aufmerksam, kreativ

Kleine Kommode überarbeiten: Ein Schatz mit Flair aus Kindheitstagen

In einem sogenannten „Geschenkeschrank“, in dem alle möglichen Dinge (von Büchern bis Babykleidung), die überzählig sind, abgegeben und kostenlos entnommen werden können, entdeckte ich diese kleine Kommode. Sie erinnert mich an einen Puppenschrank meiner Kindheit und eignet sich perfekt, um in die bunte Mischung meiner Ordnungshelfer auf dem Basteltisch eingereiht zu werden: Endlich finden die Schleifenbänder und Dekoschnüre ein Zuhause!
Vielen Dank daher an die unbekannte Spenderin und an Gott, der mich mit weiser Hand kostenlos versorgt…

Nun war die kleine Kommode mit diversen Ölfarben zugekleistert, die leider vergraut und nicht mehr schön waren. Die fiepseligen Schubladen abzuschleifen sparte ich mir, da ich sie sowieso nicht verwenden werde. Die Ölfarbe wiederum wollte ich nicht schmirgeln, sondern nahm den Heißluftföhn, um mit einem Spachtel die alte Farbe weich zu machen und abzukratzen. Das war mein erster Versuch mit dieser Technik, und natürlich stank die olle Farbe erbärmlich. Während ich (bald mit Corona-Maske im Gesicht) versuchte, möglichst wenig davon einzuatmen, fragte ich mich müßig, seit wann eigentlich bleihaltige Farben verboten sind…. dabei würde sich ein uralter Topf mit einem Farbrest für so ein kleines Schränkchen natürlich perfekt eignen! An Stelle der VorbesitzerIn hätte ich hier aus Kostengrünenden ebenfalls einen Rest aus dem Kellerregal aufgebraucht, die musste das Zeugs ja auch nicht wieder runter bekommen (-;
Bald lief es besser, sodass ich die Kommode mit der hellblauen Farbe streichen konnte, die ich bereits für den selbstgebauten Kasten und andere Utensilos auf dem Basteltisch verwendet hatte.

Nach einer weiteren Schicht Klarlack und ausreichend lüften durfte der kleine Schrank auf dem Basteltisch einziehen. Viele Schleifenbänder hatte ich bereits vorher von den überdimensionierten Spulen gelöst und auf Pappstreifen gewickelt. So brauchte ich sie nur noch farblich passend einräumen. Ta daaa!

Jeweils ein halbes Stündchen hier und da verbrachte ich in den letzten Monaten im Keller, bis jetzt alle Komponenten zusammen gekommen sind. Dabei hatte ich keinen Plan, immer wieder fielen mir Dinge in die Hände, die ich gut verwenden konnte. So ist der Basteltisch organisch gewachsen und lädt dazu ein, es mit einem winzigen Budget nachzumachen.

Über dem Basteltisch hängt ein Poster von der schwedischen Illustratorin Lena Anderson, es zeigt eine Abbildung aus dem Bilderbuch „Linnéa im Garten des Malers“. Dort besucht Linnéa in Giverny den Garten Monets, eine wunderschöne Geschichte, pädagogisch und inhaltlich toll umgesetzt. Das Poster entdeckte ich vor einigen Jahren im Urlaub in Finnland, das Buch „Sturm-Stina“ der selben Illustratorin aus meiner Kindheit besitze ich heute noch. Da der Basteltisch im Schlafzimmer steht, kann ich das Poster auch vom Bett aus anschauen…

Ich liebe die finale Einrichtung meines Kreativplatzes und streichle ihn immer wieder mit den Augen (-; Schließlich hat es eine geraume Weile gebraucht, ihn Stück für Stück aufzubauen.
Vorn steht mein grün bemalter Stuhl, grün gefärbt sind außerdem die Kommode mit den Herzen, das Haus-Regal und weitere Utensilos jenseits des Bilds. In Blau habe ich die hölzernen Stehsammler gestrichen, den selbst gebauten Kasten und ein kleines Tablett.

