der Durchgangsstraße zu ungemütlich zu finden: Bisher ist das Futter in beiden Spendern unberührt.
Einen Schutz gegen Ratten wollte ich noch um den Besenstiel fixieren, denn wenn wir eins haben, dann sind es Ratten. Aber selbst die haben sich an meiner „Meisen-Mensa“ bisher nicht gezeigt… gibt wohl stressbedingte Darmverschlingungen.

 

 

Parallel dazu sammle ich gerade die Samen einjähriger Stauden ein, um sie nächstes Jahr neu aussäen zu können. Wenn mir am Straßenrand „Schätze“ abgeblühter Blumen jenseits fremder Grundstücke ins Auge springen, wandern sie natürlich auch sofort in die Tasche meiner Regenjacke: Am Ende entsteht ein buntes Kuddelmuddel statt einer sortenreinen Trennung der Samen. Naja, so wild wie der Garten wächst, ist eben auch die Arbeit im Hintergrund (-;
Außerdem besorgte ich neulich im Baumarkt eine Packung Krokuszwiebeln, damit die Saison für Hummeln und Bienen so früh wie möglich starten kann: Durch den Klimawandel werden sie aufgrund steigender Temperaturen viel früher aktiv, finden dann allerdings noch kaum Nahrungsangebot. Ein Bienenbeet benötigt daher schon früh diverse Nahrungsquellen für die Insekten. Frühblüher brauchen Frost und sollten zwischen September und November gesetzt werden – doppelt so tief, wie die Zwiebel groß ist, und mit der kleinen Spitze (dem „Nubsi“) nach oben.

Alle sind jetzt in kleinen Gruppen eingebuddelt, auch wenn es sicher keine 60 Stück waren.

 

Mein „Garten-Café“ hat nun ein offizielles Schild erhalten, bestehend aus einem geretteten Blechteller, der hier eine zweite Chance bekommt. Mit Edding beschriftet, angenagelt – schon wirkt das Arrangement noch lauschiger und lädt dazu ein, den Straßenlärm einen Moment auszublenden.
Während die meisten Menschen im Park und auf dem Friedhof aktuell für den Winter Heide und Silberblatt pflanzen, hat irgendjemand sie weggeworfen. Anderer Leute Verlust ist mein Gewinn, so stehen neben dem Silberblatt vom letzten Jahr frische Calluna-Exemplare. Und für die Bepflanzung auf dem Balkon reichen die geretteten winterharten Sorten auch noch….

Nun sieht es hier richtig malerisch und herbstlich aus, so lange der Hausmeister nicht mit seinem Laubbläser herum fuhrwerkt.
Thema Laub: Im englischen Sprachraum gibt es den Spruch „leave the leaves“, direkt übersetzt „lasst die Blätter liegen“. Statt das Herbstlaub wegzurechen und im Frühjahr teuren Kunstdünger aufzubringen, ist es viel einfacher, schneller, günstiger und vor allem ökologischer, die Blätter einfach verrotten zu lassen. Ja, da, wo sie eben liegen. Wer will, braust mit dem Rasenmäher drüber, dann zersetzen sie sich auf Rasenflächen schneller. Nur Wege, auf denen Passant:innen bei Feuchtigkeit ausrutschen und hinfallen können, gehören natürlich geräumt. Auch hier: Die Blätter einfach in die Hecke schieben, die sich daraus die Nahrung für die neue Vegetationsperiode zieht, statt das Laub in Plastiksäcken zur Abholung an den Straßenrand zu stellen. Wer Angst hat, das im Laub diverse Schnecken und Käfer direkt neben den Stauden überwintern, kann es auch auf den Kompost werfen.

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Ehrenamtspreis erhalten: Annemarie Dose Preis 2024 für meinen „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“

Der gestrige Tag war der bisher aufregendste in diesem Jahr für mich:
Mit meinem „Nachbarschaftsbeet der zweiten Chance“ hatte ich mich Anfang Mai für den Ehrenamtspreis der Stadt Hamburg beworben, verliehen von der Annemarie Dose Stiftung. Sie war die Gründerin der Hamburger Tafel, mein Projekt schließt sich ihrem Grundgedanken an: Ressourcen, die andere wegwerfen würden, möchte ich wertschätzen und im Sinne der Mitmenschen nutzen. Nun habe ich als Einzelperson, neben zwei Gruppenpreisen, den diesjährigen Preis gewonnen!

In unserer Straße gestalte ich auf einer Grünfläche zwischen Parkplätzen, Rad- und Fußweg sowie Fahrbahn ein buntes Beet. Alle Pflanzen stammen aus dem Müll, wurden von mir gesammelt, eingepflanzt und wieder aufgepäppelt.

