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Upcycling: Meuchelmord zwischen Blusen

Der Stoff knittert. Die Ärmel schlabbern. Am Bauch hängt und beult es: Manche Kleidungsstücke sind einfach schlecht geschnitten. Völlig egal, wie weich der Stoff fällt und wie hochwertig das Muster gedruckt wurde: Im Alltag trage ich es nicht. Wenn meine Schwester nach eingehender Beratung die gleichen Probleme hat, endet das Leben eines solchen Kleidungsstücks unwiderruflich:
Kleinanzeigen, Spende an die Flüchtlinge oder die Nähmaschine schreitet ein. Neulich habe ich bereits andere Kleidungsstücke in Kissen verwandelt, und heute nimmt die Aktion noch einmal Fahrt auf:
Eine Bluse transformierte sich, inklusive Knopfleiste und Brusttasche, in ein Kissen.
Und ein Strickdings-zum-Überwerfen, das ich achtmal umnähte, um es schlussendlich wutentbrannt zu zerschneiden, wurde ebenfalls ein Kissen. Nach den ausdrucksstarken Varianten der letzten Woche hier ganz sanft in schläfriger Bett-Atmosphäre.
Ich warne euch, Klamotten: Wer zuppelt und hängt, wird zerschnitten und umgenäht!

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Schnipp, schnapp, Ärmel ab: Upcycling vom Pulli zum Kissen

Über die Sofa-Kissen-Neid-Attacke schrieb ich neulich in diesem Artikel. Dort versprach ich auch, bald vorzustellen, wie ich aus einem grobmaschigen Pullover mein neues, hippes Kissen anfertigte.
Dazu legte ich den Pullover schön glatt ausgebreitet auf den Esstisch und das ursprüngliche Kissen (ebenfalls selbst genäht) obendrauf. Am Schwierigsten war der Bereich, an dem die kurze Seite des Kissens in den Halsausschnitt ragte und ich mich fragte, ob hier vielleicht einfach einige Zentimeter fehlen. Als offene Kante nahm ich unten den Saum des Pullovers, alle drei anderen Seiten nähte ich zu. Dabei folgte ich einer Spur aus Stecknadeln und nähte nur im Zickzackstich, um das lockere Maschenbild bestmöglich zu erhalten. Und vor dem späteren Ausfransen und Aufribbeln zu bewahren. Den Rest des Pullis schnitt ich todesmutig ab, wendete die Hülle und zog sie über´s Kissen. Zum Schluss stattete ich den Saum des Pullovers zum Verschließen mit Druckknöpfen aus, fertig.

Auch eine Tunika musste ihr altes Leben aufgeben und wurde verwandelt:

Das künstlerische Kissen nähte ich aus einer Tunika, deren Muster und Farben ich sehr mochte, die kurzen Ärmel und den Schnitt weniger. Hier trennte ich als erstes die formgebenden Abnäher der Tunika auf, um den Stoff glatt verarbeiten zu können. Dann breitete ich sie flach aus, maß, schnitt zu und nähte ratz-fatz das Kissen. Die Kissenöffnung bildet auch hier der untere Saum – was soll ich mir Arbeit machen, die schon getan wurde?!

Und schon war der Neid auf moderne Interior-Designerinnen aus den USA angesichts der eigenen Kreationen deutlich abgeflaut…

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Nostalgische Geburstagskarte – einfach gestaltet

Für eine Freundin gestaltete ich eine Gaburtstagskarte. Sie sollte aufwendiger und persönlicher sein als der übliche kurze Kartengruß, daher besorgte ich Bögen nostalgischer Sammelbilder.
Von den Abbildungen ließ ich mich zum Text inspirieren:
„Liebe Nora, für dein neues Lebensjahr wünsche ich dir Erbeeren aus dem Garten für köstliches Eis (Erdbeerbild), prächtige Glückpilze (Pilzbild), fröhliche Momente und Leichtigkeit im Alltag (Schmetterlinge), dass du Entwicklungen aufblühen (Sonnenblume) und Frucht tragen siehst (Pfirsiche), dass du Schätze am Wegesrand findest (wilde Kirschen), Dankbarkeit und Anerkennung für deine Arbeit (üppige Blüte) und kleine Überraschungen genau dann, wenn du es brauchst (Pflaumen für einen Kuchen)!“
Zur Nachahmung herzlich empfohlen, angesichts der schönen Glanzbilder kommen die guten Wünsche ganz von allein…

 

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Schwuppdiwupp: Ein Tässchen voll Blumen

