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Presse: Kreatives Schreiben mit SeniorInnen

Spielräume, um Kraft zu schöpfen

Mit „Kreativem Schreiben“ und einem ganzheitlichen Gute- Laune-Programm für mehr Lebensfreude im Alter

Eine Schachtel mit einer großen Auswahl an Knöpfen war früher in jedem Nähkasten zu finden. Jetzt stöbern die Bewohnerinnen der Kursana Residenz Hamburg durch die  schmucken Accessoires, um mit ihrer Hilfe die Fantasie anzuregen: „Kreatives Schreiben“ steht auf dem Programm der Senioreneinrichtung, und ein ausgewählter Knopf soll zum Ausgangspunkt der eigenen Geschichte werden. „Es ist faszinierend zu sehen, mit wie viel Begeisterung die Teilnehmerinnen in kreativen Fluss kommen und beim Schreiben einen Riesenspaß erleben“, sagt Logopädin Marie Krüerke (36), die die Gruppenaktivität in diesem Sommer neu ins Leben gerufen hat.

Doch bevor die rund zehn Seniorinnen auf der großen Terrasse der Residenz für das Schreiben ihrer Geschichten zu Papier und Stift greifen, weckt die Mitarbeiterin der sozialen Betreuung mit gezielten Übungen die Spielfreude und regt die Sinne und das Sprachzentrum an. Da wird etwa ein imaginärer Ball von einer Seniorin zur anderen geworfen und sein Flug lautmalerisch mit „Hui“, „Peng“ oder „Platsch“ begleitet. Bei Reim-Spielen wird der Begriff „Berg“ beispielsweise mit „Zwerg“ ergänzt. Oder es wird ohne künstlerischen Anspruch bunt durcheinander auf ein Blatt gekritzelt. „Ich nenne unser Warmspielen mit einem Augenzwinkern `wir enthemmen uns´“, sagt Marie Krüerke. „Dabei gilt es, den inneren Zensor und die Angst vor dem weißen Blatt Papier zu überlisten.“

Bei den anschließenden kurzen Schreibübungen werden durch Postkartenmotive oder beispielsweise die Knopfauswahl Impulse gegeben. Oder Fragen regen den kreativen Prozess an: Wenn ich eine Farbe wäre – welche wäre das?  Wie fühlt sich diese Farbe an, und was bedeutet sie? Wenn eine Bewohnerin dann formuliert, sie sei „erfrischend blau wie ein Bergsee in Tirol“ werden Urlaubserinnerungen zur Kraftquelle. Oder eine ehemalige Seglerin kann heutige Beschwerden für Momente vergessen, wenn sie angesichts eines Segelbootmotives ihr Leben Revue passieren lässt. „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was Freiheit ist“, leitet sie ihre Geschichte ein.

„So schwingt manches Mal Biografisches beim Schreiben mit“, erzählt Marie Krüerke. „Im Mittelpunkt all meiner Übungen steht jedoch, spielerisch einen Raum zu erschaffen, in dem sich die Bewohner wohl fühlen und – gerade in den herausfordernden Corona-Zeiten – Kraft schöpfen können. In unserer Leistungsgesellschaft geht der Blick bei alten Menschen viel zu sehr auf Defizite. Hier möchte ich mit unseren Senioren ihr Potenzial entdecken, mit dem sich das Hier und Jetzt genussvoll gestalten lässt.“ In ihrem neuen Buch „Gruppenspiele für gute Laune“ zeigt Marie Krüerke anhand zahlreicher einfacher Übungen, wie auch bei körperlich oder kognitiv eingeschränkten Teilnehmern über ein ganzheitliches Training aller Sinne ermutigende Erlebnisse angeregt werden können. Viele Spiele lassen sich auch unter Wahrung der Corona-Abstandsregeln zur Stärkung von Gemeinschaftsgefühl und Lebensfreude in Seniorengruppen einsetzen.

Am Ende des „Kreativen Schreibens“ können sich die Bewohnerinnen mit Marie Krüerke über die Ergebnisse austauschen. Sie können aber auch den Mitbewohnerinnen aus ihren Geschichten vorlesen. Lieselotte Limberg hat bei der heutigen Übung einen orangefarbenen Knopf in Herzform ausgewählt und ihn in ihrer Fantasie an das Dirndl einer Sennerin geheftet. „Wenn sie Wanderern auf der Alm eine Erfrischung reicht, kommt es schon einmal vor, dass sie beherzt einen der oberen Knöpfe am Dirndl öffnet“, liest sie und schmunzelt.

Buchtipp:

Marie Krüerke: Gruppenspiele für gute Laune – Loslegen, Lachen, Überraschen. Vincentz-Verlag 2020.