Für Kleintiere biete ich ein Weidentipi voller Nistmaterial und Rückzugsmöglichkeiten, Totholz, eine Wasserstelle, ein Sandbad und diverse Habitate zwischen den Stauden.

Alle dekorativen Elemente wie der Bistrotisch mit der Inszenierung eines kleinen Gartencafés, die alte Sonnenuhr und die Holzkränze sammelte ich bei Haushaltsauflösungen am Straßenrand auf und gab ihnen ein neues Zuhause.

Ich nutze den Moment, um dem Publikum mein Konzept zu erklären und dazu zu ermutigen, ungenutzte „Eh-da-Flächen“ im öffentlichen Raum kreativ zu gestalten: als Bienengarten zum Beispiel Beide Fotos oben: Julia Franklin-Briggs

Wenn ich kopfüber im Beet stecke, ergeben sich viele Begegnungen mit bekannten und unbekannten Menschen aus dem Stadtteil. Besonders Senior:innen freuen sich über einen spontanen Austausch und über ein Gegenüber, das sich Zeit nimmt.
Mein fröhliches Beet am Straßenrand lädt Passant:innen ein, kurz innezuhalten und den Eindruck der grünen Oase neben dem fließenden Verkehr wirken zu lassen.
Meine Botschaft ist:
Jede:r und alle haben eine zweite Chance verdient, nicht nur Pflanzen und Möbel, auch und besonders wir Menschen immer wieder!
Abschließend möchte ich betonen, dass das Begrünen einer „Eh-da-Fläche“ keine Fachkompetenzen voraussetzt:
Absolut jede:r kann städtische Grünflächen aufwerten, ob künstlerisch, ökologisch, kindgerecht, barrierefrei oder wie immer der eigene Fokus auf die Nachbarschaft aussieht und praktisch umgesetzt werden mag. Denkbar wären auch eine „Bank der Begegnung“, ein Mini-Spielplatz, ein Duftgarten, eine inklusive Aktion, ein Garten der Kulturen, ein Treffpunkt der Pfadfinder:innen….. einfach alles ist möglich, sobald nur eine einzige Person anpackt und loslegt.
Ohne Plan, ohne Geld, ohne Hilfe – einfach machen. Und staunen.
Und sich über all das, was sich zufällig daraus entwickelt, von Herzen freuen!

Und, ja, Unperfektes ist Charme des Ganzen: „‚N beeten scheef hett Gott leev!“

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Im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ zieht der Sommer aus und der Herbst ein

 

Im „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ an der Straße macht sich das Ende des Sommers bemerkbar:
In der Fläche zwischen Radweg, Parkplätzen und Durchgangsstraße wachsen lauter Pflanzen, die ich aus dem Müll gerettet und für eine „zweite Chance“ auf ein längeres Leben in der Brachfläche eingebuddelt habe. Inzwischen blüht deutlich weniger, dafür kann ich eifrig die Samen der Ringelblumen ernten. Manche Stauden blühen zum zweiten Mal, so wie der Rainfarn oder die Königskerze, die neu austreibt. So schenkt das Bienenbeet über die erste Blühsaison hinaus viel Nahrung.

 

 

 

 

Der Bistrotisch beherbergt inzwischen eine komplette Café-Szenerie inklusive Teekanne und einer Sauciere, die ich mit Sedum bepflanzte. Angesichts des plötzlichen Wechsels von 33° C mit Sonne auf 16°C mit heftigem Regen stehen die armen Dickblattgewächse kurz vor dem Ertrinken in ihrem edlen Porzellan-Zuhause.

 

 

In den heißen Spätsommertagen summte und brummte es sehr intensiv zwischen den Stauden, auch viele Wespen und Hornissen waren unterwegs auf der Suche nach Nahrung und Wasser. Beides bietet mein Nachbarschaftsbeet am Straßenrand zum Glück sehr reichlich…

 

Gleichzeitig trafen sehr erfreuliche Nachrichten zu meinem ehrenamtlichen Einsatz ein, die ich bald offiziell mitteilen darf.

 

Während ich weiterhin verblühte Stauden gegen frisch gerettete austausche, ist inzwischen das Arbeitstempo deutlich niedriger: Die meisten Blumen haben sich gut etabliert, manche versäen sich selbst, andere legen noch einmal deutlich an Wachstum zu: So entwickelt der Fingerhut, nachdem er sich von der Blüte regeneriert hat, aktuell eine drei Mal so große Basis aus bodenständigen Blättern: Wohl, um sich mit einem stabilen Zustand auf das Jahresende vorzubereiten…

 

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Organischer Dünger für den „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“: Schafwolle zum GuerillaGardening

Der „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ vor dem Haus zwischen Straße, Rad- und Fußweg wächst und gedeiht. Alle Pflanzen und Dekorationsgegenstände stammen vom Müll, wurden gerettet, von mir möglichst standortgerecht eingepflanzt und erfreuen die Nachbarschaft.
Die Rosen blühen, wild überwuchert von der zotteligen Wicke, die sich ausbreitet, als gäbe es kein morgen. Auch die Ringelblumen aus der Samenmischung leuchten, bisher sind es nur orangefarbene. Überall sind eifrig Hummeln und Marienkäfer unterwegs, ich hoffe, dass auch Wildbienen fündig werden: Ein Bienenbeet soll schließlich nicht (nur) die domestizierten Arbeitsbienen der Imker beglücken.