 

Für eine recht kurzfristige Verabredung brauchte ich unbedingt ein kleines Mitbringsel. Was mir abends kurz vor 22.00 Uhr einfiel.
Aber die kluge Frau sorgt vor, so habe ich in meinem reichen Fundus immer irgendetwas, das sich auch spontan verarbeiten lässt. In diesem Fall steht bei uns gerade ein sehr üppiger Strauß aus weißen Chrysanthemen, aus dem ich mir ein paar Blüten klaute.
Eine kleine Tasse mit blauem Muster füllte ich mit gewässertem Steckmoos. Im Dunkeln schnitt ich aus einem Kübel auf dem Balkon fünf Efaublätter und steckte sie in die Basis. Einen Zapfen drahtete ich an und befestigte ihn seitlich. Mittig arrangierte ich Blüten in unterschiedlichen Größen und ließ einige Knospen über den übrigen Blumenköpfe schweben – als ob sie gerade frech heraus wachsen. Eukalyptuskapseln und eine schillerne kleine Kugel, die an eine Seifenblase oder eine frostige Perle erinnert, fielen mir ebenfalls in die Hände und sorgen für Abwechslung.
In einer Kuchenform, gestützt von einem Ring Luftpolsterfolie, machte sich das Tässchen am nächsten Morgen mit mir auf den Weg durch die Stadt…

 

Ob abends um 22:20 oder morgens um 8:00 Uhr: Die Lichtverhältnisse sind bescheiden…

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Winterlicher Apfelkranz

Ganz offensichtlich liebe ich Kränze aus Äpfeln, wie ich angesichts der dritten Variante heute feststelle: Zuerst habe ich es mit „echten“ Äpfeln ausprobiert, die grün und unreif vom Baum fielen. Im Herbst sammelte ich kleine Zieräpfel im Alten Land und fertigte daraus einen kleinen Kranz. Und nun fand ich auf der Suche nach bestimmtem Bastelmaterial ein Säckchen mit diesen kleinen künstlichen Äpfeln im Schrank. So kann ich zum ersten Mal einen haltbaren Kranz gestalten. Er erinnert mich an winterliche Futterplätze für Vögel, wo den Tieren ja auch gern Äpfel angeboten werden.

Wie immer beim Apfelkranz ist es ganz leicht: Ausreichend dicken Draht nehmen, vorsichtig nacheinander durch die Äpfel schieben, anschließend die Drahtenden verdrehen. Die verdrehte Stelle mit farblich passendem Band umwickeln, eine Schleife binden sowie, wenn nötig, eine Schlaufe als Aufhänger.

Hier hatte ich noch einige Äpfel übrig und habe eine der Kerzenschalen von meiner festlichen Tischdekoration damit gefüllt. Auch liegend wirkt der Kranz sehr malerisch… sonst wird er an Schranktüren oder kahle Äste in der Vase gehängt.

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Anleitung für winterliche Gestecke

 

Heute versuche ich es mal wieder mit einer floristischen Schritt-für-Schritt-Anleitung. Der springende Punkt bei mir ist, dass ich die ersten drei bis vier Arbeitsschritte immer ordentlich per Kamera festhalte, und danach so im Flow bin, dass ich erst angesichts des fertigen Blumenarrangements wieder daran denke, ein Foto zu machen.
In diesem Fall kam dazu, dass mein Mann plötzlich im Türrahmen stand und meinte: „Schatz, wir müssen in zwanzig Minuten los!“ Während ich einen Schreck bekam: „Aber die Gestecke müssen fertig werden, und ich muss mich noch umziehen, und meine Schwester wollte wegen Druckerprobleme noch von uns irgendwas ausgedruckt und mitgebracht haben, und ich muss noch schnell zwei Grußkarten zusammenkleben und schreiben!“
Was soll ich sagen: Mit einem kleinen Trick haben wir es mehr als pünktlich zum Hauptbahnhof geschafft… Mit fertigen Gestecken, mit schicken Klamotten, ohne Druckergebnisse (unser Gerät wollte zu Weihnachten auch mal Ruhe haben…), mit dem noch heißen Kuchen meines Mannes, mit den Einzelteilen der Grußkarten sowie Klebestift und Kugelschreiber im Rucksack. Wozu fährt man denn mit dem Zug, wenn man die Zeit nicht zum Basteln und Schreiben nutzt? Eben!
Keine Ahnung, was das ist, dass Weihnachten immer die Zeit knapp wird. Immer. Auch am zweiten Feiertag noch. Und dabei denke ich Ende des Jahres grundsätzlich, „wenn ich erstmal frei habe, dann liege ich nur noch schief im Ohrensessel und lese ein Buch nach dem anderen“: Ha! Ha! Nie passiert das! Stattdessen ist immer irgendwas Hektisches los!