Text von Martina Petersen, www.kursana.de

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Mein Leben als Autorin: Kein Zimmer für mich allein

Virginia Wolf schrieb im September 1929 den Artikel „A Room of One’s Own“, in dem es sowohl um Bildungschancen für Frauen ging als auch um das Recht, ein eigenes Zimmer und damit Privatsphäre zu haben. Das Privatzimmer der Frau ist nämlich nicht die Küche, auch wenn Mann das gern dachte (und denkt…).
Ich kann zwar im Arbeitszimmer an meinen Manuskripten und Verlagsbewerbungen schreiben, während mein Mann neben mir sitzt – entspannter ist es allemal allein. Konzentrierter sowieso.
Aber mein Computer steht nun einmal neben seinem Computer, und am kleinen Tablet schreiben macht bei langen Texten einfach keinen Spaß.

Wenn ich also allein arbeiten möchte, muss ich mir etwas ganz Anderes ausdenken:
Bei gutem Wetter richte ich mir ein temporäres Büro auf einer Holzbank ein.
Am liebsten tue ich das auf dem weltgrößten Parkfriedhof, und dort an einer Ecke, die ich persönlich „Skandinavien“ nenne. Die beiden Bänke dort zwischen den Birken am Wasser sind extrem beliebt, insofern verrate ich garantiert nicht, wo „Skandinavien“ liegt. Schließlich habe ich selbst öfter Pech, und die Bänke sind belegt. Oder ich muss erst einmal eine Weile auf der maroden Bank ausharren, bis die schöne Schwester frei wird.

Ich nehme mir grundsätzlich neben meinem Notizbuch, das ich immer bei mir trage und in dem ich alle Ideen für Konzepte festhalte, weitere Lektüre mit. Schließlich garantiert mir niemand, dass ich völlig im Flow versinke und die Ideen nur so sprudeln. Insofern habe ich immer Lesestoff aus Fachliteratur und einen Roman dabei, um mich zwischendurch zu entspannen oder querzudenken. Meine Wasserflasche und Proviant sind natürlich auch notwendig, schließlich möchte ich genussvoll zwei bis drei Stunden ausharren können.
Ganz wichtig: Einen zweiten Stift, falls der erste gerade dann aufgibt, wenn die Gedanken so richtig schwirren.
Was habe ich auf der rotten Parkbank (s. unten) bereits geflucht, weil der Kuli plötzlich nicht mehr wollte, wie er sollte! Seitdem nehme ich zur Sicherheit einen Bleistift zusätzlich mit, der funktioniert immer!
In einem Café zu sitzen und Konzepte zu entwickeln, wäre mir viel zu anstrengend, da zu laut und zu unruhig.
In der Natur finde ich die Umgebungsgeräusche angenehm, weil ich nicht so steril vor dem Monitor sitze und mich zu Produktivität verpflichtet fühle. Draußen spüre ich den Wind, höre das Laub knistern, den Schwan gründeln und die Bläßhühner kreischen, das erlebe ich als positive Kulisse. Ich kann zwischendurch Kastanien sammeln, die über mir herunter stürzen, oder mich zeitweise im Schneidersitz auf meine Jacke ins Gras setzen. Barfuß.

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Mit Urlaubserinnerungen dekorieren: Aufhängen einmal anders

Im Urlaub sammeln wir aufregende Erlebnisse und entspannende Momente jenseits des Alltags. Gelungene Fotos sollen uns daran erinnern, da liegt es nahe, sie zu rahmen und aufzuhängen. Auf die Dauer wirken Urlaubsfotos an der Wand aber etwas langweilig…
Wer mit minimalem Aufwand eine abwechslungsreiche Idee sucht, hängt Souvenirs und Fotos einfach in Äste, die aufgestellt werden.

Ich liebe Birkenäste, Buche ist genauso geeignet: Einfach lange Zweige im Wald sammeln, einen großen Blumentopf mit Sand oder Steinen füllen und die Äste darin arrangieren.
Ich hänge in meinen Zweigen gern zuerst Wimpelketten auf, um Struktur zu geben und einen Rahmen zu schaffen. Dazwischen platziere ich Fundstücke und Urlaubserinnerungen, je unterschiedlicher, desto besser.

Urlaubsfotos vergrößere ich und verstärke sie von hinten mit Pappe. Sie bekommen ein Band zum Aufhängen, und schon sind die Urlaubserinnerungen gut sichtbar ausgestellt. Wer regelmäßig innerhalb der Wohnung umzieht und nicht ständig Löcher in die Wände bohren möchte, kann stehende Äste als Grundlage für Deko als Gestaltungsprinzip flexibel einsetzen.

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Kann alleine: Vom Glück, es allein zu schaffen

Kleinkinder haben eine ausgedehnte „Kann-alleine-Phase“:
Anziehen, essen, das Dreirad aus dem Gartenschuppen ziehen – immer heißt es „Lleine machen!“ oder „Kann lalleine!“
Uns Frauen mangelt es leider oft am „Lleine machen“: Wir warten darauf, dass unser Partner oder eine Freundin Lust hat, bei unseren Plänen mitzumachen. Wir trauen uns nicht, einfach mal ohne die Ratschläge anderer loszulegen. Wir meinen, schief angeschaut zu werden, wenn wir allein in den Urlaub fahren oder auch nur allein im Café sitzen.