 

 

Inzwischen habe ich mich auch dem Thema „organischer Dünger“ angenommen und kräftig Schafwolle gesammelt. Eigentlich müsste sie beim Einpflanzen der Stauden unten in das Pflanzloch kommen, gewässert werden, und der Wurzelballen dann eingesetzt. Da nun alle Stauden ihre „Füße“ längst im Straßenbeet verankert haben, zupfte ich die Wolle auseinander und verteilte sie auf der Oberfläche zwischen den Blumen. Wenn es regnet, hält die Wolle die Feuchtigkeit schön fest und gibt sie langsam wieder ab: Den Effekt kann sie von mir aus gern auf statt in der Erde ausüben.
Besser als Kunstdünger ist Schafwolle für einen Bienengarten allemal…

 

 

Auch die Grünpflanzen entwickeln sich prächtig, im hinteren Bereich des Nachbarschaftsbeets ist ein richtiger Dschungel entstanden:
Fingerhut und Königskerze sind verblüht, die Hosta zeigen noch letzte Blüten. Wunderbar entwickeln sich die Farne, Binsen, Gräser, Skimmiebüsche, Mühlenbeckia, Günsel und weitere Grünpflanzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Parallel breitet sich der wilde Rucola immer weiter aus, am liebsten genau entlang der Pflastersteine am Übergang zum Radweg und den Parkplätzen.
Zu schade, dass ich ihn dort an der Straße nicht pflücken und verzehren kann!

 

 

Viel Freude schenkt mir das Bobachten der heimischen Wildpflanzen, wie dem Rainfarn, Mageriten, Taubnesseln, Habichtskraut usw. Ich hoffe sehr darauf, dass sie sich erfolgreich versamen und im nächsten Jahr von allein wiederkommen!
Parallel macht mir die Solidago (Goldrute) Sorgen: Sie ist zwar eine großartige Bienenweide, aber auch extrem wüchsig. Ähnlich wie Topinambur schenkt sie im Spätsommer viel Nahrung, verbreitet sich allerdings über Wurzelausläufer wie verrückt und vertreibt andere heimische Pflanzen. Die meisten Solidago, die sich alle selbst ausgesät haben, habe ich bereits ausgegraben und eine Parklücke weiter eingegraben. Dort können sie sich gern mit allen anderen invasiven Stauden gegenseitig bedrängen. Gleichzeitig hoffe ich, dass aus der benachbarten Parklücke ein paar der Nachtkerzen sich zu mir hin ausbreiten.
Wie es so ist im Leben: das, was man hat, schätzt man nicht und wünscht sich immer das, was bei den Nachbar*innen so viel verlockender aussieht! (-;

Natürlich geht immer mal etwas schief, so manche gerettete Pflanze wuchs nicht an oder vertrocknete dennoch. Eine Hitzeperiode killte diverse Bacopa und Lobelien, letztere fand ich zum Glück in einer Regenphase noch einmal auf dem Kompost, sodass nun neue Exemplare blühen.

Wer sich dafür interessiert, wie im Herbst 2023 alles begann, kann hier nachlesen.

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Neues aus dem „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“: Von Rosen und Raupen

Hach, was freue ich mich an meinem Straßenbeet, genannt „Garten der zweiten Chance“.
Alle Stauden, die ich von öffentlichen Kompoststellen rette, finden hier zwischen Fuß- und Radwege sowie Straße ein Zuhause. Viele Pflanzen, die ich im Februar und März einsammelte, kommen nun so richtig in Schwung: nach der Hitze- und Trockenperidoe freuen sie sich über den Regen von ganzen zwei (!) Tagen. Und das in Hamburg, wo man uns doch nachsagt, wir wären immer in Regenjacken unterwegs… So blüht nun die größte meiner fünf Rosen, innen Sonnengelb und außen Kirschrot. Oder Mohnrot? Ich muss sie weiter beobachten
Immerhin hat der Starkregen die Blattläuse vertrieben, dabei knickte zwar Knospe Nr. 2 um, aber naja: Die Rosensaison geht ja erst los.

