aufmerksam, kreativ

Neujahr im „Garten der zweiten Chance“ am Straßenrand

Vom Staudenzüchter Karl Förster stammt der Satz „Es wird durchgeblüht!“ Angesichts von Hamamelis, Winterjasmin, Seidelbast und Christrosen stimme ich ihm absolut zu, allerdings beinhaltet mein Beet von all diesen Schönheiten nur die Christrosen. Ich bin sehr dankbar, dass die Friedhofsbesucher:innen wie verrückt Christrosen wegwerfen, die ich nur einsammeln und in meinen Nachbarschaftsgarten pflanzen muss – gar keine Frage. Dass ich komplette Zaubernussbüsche aus dem Kompost gerettet habe, ist allerdings noch nicht passiert….
Dafür blüht die violette Chrysantheme seit Weihnachten und leitet wunderbar das neue Jahr ein!
Bei meinen Rettungstouren in Parkanlagen sammelte ich inzwischen diverse Heidestauden und Gaulthiera (Scheinbeere), sodass die Lücken, die die Maden des fiesen Dickmaulrüsslers in meine Heuchera-Bestände gebissen haben, halbwegs wieder gefüllt sind.

Auch die Ringelblumen blühen unermüdlich, die gelbe Chrysantheme treibt gerade neu aus und trägt viele Knospen – sogar die Strauchmagerite hält immer noch durch. Sie alle sehen reichlich zerzaust und verfroren aus, und dank des Mantras „Leave the leaves!“(Lass die Blätter liegen) haben es die Nacktschnecken darunter schön gemütlich. Als ich abends Weihnachtsbesuch verabschiedete und bis nach unten auf den Gehweg begleitete, musste ich erstmal jede Menge Nacktschnecken aus den Christrosenblüten klauben. Dennoch sehe ich keine Alternative zum Liegenlassen des Herbstlaubs, um direkt vor Ort kompostiert zu werden und die Erde der Verkehrsinsel aufzuwerten.

Bis auf einen sehr plötzlichen, mächtigen Schneefall über Nacht im November müssen die Stauden bisher vorrangig mit endloser Nässe klarkommen. Entsprechend grün sehen die 18 Quadratmeter zwischen Durchgangsstraße, Fußweg und Parkplätzen aus und erfreuen nach wie vor viele Passant:innen. Umso schöner, wenn in jedem Monat Blühendes entdeckt werden kann, auch im dunkelsten Winter!

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Neues aus dem „Nachbarschaftsgarten der zweiten Chance“: Von Rosen und Raupen

Hach, was freue ich mich an meinem Straßenbeet, genannt „Garten der zweiten Chance“.
Alle Stauden, die ich von öffentlichen Kompoststellen rette, finden hier zwischen Fuß- und Radwege sowie Straße ein Zuhause. Viele Pflanzen, die ich im Februar und März einsammelte, kommen nun so richtig in Schwung: nach der Hitze- und Trockenperidoe freuen sie sich über den Regen von ganzen zwei (!) Tagen. Und das in Hamburg, wo man uns doch nachsagt, wir wären immer in Regenjacken unterwegs… So blüht nun die größte meiner fünf Rosen, innen Sonnengelb und außen Kirschrot. Oder Mohnrot? Ich muss sie weiter beobachten
Immerhin hat der Starkregen die Blattläuse vertrieben, dabei knickte zwar Knospe Nr. 2 um, aber naja: Die Rosensaison geht ja erst los.

Farblich sehr schön passend blüht das Habichtskraut, bei dem Fachleute warnen, es würde sich wie verrückt ausbreiten. Da es von zahlreichen Insekten geliebt wird, hat es dazu meine offizielle Genehmigung! Überhaupt wird dieser Sommer zeigen, was genau ich eigentlich alles gerettet und eingebuddelt habe, wer überlebt und wer einen anderen Standort braucht. Ja, und sicher auch, wer stirbt – heute holte ich eine große Runde mehrerer besonders hübschen Heidepflanzen aus dem Boden, die einfach die krasse Sonneneinstrahlung nicht mögen (und deren Wurzelballen zu verfilzt sind, um langfristig anwachsen zu können).

Das grau-behaarte Zeug, das seeehr entfernt an Lavendel erinnerte und stark würzig riecht, entpuppt sich im Wachstum tatsächlich als Currykraut und wird aus dem halbschattigen Bereich in das Gebiet der Farne umgesiedelt: Letztere stehen in praller Sonne und brauchen einfach mehr Feuchtigkeit. Immerhin, ein kleines bißchen Schutz spenden die Blätter der jungen Linde inzwischen.

Ganz glücklich bin ich, dass die mageren Blättchen von neulich tatsächlich zu einer Campanula (Glockenblume) gehören, die erste beginnt gerade zu blühen. So, so schön – ich liebe alles, was an Waldgärten erinnert! Daneben nicken die zarten Blütenstände der Heuchera im Wind, und hinter dem Tipi aus Ästen wächst die Königskerze langsam, aber sicher zu einer ordentlichen Höhe. Ich nehme noch Wetten an, wer am Ende im Juli größer sein wird: Die Königskerze oder das Tipi?!

 

 

Auch über die Fingerhüte freue ich mich, sie stammen von einem großen Sandberg neben einem neu gebauten Geschäftskomplex in der Nähe. Zuerst war ich mir nicht hundertpro sicher, ob die zaghaften Blattrosetten mal Fingerhut oder doch Königskerzen würden – beide mag ich sehr, also kam es nicht drauf an. Sie schenken ganz wunderbar Höhe im hinteren Teil des Beets und werden den Sommer als Teil des „Bienengarten“ große Mengen an Insekten beglücken.

 

 

Zwischendurch blieb eine (mir fremde) ältere Dame stehen und befragte mich, ob ich das Beet „ganz aus eigenem Antrieb angelegt“ hätte. Ja, und auch ganz ohne Hilfe! Ich erklärte ihr, dass nur Pflanzen und Gegenstände aus dem Müll hier einziehen dürften, um darauf hinzuweisen, dass vieles auch jenseits der erwarteten Lebensdauer eine Daseinsberechtigung hat.

Zum Schluss ein Blick auf meinen kleinen Freund, den Marienkäfer: Endlich ist er da, ich habe schon so nach ihm gesucht, da ich genügend Futter in Form von Blattläusen fand!
Genug geschnackt, ich muss wieder runter ins Beet: Nacktschnecken und die Raupen des Frostspanners absammeln, juhu!