 

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Anleitung:
Wie immer fangen wir damit an, Steckschaum in passende Stücke für die Gefäße zu schneiden. Während dessen lassen wir Wasser ins Waschbecken laufen. Dann legen wir den Steckschaum auf das Wasser im Waschbecken, damit es sich vollsaugen und nach unten sinken kann. Sobald sich das Steckmoos vollgesogen hat, ummanteln wir es mit Efeublättern und lassen es vorsichtig in die Gefäße rutschen. Da ich hier durchsichtige Glasgefäße hatte, bei denen das Steckmoos unsichtbar sein sollte, ist der Schritt als Grundlage wichtig. Wer undurchsichtige Schalen benutzt, kann den Schritt auslassen.

 

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Als nächstes wird eine ungerade Zahl Efeublätter rund um den Gefäßrand gesteckt, um eine Basis zu bilden. Damit wird der hässliche Übergang vom Steckschaum zum Gefäß verdeckt.
Danach platziere ich jeweils eine Spitze eines Rhododendronastes in die Mitte des Gestecks. Zwischen die Rhododendronblätter stecke ich kleine Buchszweige und Beerenzweige.
Zum Schluss verteile ich künstliche Äpfel am Draht und Spiegelbeeren (Weihnachtskugeln am Draht) im Arrangement. Wer es „nur“ winterlich haben möchte, kann statt der Spiegelbeeren Walnüsse weiß bemalen und auf Draht zwischen die Blätter stecken. Auch kleine Dekorationen wie Schneeflocken oder Schneemänner können hier ihren Platz finden. Eigentlich wollte ich noch jeweils eine kleine, schmale Kerze einarbeiten, das habe ich vor lauter Flow vergessen…

 

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Tischdekoration mit gelb-roten Äpfelchen

Nach unserem Ausflug ins Alte Land gestaltete ich eine farbenfrohe Tischdekoration. Dazu verwendete ich kleine Zieräpfel (Holzäpfel), die ich unterwegs gesammelt hatte. Entlang der Hauptstraße in Jork stehen viele gelbleuchtende Ahorn-Bäume, auch ihr Laub findet sich auf dem Teller wieder.

Vorsichtig stach ich Blumendraht durch die Äpfelchen und reihte dabei abwechselnd rote und gelbe Früchte auf. So entstand ein dekorativer kleiner Kranz. Zum Schluss verzwirbelte ich die Drahtenden und kaschierte die Stelle mit einer Satinschleife.

Auf den Teller legte ich ein dunkelrotes Ahornblatt und darauf ein etwas kleineres, gelbes. Sie bilden den Rahmen für den Apfelkranz. Weitere kleine Zieräpfel können locker auf dem Tisch verstreut werden – dank ihrer Größe finden sie auch zwischen Schüsseln und Servierplatten noch Platz.

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Hippe Hose wird kuscheliges Kissen

Vorher: Eine Jeans aus sehr hochwertigem Stoff in meiner Lieblingsfarbe Grün, leider unglaublich bescheiden geschnitten. In der Hoffnung, das tolle Material und die hippe Farbe mit einem eigenen Schnitt zur Geltung kommen zu lassen, kaufte ich sie. Leider stellte sich nach dem ersten Waschen und Tragen heraus, dass es so viele Baustellen gab, dass keine Möglichkeit blieb: Es hätte ein Profi die Jeans völlig neu schneidern müssen.
Also zerschnitt ich sie mit dem Plan, ein Kissen daraus zu nähen.

Dabei stellte ich fest, wie schwierig es ist, die benötigte Länge von einem Meter bei 50cm Breite aus einer Jeans in Größe 36 zu bekommen. An den Beinen getragen, sieht eine Jeans immer nach viel Stoff aus. Aber zerschnitten musste ich ganz schön rechnen und stückeln, bis das Material reichte. Nur der Po blieb über, die Hosentaschen lassen sich noch anderweitig verarbeiten.

So nähte ich zuerst die „Fläche“ des Kissens, klappte es dann auf die Hälfte um, steppte oben die Naht und fügte unten einen Reißverschluss ein.