Farblich sehr schön passend blüht das Habichtskraut, bei dem Fachleute warnen, es würde sich wie verrückt ausbreiten. Da es von zahlreichen Insekten geliebt wird, hat es dazu meine offizielle Genehmigung! Überhaupt wird dieser Sommer zeigen, was genau ich eigentlich alles gerettet und eingebuddelt habe, wer überlebt und wer einen anderen Standort braucht. Ja, und sicher auch, wer stirbt – heute holte ich eine große Runde mehrerer besonders hübschen Heidepflanzen aus dem Boden, die einfach die krasse Sonneneinstrahlung nicht mögen (und deren Wurzelballen zu verfilzt sind, um langfristig anwachsen zu können).

Das grau-behaarte Zeug, das seeehr entfernt an Lavendel erinnerte und stark würzig riecht, entpuppt sich im Wachstum tatsächlich als Currykraut und wird aus dem halbschattigen Bereich in das Gebiet der Farne umgesiedelt: Letztere stehen in praller Sonne und brauchen einfach mehr Feuchtigkeit. Immerhin, ein kleines bißchen Schutz spenden die Blätter der jungen Linde inzwischen.

Ganz glücklich bin ich, dass die mageren Blättchen von neulich tatsächlich zu einer Campanula (Glockenblume) gehören, die erste beginnt gerade zu blühen. So, so schön – ich liebe alles, was an Waldgärten erinnert! Daneben nicken die zarten Blütenstände der Heuchera im Wind, und hinter dem Tipi aus Ästen wächst die Königskerze langsam, aber sicher zu einer ordentlichen Höhe. Ich nehme noch Wetten an, wer am Ende im Juli größer sein wird: Die Königskerze oder das Tipi?!

 

 

Auch über die Fingerhüte freue ich mich, sie stammen von einem großen Sandberg neben einem neu gebauten Geschäftskomplex in der Nähe. Zuerst war ich mir nicht hundertpro sicher, ob die zaghaften Blattrosetten mal Fingerhut oder doch Königskerzen würden – beide mag ich sehr, also kam es nicht drauf an. Sie schenken ganz wunderbar Höhe im hinteren Teil des Beets und werden den Sommer als Teil des „Bienengarten“ große Mengen an Insekten beglücken.

 

 

Zwischendurch blieb eine (mir fremde) ältere Dame stehen und befragte mich, ob ich das Beet „ganz aus eigenem Antrieb angelegt“ hätte. Ja, und auch ganz ohne Hilfe! Ich erklärte ihr, dass nur Pflanzen und Gegenstände aus dem Müll hier einziehen dürften, um darauf hinzuweisen, dass vieles auch jenseits der erwarteten Lebensdauer eine Daseinsberechtigung hat.

Zum Schluss ein Blick auf meinen kleinen Freund, den Marienkäfer: Endlich ist er da, ich habe schon so nach ihm gesucht, da ich genügend Futter in Form von Blattläusen fand!
Genug geschnackt, ich muss wieder runter ins Beet: Nacktschnecken und die Raupen des Frostspanners absammeln, juhu!

 

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Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance: Märchenhaftes Bienenbeet vor der eigenen Haustür

Neuer Tag, neues Glück in der „Abteilung für die Rettung von Pflanzen aus öffentlichen Müllkörben“. Dazu links ein Eindruck eines Müllkorbs und rechts unten die heutige Ausbeute. Wer mein Guerilla-Gardening-Projekt noch nicht kennt, bekommt hier einen ersten Eindruck.

Anfang Mai winkt die letzte Chance, beim „Annemarie Dose Preis für das Ehrenamt“ mitzumachen. Also habe ich heute ein paar letzte, gerettete Stauden eingepflanzt und viele Fotos aufgenommen: Schließlich soll der „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“ eindrücklich präsentiert werden.

Da ich mit einem gravierenden Nacktschnecken-Problem kämpfe (die Biester sind wirklich hartnäckig, schließlich müssen sie eine vielbefahrene Straße oder Radweg und Fußgängerweg überqueren, um in das Blumenbeet zu gelangen), ziehe ich auf dem Balkon Sommerblumen vor. Sie würden im Straßenbeet sofort abgebissen, entsprechend pflanze ich sie raus, sobald sie groß genug gewachsen sind. Auch hier sind die Behälter aus dem Müll gefischt, die Samen habe ich kostenfrei gesammelt bzw. von einer Nachbarin geschenkt bekommen. Für Insekten keimen hier Kugeldisteln, Calendula (Ringelblumen), Zottige Wicke und eine Blumenmischung.