Es macht soooo viel Spaß, hier zu sitzen und zu werkeln. Ich erlebe einen riesigen Unterschied, ob ich mich gelegentlich irgendwo in eine Ecke der Wohnung setze und jedes Mal alles wieder aufräumen muss (wie auf dem Esstisch), oder ob ich einen ganz expliziten Ort habe, der für mich und meine Kreativität reserviert ist.
Für mich hat das Einrichten dieses Tischs enorm viel mit Respekt meinen Talenten gegenüber und mit Selbstermächtigung zu tun. Statt mich für mein Hobby zu schämen, weil es nicht dem Trend entspricht, zelebriere ich hier ganz friedlich und froh meine künstlerische Entwicklung. Endlich!

Umso schöner, dass viele der Utensilos bereits im Haushalt vorhanden waren und nur neu gestrichen werden brauchten, von den Kleinanzeigen stammen oder kostenlos aufgesammelt wurden. Das gibt dem Ganzen Seele, finde ich, und deshalb feiere ich diesen Platz so sehr!

 

 

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Zweiter Teil: Aufbewahrungsmöglichkeiten für den Basteltisch anfertigen

Mein wunderbarer „Hier-quetsche-ich-mich-zum Basteln-hin“-Tisch im Schlafzimmer wird langsam ordentlicher, was direkt die Freude am Gestalten erhöht. Nach wie vor fehlt einfach ein eigenes Atelier, aber bis es so weit ist, übe ich mich im Improvisieren: Neulich berichtete ich hier vom Bemalen verschiedener Ordnungshelfer. Nun war mein geliebtes „Vintage Green“ endgültig leer, sodass ich auf dem Rückweg von einem Termin im Baumarkt einen neuen Topf Farbe kaufte. Und einen Angestellten ganz lieb fragte, was denn wohl mit den Resten passiert, wenn KundInnen sich Holz zusägen lassen? Bevor die in den Müll kämen, wäre ich doch sehr froh, das eine oder andere Stück zu retten….. Das durfte ich auch und nahm zwei Stück Spanplatten-Verbundsstoff-Wasweißich mit, die ganz stabil aussahen. Zu Hause unterwies mich mein Mann an der Stichsäge, sodass ich die Bretter sowie eine Holzlatte zurecht sägte, um daraus einen schmalen Kasten zu bauen.

Dann folgte das übliche Prozedere, da es dankenswerter Weise wieder über 30°C waren, verkroch ich mich jeden Tag für eine Stunde im dunklen, kühlen Keller:
Abschmirgeln, die hölzernen Stehsammler und die Bretter anstreichen, warten. Nächster Tag, zweiter Anstrich der Stehsammler, die Bretter zum Kasten zusammen nageln, den Kasten zum zweiten Mal lackieren, warten. Dritter Tag, Stehsammler klar überlackieren, den Kasten ebenfalls, warten. Vierter Tag, die Stehsammler ablüften lassen, den Kasten an der Unterseite klar lackieren, warten. Fünfter Tag, den Kasten an den Kanten noch einmal lackieren, ablüften lassen, usw. usf.
Mein Mann schaute vorbei und wunderte sich, warum ich meine neuen Utensilos ausgerechnet in Grau (!!!) anstrich. Es sah im fiesen Kellerlicht tatsächlich völlig fürchterlich aus, aber als ich wieder ans Tageslicht auftauchte, erkannte ich an den Flecken auf meinem Arm, dass es sich glücklicher Weise doch um ein schönes Blau handelte. Mich hatten zwischenzeitig bereits heftige Zweifel an meiner Farbwahl überfallen und ich hatte mich geärgert, einen großen Farbtopf gekauft zu haben, den ich nach dem Öffnen ja unmöglich retournieren konnte. Aber das Blau harmoniert wunderbar mit meinem geliebten, leider aufgebrauchten Grün: Also alles schick!

Der Kasten ist definitiv kein Meisterwerk geworden, da es sich um kostenlose Resteverwertung handelt, ist mir das komplett egal. Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff, aber so schnell, wie wir ihn abholzen, können noch nicht einmal Viren sich vermehren. Daher finde ich es wichtig, auch minderwertige Holzreste sinnvoll zu verwenden.
Sobald meine Pappe darin untergebracht ist, erfüllt er seinen Zweck – von Schönheit brauchen wir beim Upcycling nicht automatisch sprechen…

aufmerksam, glaubhaft

Buchempfehlung: „Kleines Zuhause, große Freiheit. Erfüllt leben auf wenig Raum“ von Julia Seidl

Wohnen im Schiffscontainer, einer kleinen Scheune, einer Lifthütte, einem Postbus:
Das bedeutet wenig Platz, neue Perspektiven und eine besondere Form der Freiheit. Julia Seidl besuchte zehn Personen in ihrem ungewöhnlichem Zuhause von 6m² in einem hölzernen Anhänger bis 85m² in einem historischen Kleinbauernhaus. In ihrem Buch berichtet sie aus deren Alltag und stellt ihr Lebensgefühl vor.