Nachher: Nachdem es bereits fertig auf der Bank thronte, entschied ich mich doch noch für ein feminines Detail und nähte weiße Spitze auf. Farbe und Stil lockern die karierte Umgebung auf, die Kissen und die Tischdecke habe ich ebenfalls genäht (aus einer Bettwäsche).

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Streifen und Blüten für eine wilde Bluse

 

Vor einigen Jahren kaufte ich eine neuwertige Bluse meiner Lieblingsmarke im Second-Hand-Geschäft. Die Bluse war mir deutlich zu groß, was genau richtig war, denn ich hatte ein bestimmtes Projekt damit vor.

Nun fiel mir beim Aufräumen der Kragen in die Hände, der beim Projekt übrig geblieben war. Ich schnitt ihn zusammen mit der Schulterpasse halbrund und schaute mich nach einer farblich passenden Bluse als Basis um. Ein etwas zu großes Exemplar mit gewebten Streifen fand ich, mit zwei neuen Abnähern saß sie schnell viel besser.

 

 

Der gestreiften Bluse schnitt ich einfach den Kragen ab und steckte den geblümten Blusenteil mit Stecknadeln fest. Nachdem ich sehr lang abwechselnd die Basisbluse und den blumigen Kragen mal oben, mal unten glatt ziehen musste, passte es irgendwann. Ich steppte den Kragen am „Kraterrand“ fest und folgte mit der Nähmaschine der Rundung um die Schulter. Anschließend befestigte ich Baumwollspitze auf der Kante des geblümten Stoffs, um einen harmonischen Übergang von den Streifen hoch zu den Blumen zu gestalten.

 

 

Den Übergang des amputierten Streifen-Kragens zum neuen Blumen-Kragen sicherte ich im Zickzackstich und kaschierte die Naht mit einem Spitzenrest aus dem Fundus.

 

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Atemfreude, aufmerksam, Presse

Artikel im „Hamburger Abendblatt“ über meine Atemfreude

Um juristisch auf der sicheren Seite zu sein, zeige ich hier nicht den originalen Artikel, sondern einen Einblick in den internen „Hauskurier“

In der aktuellen Wochenendausgabe der größten Hamburger Tageszeitung ist ein Artikel über meine „Atemreisen“ erschienen.
Am 20. Juni fand die Atemfreude „Ausflug ins Freibad“ statt. Viele BewohnerInnen gondelten mit dem Bus auf einer Ausfahrt durch Norddeutschland, sodass wir eine sehr handverlesene, kleine Gruppe waren. Umso intensiver profitierten die Einzelnen von der gemeinsamen Stunde. Während dessen notierte die Journalistin ihre Eindrücke zum Konzept und fotografierte. Anschließend folgte ein Interview mit mir und seitdem war ich gespannt, wann und wie der Bericht abgedruckt wird.
In der Senioren-Residenz, in der meine Kurse stattfinden, leben fitte Damen und Herren in hochpreisigen Appartements und genießen ein äußerst umfangreiches Programm: Von kulturellen Angeboten über sportliche Kurse, Ausflüge und kreative Treffen ist täglich eine Menge los.

Martina Petersen, die Journalistin, hat mir erlaubt, den Text hier zu veröffentlichen. Vielen Dank!

Mit ihren interaktiven Atem- und Lockerungsübungen begeistert die ausgebildete Logopädin Marie Krüerke (33) auch gesundheitlich eingeschränkte Bewohner in der Kursana Residenz Hamburg.