Die sanitären Einrichtungen für Vögel und Insekten sind finalisiert:
Die bereits erwähnte Salatschüssel mit Steinen und Stöckern, gefüllt mit Wasser als Tränke sowie endlich, endlich ein Sandbad: Schon sehr lange war ich auf der Suche nach Sand. Da die Grundlage des Straßenbeets ist, dass dazu nur weggeworfene Materialien verwendet werden, konnte ich nicht einfach Vogelsand kaufen. Endlich entdeckte ich auf einem Kompostplatz etwas grobkörnigen Sand, den ich in die schon lange wartende Tonschüssel füllte. Die Sonnenuhr dient als Anflug- und Abflugplatz, sie wurde am Straßenrand aufgegabelt. Außerdem ist sie seeeehr malerisch, finde ich.

 

 

 

Ein Rebenherz voller Kieferzapfen heißt alle Krabbeltiere willkommen, die dort vorbeischauen mögen – genauso wie die benachbarten Steinhaufen und Muschelschalen, die Schutz für Kleinstlebewesen bieten. „Bienengarten“, wir kommen!


Das Weidentipi füllte ich mit dem Schnitt von Ziergräsern, beides im Winter auf einem städtischen Kompostplatz entdeckt. Innen bildet ein Holzklotz aus einem gefällten Baum die Basis, rund herum schichtete ich Tontöpfe und -scherben sowie weitere Baumscheiben auf: Wertvolle Nistplätze für Wildbienen, die im Holz brüten.

 

 

Der hintere Bereich des Beets wurde bewusst mit höheren Büschen bestückt, um die Luftverwirbelungen der vorbeirasenden Autos etwas abzufangen. Hier legte ich zusätzlich Totholz ab, um weitere Habitate zu schaffen.

Aktuell wird die Pflanzenauswahl durch aussortierte Stauden bestimmt: So zum Beispiel Heuchera, Farne, Schneeheide, Günsel, Bellis, Primeln, Hornveilchen, Vergissmeinnicht, Frauenmantel und die Überreste von Hyazinthen und Narzissen.
Mal abwarten, wann die Sommerblumen-Anzucht auf dem Balkon bereit zum Auspflanzen ist…

 

 

 

 

Am Straßenrand entdeckte ich einen Rumtopf sowie später einen Metalltisch, sie bilden nun die Mitte des Nachbarschaftsgartens unter der Linde. So ist der hässliche „Mulch-Vulkan“ etwas kaschiert. Ein verrostetes Emaillesieb beherbergt jetzt einige Sedumrosetten, die im Sommer sicherlich bis über den Rand hinaus wachsen werden.

Innovativ an meinem Straßengarten ist die Kombination der Themen:
Erstens ressourcenschonendes Haushalten mitten in einer Wegwerf-Gesellschaft, verbunden mit dem Respekt den Menschen gegenüber, die all die Pflanzen gezogen haben.
Zweitens das Nutzen von öffentlichen Grünflächen, die uns allen gehören: Statt sie mit Müll zu verschandeln, können wir sie auch tatkräftig verschönern!
Drittens die Dringlichkeit, auch kleine „Eh-da-Flächen“ ökologisch zu nutzen um Lebensraum für Wildtiere im urbanen Raum zu schaffen.
Viertens der Klimawandel, der dazu drängt, Böden durch Bepflanzung vor dem Austrocknen zu bewahren und durch Stadtgrün die steigenden Temperaturen abzupuffern.
Fünftens das gesellschaftliche Klima, das viel durch Ängste und Konkurrenzgedanken belastet wird, statt gemeinschaftliches Miteinander zu leben:
Mein Garten soll durch seine Ästhetik eine Oase im Alltag sein. Viele Passant*innen teilen mir mit, dass sie sich immer freuen, wenn sie mein aufwändig gestaltetes Beet sehen: Inzwischen ist daraus ein richtiger Treffpunkt für ein spontanes Gespräch geworden.

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Nachbarschaftsgarten: Wie kostenneutral ein wertvoller Lebensraum auf einer Brachfläche entsteht

Im Herbst 2023 begann ich, eine Grünfläche zwischen zwei Parkbuchten vor dem Haus stückweise zu jäten und mit Blumen zu bepflanzen.
Auslöser war, dass ich einen ganzen Berg voller Stauden entdeckte, der in einer öffentlichen Anlage auf die Abholung durch die Müllabfuhr wartete. Täglich werden in Deutschland neben tonnenweise Nahrungsmitteln auch Blumen vernichtet. Da ich es nicht über’s Herz bringen konnte, all die schönen Blumen der Entsorgung zu überlassen, nahm ich eine Reihe Exemplare mit: So viele in meine Fahrradkörbe am Lenker und auf dem Gepäckträger passten.
Außerdem fand ich auf dem Müll ein Tipi aus Ästen, das ich mitnahm, um bei Gelegenheit ein Insektenhotel daraus zu gestalten.Im Winter schmückte ich die beiden Stäbe, die der kleinen Linde Stabilität geben, mit Tannengrün und Metalllaternen – ebenfalls vom Müll gerettet.
Und dann passierte erst einmal nichts….
Bis ich im Februar, wie immer mit dem Rad unterwegs, über einen riesigen Berg an Farnen, Skimmie, Heuchera, Schneeheide, Carex und weiteren Gräsern stolperte. Wieder schlug mein Herz für all die Pflanzen, die zu mächtigen Müllhaufen aufgeschichtet waren, und ich schleppte so viele nach Hause, wie ich in Fahrradkörben und Rucksack unterbringen konnte.