Alle Bewohner sind sich darin einig, dass sie das ständige Sich-mit-dem-Nachbarn-vergleichen zulasten der Umwelt überflüssig finden. Sie definieren sich nicht über das (schönste und größte) Eigenheim, über Besitz oder Aussehen oder sonstigen Aufwand, den wir betreiben, um vor unserem sozialen Umfeld gut da zu stehen. Wir Deutschen meinen, wir hätten ein Anrecht auf ein „Haus im Grünen“, das nullkommanichts nicht mehr im Grünen steht, weil überall Neubausiedlungen wuchern. Wir besiedeln die noch vorhandenen Freiflächen so rasant wie nie zuvor, obwohl wir nicht mehr Menschen sind. Wir wollen einfach nur immer mehr privaten Raum, zulasten der Umwelt, die bald komplett versiegelt und betoniert ist. Klimakatastrophe olé.


Die BewohnerInnen der vorgestellten Domizile leben ihren Bedürfnissen gemäß:
Im Rhythmus mit der Natur, in der denkmalgeschützten Hütte mit Blick auf die Geschichte, in einer selbstgebauten Schiffscontainer-Siedlung. Sie wollen nur wenig Ressourcen verbrauchen, nur wenig Raum beanspruchen, dafür umso mehr Luft und Licht um sich haben. Manche leben das halbe Jahr auf einer Wiese im Nirgendwo, manche gestalten bewusst Raum für Interessierte und bilden eine Gemeinschaft auf Zeit.

Die Wohnfläche je Wohnung betrug 2017 im Durchschnitt 91,8 Quadratmeter. 41 % der deutschen Haushalte sind Singlehaushalte. Ein-Familien-Häuser werden nur wenige Jahre tatsächlich von Eltern und Kindern bewohnt, die meiste Zeit steht ein Großteil der Fläche leer: Erst nach dem Auszug der Kinder, dann nach Versterben des Partners. So lebt in vielen Häusern nur eine Person, während junge Familien auf der grünen Wiese bauen. Dabei wäre im gleichen Haus genug Platz für alle.

„Der Grund dafür ist, dass Eltern nach Auszug der Kinder oft in der großen Familienwohnung bleiben. Vor allem Wohnungseigentümer sind wenig geneigt, nach der Familienphase in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Zudem ist der Anteil älterer Haushalte, die im Eigentum wohnen, seit 1978 von etwa 40 auf 55 Prozent gestiegen.“ Umweltbundesamt

„Haushalte und ihre Mitglieder belegen nicht nur Wohnfläche innerhalb von Gebäuden, sondern ihnen ist allein oder anteilig auch die Grundstücksfläche, auf der das Wohngebäude steht, zuzurechnen. Hinzu kommt weitere Bodenfläche außerhalb des Wohngrundstücks, zum Beispiel die Fläche für Erschließungsstraßen oder andere Infrastrukturen, wie Abwasserbeseitigungsanlagen oder Spiel-, Sport- und Grünflächen, die dem Wohnen dienen. Jede Nutzung von Bodenflächen durch den Menschen hat mehr oder weniger große Auswirkungen auf die Umwelt. Das gilt auch für die Nutzung durch Siedlungsflächen und dadurch bedingt für die Flächen der Verkehrsinfrastruktur. Irreversibel wird etwa in die Fläche eingegriffen, wenn natürliche Bodenstrukturen und -funktionen zum Beispiel durch Überbauung und Versiegelung zerstört werden. Ziel muss es sein, knappe Fläche nachhaltig und umweltschonend, ökonomisch effizient und sozial gerecht mit Rücksicht auf künftige Generationen zu nutzen.“ Quelle: Umweltbundesamt

Wer kritisch darüber nachdenkt, wie wir jenseits der Norm innerlich zufrieden und der Umwelt gegenüber fair wohnen können, hat sicher Freude an der Lektüre von Julia Seidl.