„Atemreisen“ für Senioren

In der Mitte des Stuhlkreises ist aus Badelaken, Sonnenhut und Backförmchen liebevoll eine typische Strandszene aufgebaut. „Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie in Ihrer Jugend an den Badesee gefahren sind?“, fragt Marie Krüerke (33) in die Runde. Die acht Bewohner, die heute zur „Atemreise“ in den Gymnastiksaal der Kursana Residenz Hamburg gekommen sind, nicken eifrig. „Dann schließen Sie kurz die Augen und tauchen Sie ganz in die schöne Erinnerung ein“, sagt die ausgebildete Logopädin, die seit einem halben Jahr in der sozialen Betreuung der Niendorfer Senioreneinrichtung arbeitet. Während sich auf den Gesichtern der Senioren ein Lächeln ausbreitet, startet Marie Krüerke fröhlich eine Phantasiereise, in die sie spielerisch eine Vielzahl therapeutischer Übungen eingebaut hat.
„Viele alte Menschen sitzen einen Großteil des Tages. Der Brustkorb fällt ein, Schultern und Nacken sind oftmals verspannt. Die nach vorn geneigte Haltung wird durch das Gehen am Rollator noch verstärkt“, sagt sie. „Mein Ziel ist es, die Bewohner in eine angenehm aufgerichtete Haltung zu bringen, damit die Lunge wieder Raum zum Atmen bekommt. Da ich auch kognitiv eingeschränkte Senioren ansprechen möchte, tauchen wir gemeinsam in eine Szenerie ein, mit der alle eine möglichst positive Erinnerung verknüpfen.“ So führten die Phantasiereisen, an der auch zahlreiche hochbetagte und demenziell erkrankte Senioren regelmäßig teilnehmen, bereits auf einen Bauernhof, in den Botanischen Garten oder in den Zirkus.
„Der liebevolle Zuspruch, den wir in dieser Runde bekommen, motiviert mich enorm“, sagt Bewohnerin Hella Ebert (99), die alle Übungen im Sitzen ausführt. Mobilere Senioren stapfen indes an der Seite von Marie Krüerke mit kräftigen Schritten im Kreis auf einem imaginären Kiesweg zum Badesee. Dann pusten alle mit kräftigen Atemzügen einen Schwimmreifen auf, wiegen sich mit ihm in den Hüften und tauchen mit weiten Schwimmbewegungen ins erfrischende Nass ein. Spätestens jetzt sind die Senioren mit allen Sinnen in der fröhlichen Szenerie angekommen, viele seufzen genüsslich. Selbst anstrengende Bewegungen wie das Dehnen der Flanken bei den anschließenden Kraulbewegungen führen sie mit einem Lächeln auf den Lippen aus.
Nachdem ein Theraband als Badelaken zum kräftigen Abrubbeln des Wassers vom Körper fungierte, verteilt Marie Krüerke zur Entspannung an alle Seifenblasen. Ilse Erdmann (97) pustet mit entspannten tiefen Atemzügen wie an einer Perlenkette eine Vielzahl bunt schillernder Blasen in den Raum. „Das habe ich schon als Kind sehr geliebt“, sagt sie glücklich.
„Die Senioren-Generation, die bei uns lebt, hat ihr Leben meist mit großer Disziplin bewältigt und war auf Durchhalten programmiert. Viele Frauen waren ihr Leben lang in erster Linie für ihre Kinder und die Familie da“, sagt Marie Krüerke. „Ich freue mich, wenn ich ihnen jetzt spielerisch solche Wohlfühlmomente in der Gemeinschaft vermitteln kann. Es berührt mich sehr, wie viel Dankbarkeit sie mir dafür entgegenbringen.“
Anschließend sollen sich die Kursteilnehmer vorstellen, mit einem Blasebalg begleitet von kräftigen „f-t“-Lauten zur Stimulierung des Zwerchfells eine Luftmatratze aufzupumpen. Nachdem sie sich in der Vorstellung Sonnenmilch ins Gesicht einmassiert haben, wird mit ausholendem Zungenkreisen ein imaginiertes Eis geschleckt. „Hmmm! Lecker Schokoladeneis“, ruft Ursula Krönke (88) begeistert. Durch die ganzheitliche Körperaktivierung bei den „Atemreisen“ wird die Lunge gestärkt, die aufrechtere Haltung unterstützt die Position des Kehlkopfes im Hals und die Stimmlippen können besser schwingen. So können sich zum Abschluss alle daran freuen, mit deutlich belebter Stimme einige Sommerlieder anzustimmen.
„Ich war nach einer schweren Lungenentzündung gesundheitlich sehr angeschlagen“, erzählt Ursula Krönke, die zusammen mit ihrem Mann regelmäßig an den „Atemreisen“ teilnimmt. „Durch diese Übungen habe ich wieder mehr Weite im Brustkorb und bekomme viel besser Luft. Und ich bin auch motivierter, allein für mich Atemübungen zu machen.“

Inzwischen habe ich mein Konzept für eine Fachzeitschrift aufbereitet und werde berichten, sobald dort der Abdruck erfolgt.

Wer mehr zum Konzept der Atemfreude wissen möchte:

Grundlagen des Konzepts
Begriffserklärung in fünf Sätzen
Atemübungen mit dem ganzen Körper genießen
Einblick in eine Atemfreude – was währenddessen passiert
Spielen verboten! Ich bin doch schon neunundachtzig!

Bei Madoo habe ich die ersten Atemfreude-Konzepte hier veröffentlicht.