Langsam kam frischer Wind in die Fläche zwischen den Parkbuchten:
Die Farne sorgten für einen Hauch von Waldatmosphäre, Heuchera schenkte hübsche Blattfärbung und Struktur, und die Skimmie pflanzte ich rundum als kleine Hecke. Sie blühte im März wunderschön und wurde eifrig von ersten Bienen besucht. Sogar drei große Exemplare rettete ich vor der Vernichtung, um das Beet nach hinten zur Straße etwas abzuschirmen: Schließlich sollen die Vögel, für die ich Schalen voller Wasser und Sand aufgestellt habe, auch in Ruhe „ihre sanitären Anlagen“ nutzen können (-;

Wenn ich mal wieder ein Stündchen im „Straßenbeet“ verbrachte, blieben inzwischen Nachbar*innen und Passant*innen stehen und unterhielten sich mit mir über mein Projekt. Die anderen Mietparteien unseres Hauses betrachteten mein künstlerisches Chaos vor der Tür zunehmend wohlwollend, je mehr es nach einem „vernünftigen Beet“ aussah.

Die Vogeltränke aus Ton ersetzte ich durch eine Plastikschüssel, die ich auf dem Weg zum Gottesdienst aus einem Gebüsch zog: Sie hält deutlich besser dicht. Mehrere Steine und Stöcke sorgen dafür, dass sowohl Insekten als auch Vögel gut trinken und trockenen Fußes wieder davon fliegen können.

Eine Freundin nahm mich im Auto mit zu einem Spaziergang, unterwegs sammelten wir eine alte Sonnenuhr vom Straßenrand ein: Der perfekte Blickfang zwischen Farnen und Heuchera! Schließlich soll der Bienengarten auch die Passant:innen erfreuen.

 

 

 

Später entdeckte ich am Rand einer Parkanlage Primeln, Hornveilchen und Günsel, die ich als nächste Ergänzung rettete. Währenddessen entwickelten sich die Wolfsmilchgewächse, die mir im Winter in die Hände gefallen waren, ganz wunderbar: Beispielsweise neben der Salatschüssel-Vogeltränke (-;
Sooo schön!

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Tipi aus Ästen beinhaltet als Basis einen Holzklotz, der von einer Baumfällaktion an der U-Bahn vor einigen Jahren stammt. Darüber schichtete ich den Schnitt von diversen Gräsern, um Insekten Schutz zu bieten. Eine Holzscheibe soll noch aufgehängt werden, damit holzbrütende Wildbienen darin ihre Gänge für die Larven bauen können.

 

 

 

Selbst blühende Hyazinthen lassen sich aus dem Müll fischen – da frage ich mich schon, welche Person Zwiebelblumen in voller Blüte wegwirft?!
An einem Müllkorb traf ich eine ältere Dame, die auf der Suche nach Frühblühern war: Sie wollte sie für den NABU sicherstellen, die wiederum Blumenzwiebeln sammeln und auf Grünflächen auspflanzen wollen, um Insekten zum Start in den Frühling Nahrung bieten zu können.Als ich wieder einmal einen trockenen Moment für eine Runde Gartenarbeit nutzte, kam eine Nachbarin vorbei und brachte mir einen Karton voller Blumensamen für eine Sommerblumenwiese: Sie hatte zuviel davon gekauft, lieben Dank für die Spende!
Obwohl jedes Mal, wenn ich eine Weile im „Straßenbeet“ buddle, der Verkehr wie verrückt neben mir rauscht (beste Grüße an alle, die eine Wohnstraße zur Durchgangsstraße machen, um eine Abkürzung zu nehmen!), genieße ich die Zeit beim Gärtnern. Immer wieder bleibt jemand stehen und lobt meine Bemühungen, und ich vergesse mich ganz im Hier und Jetzt, während ich die nächsten geretteten Stauden in die Erde bringe. Parallel versuche ich, mich nicht allzu sehr über Hundehaufen mitten im Beet und alte weiße Männer, die alles besser wissen und mich belehren müssen, aufzuregen.

Wer jetzt bitte an den Anfang des Beitrags zurückgehen möchte:
So sah es im September 2023 aus, im letzten Foto ist der Stand Mitte April 2024 zu sehen.
Alles, was es dazu brauchte, waren Pflanzen, die vernichtet werden sollten – und immer wieder eine Stunde Engagement meinerseits, um die geretteten Stauden einzubuddeln.
So ist aus einer hässlichen Fläche ein schöner Blickfang geworden, der vielen Passant*innen ein Lächeln schenkt und Tieren ein Zuhause gibt. Kostenfrei, nur mit gelegentlich einer Runde Muskeleinsatz!

Daher meine Ermutigung:
Wo ist in deiner Nähe eine sogenannte „Eh-da-Fläche“, die sich kostenneutral mit geretteten Blumen (oder Samen) begrünen und aufwerten lässt?

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Zucchini-Party in der Gartengruppe: Herzhafte Waffeln backen

Neben diversen Kräutern für unser wildes „Naschbeet“ hatte ich auch eine Erdbeerstaude und eine gelbe Zucchini für die Senioren-Residenz gekauft und gepflanzt.
Nun war die Zucchini erntereif, wie mir verschiedene Damen und Herren sehr drängend mitteilten. Zum Glück musste sie nur einige Tage im Kühlschrank parken, bis die Gartengruppe wieder auf dem Programm stand. Solange konnte ich darüber brüten, was ich aus einer einzigen Zucchini für 12 Personen zubereiten sollte – ohne einen Herd oder Ofen nutzen zu können!
Im Gespräch mit einer Marktfrau entwickelte ich den Gedanken von herzhaften Waffeln, in der die geraspelte Zucchini für besondere Saftigkeit sorgte.
So probierte ich am Abend vorher aus, wie das Mischungsverhältnis von Teig und Zucchini sein musste, um daraus dicke belgische Waffeln zu backen.
Wer einen klassischen Waffelteig anrührt, dabei auf Zucker verzichtet und wegen der wässrigen Zucchini nur die Hälfte der Milch verwendet, bekommt ein gutes Ergebnis. Den Teig verfeinerten wir mit ordentlich Kräutern und etwas Salz und Pfeffer.

Damit möglichst viele Anwesende etwas zu tun hatten, teilte ich die Zubereitung in drei Gruppen auf:
Gruppe 1 rieb die Zucchini durch eine einfach Reibe auf einen tiefen Teller und probierte an einer Extraportion, ob sie genießbar war oder wir die gekaufte Ersatzzucchini verwenden mussten.
Gruppe 2 bereitete den Teig zu, dabei wurde zu Beginn die Milch weggelassen. Eine Dame füllte eine kleine Portion Teig in eine extra Schüssel und arbeitete mit ihrer persönlichen laktosefreien Milch weiter. Der Großteil des Teigs wurde mit normaler Milch angerührt.
Gruppe 3 backte die Waffeln, dabei befüllten eine Dame und ein Herr von beiden Seiten gleichzeitig jeweils eine Hälfte des belgischen Waffeleisens. Eine dritte Dame hatte die Kontrollleuchte im Blick und eine vierte stattete alle fertigen Waffeln mit gold- und silberfarbenen Partyschirmchen aus: Sie war die „Schirmchen-Beauftragte“.
Zusammen mit einer Scheibe Gouda und sauren Gürkchen konnten wir wunderbar schlemmen! Damit es eine richtige „Zucchini-Party“ wurde, schenkte ich Limonade und bunte Säfte aus – inklusive Strohhalmen.

Alle waren eifrig beschäftigt, wer keine konkrete Aufgabe hatte, fühlte sich als AufpasserIn.
Vom Duft angezogen kamen noch Nachzügler dazu und wir erlebten einen sehr fröhlichen Nachmittag zusammen.

Weitere praxiserprobte Ideen für die Gruppenleitung teile ich auf der Website „Schatzkiste Seniorenbetreuung“.

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Gartenprojekt mit Senioren: Bericht aus dem Bienenbeet

Seit Sonntag ackere ich mich durch diverse Beete der Senioren-Residenz, begleitet von wechselnden Damen und Herren.
Um trotz anhaltender coronabedingter Einschränkungen Gemeinschaft zu ermöglichen, gestalte ich den Garten mit einzelnen BewohnerInnen neu. Mein Ziel ist, dass die Anlage einen wesentlich höheren Anteil an ökologisch nützlichen Pflanzen hat, die sich auch für die SeniorInnen verwenden lassen. So säten wir nicht nur Wildblumen für Insekten, sondern legten eine Kräutergarten an und ließen essbare Blüten keimen. Beerensträucher sind ebenfalls bestellt und sollen nächste Woche ankommen, zusammen mit trockenheitsresistenten Stauden für den sonnigen Eingangsbereich.

Als ich im monatlichen „Hauskurier“ zum Mitmachen aufrief, waren die Rückmeldungen seeeehr verhalten. Im Gespräch konnte ich einige dazu verlocken, sich auf meine Liste setzen zu lassen, aber die Vorbehalte und Ängste überwogen deutlich. Nach zwei sonntäglichen Einzelbetreuungen an Terrassenkübeln trommelte ich für den Montag ein Grüppchen zusammen, die an unterschiedliche Beete verteilt wurden, um die Corona-Auflagen zu erfüllen. Mit dabei: „Mein Arm tut so weh“, „Ich kann heute gar nicht gut stehen, mein Bein schmerzt“, „Die Augen-OP schränkt mich ein und ich darf mich nicht bücken“ und als Teilnehmer Nummer vier „Ich kann nicht lange stehen, muss im Sitzen arbeiten“. Ich hörte mir artig die diversen Einschränkungen an und stellte die einzelnen Aufgaben in den verschiedenen Arealen vor. Anschließend schlug ich vor, wer wo arbeiten könnte, platzierte die Stauden, stellte allen einen Stuhl ans Beet, verteilte Schaufeln usw.

Alle warteten auf konkrete Anweisungen, während ich zwischen den einzelnen Parteien hin und her zischte. Der Herr, der nicht stehen konnte, grub bereits mit dem Spaten das gesamte Erdreich um. Die Dame, deren Arm schmerzte, packte kräftig am Blumenkübel mit an, und die Seniorin, die sich nicht bücken sollte, saß auf dem Stuhl und krebste zischen ihren Füßen im Boden herum. Obwohl alle eine ständige Betreuung erwarteten, was bei einer Leitung und vier Anwesenden für sie wie für mich viel Geduld erforderte, war die Stimmung sehr gut. Immer wieder kamen weitere SeniorInnen vorbei, hielten an, schnackten, trieben ihren Hund zwischen den Beinen aller hindurch oder setzten sich im Strandkorb dazu.
Absolut niemand erwähnte ein einziges Mal all die Gründe, warum sie zu schwach seien, um mitmachen zu können.
Alle wollten gerne weitermachen, als ich zum Aufräumen blies. Niemand fand, es sei an der Zeit, zurück ins Appartement zu gehen. Nur ich wollte gern nach Hause….
Die Dame mit dem schmerzenden Bein lief sogar in den zweiten Stock und zurück, nur um einen Handfeger zu holen, mit dem sie die Beeteinfassung aus Steinen abbürsten wollte.

Am Dienstag war sie gleich morgens wieder am Start, während ich im Hintergrund Löcher für höhere Stauden grub, holte sie mir die Pflanzen aus den Töpfen und fühlte sich allgemein nützlich.
Nachmittags schnappte ich mir eine weitere Dame, die anscheinend nicht ganz verstanden hatte, was genau die Aktivität sein sollte, und sich ständig wunderte: „Ich wusste ja nicht, dass ich alleine hier bin! Und was ich hier alles tun soll! Also darauf hatte ich mich nicht eingestellt!“ Aber sie fuhrwerkte sehr eifrig mit mir herum, erzählte Geschichten von ihrer Tochter, die beide Hosentaschen voller Regenwürmer hatte, und bestimmte ganz klar, welche Stockrose mit welcher Blütenfarbe an welchen Standort kommen sollte.
Außerdem verliebte sie sich in einen Tausendfüßer (Bild oben): „So fein! Schau mal, so fein, wie er sich schlängelt, und so kleine Beinchen…“ Er stürzte mehrfach ab und musste aus dem Gras geklaubt und zurück auf ihre Hand gesetzt werden.

Zum Schluss nahmen die Dame und ich uns ein Beet vor, das gestern nicht ganz fertig geworden war, und ich drängte einen unschuldigen Herrn dazu, der in der Nähe einsam auf der Terrasse saß, mir mit dem Spaten bei den dicken Wurzelausläufern im Boden zu helfen. Mit seinen Birkenstock-Schlappen kam er tatsächlich ins Beet und legte sich kräftig ins Zeug. Während dessen schimpfte er ununterbrochen: „Gestern waren hier sooo viele Leute, und heute biste ganz alleine, Marie. Das ist doch nicht in Ordnung! Wo sind die denn alle?“
Dabei war natürlich Zweck und Ziel der ganzen Aktion, möglichst viele SeniorInnen nacheinander einzubeziehen und aktiv werden zu lassen. Je kleiner die Gruppe, desto eher kann ich ZuschauerInnen mal schnell zum Mitmachen bewegen…

Wer sich konkrete Hinweise und Tipps für ein Gartenprojekt mit SeniorInnen wünscht, wird in der Schatzkiste Seniorenbetreuung fündig.