Ich bin gern allein unterwegs, einfach, weil ich auf niemanden Rücksicht nehmen muss und mein eigenes Tempo bestimmen kann. Dennoch gibt es Dinge, die ich vermeide, weil ich meine, es allein nicht zu schaffen. Besonders, wenn es darum geht, mich auf die Kraft meines Körpers zu verlassen.

Letztes Wochenende waren mein Mann und ich im Kletterpark, und es stellte sich heraus, dass ich mich deutlich geschickter anstellte. Überraschung Nummer eins.
Außerdem stellte sich heraus, dass ich es hasste, immer die Erste an der nächsten Aufgabe des Parcours zu sein, aber genauso wenig die Zweite sein wollte. Überraschung Nummer zwei.
Oft genug stand ich auf 14 Metern Höhe auf der Plattform und jaulte: „Ich habe echt Angst, echt jetzt!“ und sprang wenige Sekunden später doch auf das nächste Seil oder hangelte mich über das nächste Hindernis.
Also, liebe Frauen: Kann alleine! Einfach mal machen, im Zweifelsfall hat der Mann an unserer Seite viel weniger Ahnung, als wir so glauben (und hoffen).

Nachdem das Stand-Up-Paddeln im Urlaub so viel Spaß machte, aber eben nur mir Spaß machte, war klar:
Das mache ich in Hamburg bald mal wieder. Lalleine machen.
Also lieh ich mir vorgestern ein SUP aus, um den Kletter-Muskelkater durch Paddel-Muskelkater zu kontern, und legte los. Entgegen der Meinung des Profis schön in die Gegenrichtung der empfohlenen Strecke, um mehr Spaß und Spannung zu haben. Leider besiegte mich bald ein ausgedehntes Kiesbett, das ich mit noch so viel Ziehen am SUP nie überwinden konnte, sodass ich umdrehen, das SUP über die Schleuse tragen und neu einsetzen musste. Wat soll’s, ich hatte meinen Plan umgesetzt, war gescheitert und paddelte nun auf der deutlich langweiligeren Hauptstrecke entlang.

Scheitern gehört dazu, hat aber nichts mit Versagen zu tun – versagen tut nur, wer es gar nicht erst versucht.
Und ich hatte dann ja eine wunderbare Paddeltour, nur wesentlich ruhiger, als auf meiner privaten Abenteuerstrecke geplant.
Obwohl ich eine Menge auf dem SUP herum turnte, um Fotos von der Landschaft zu machen, blieb ich sicher oben. Meine Wechselkleidung war also, wie immer, überflüssig. Und das Schleppen des großen, dreckigen SUPs schaffte ich auch wunderbar alleine. Und der Kletter-Muskelkater war nach dem Paddeln sogar weg.
Na also.
Leine machen!

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Gottesdienst am Arbeitsplatz feiern: Eine lohnende Herausforderung

In meiner Arbeitsplatzbeschreibung steht definitiv nicht, dass ich mit den SeniorInnen der Residenz Gottesdienst feiere. Erstens ist es nicht mein Job, zweitens bin ich keine Pastorin, und drittens sind wir kein christliches Haus. Da durch Corona seit einem halben Jahr die Pastorin nicht mehr zu Besuch kommt, um Gottesdienste anzubieten, entschloss ich: Das geht so nicht weiter. Zu besonderen Anlässen habe ich schon Andachten gestaltet, die den SeniorInnen gut gefielen, also setzte ich einfach einen Termin fest und hoffte, dass mir zum Inhalt noch rechtzeitig etwas einfallen würde.
Für alle, die gern in einem offenen Rahmen am Arbeitsplatz Gott anbeten wollen, aber selbst nicht wissen, wie – hier teile ich meine Fragen und Lösungen.

Ein Thema finden:
Jenseits der klassischen Feste im Kirchenjahr ein Thema zu finden, kann anstrengend werden: Das Motto soll nicht völlig nebulös und langweilig sein, aber auch nicht so speziell, dass es Einzelne abschreckt. Überhaupt: Einen roten Faden entwickeln, der einerseits neugierig macht und den wir andererseits sinnvoll inhaltlich füllen können, ist manchmal eine echte Herausforderung. Da ich lange grübelte, wie ich die Anwesenden aus unterschiedlichen religiösen Hintergründen gleichermaßen angemessen ansprechen kann und die Vorbereitungszeit immer knapper wurde, entschloss ich mich schließlich zur Kapitulation.
Ich betete: „Jesus, du weißt, dass ich einfach einen Termin für einen Gottesdienst festgesetzt habe. Du weißt, dass den SeniorInnen die Andachten fehlen. Du weißt auch, dass ich gerade überhaupt keinen Plan zum Inhalt habe, aber den Damen und Herren eine intensive Zeit in deiner Gegenwart schenken möchte. Nur: Das ist dein Job, nicht meiner. Erstens fällt mir echt kein schwungvolles Thema ein, das ganz unterschiedliche Menschen anspricht, und zweitens kann ich nichts dafür tun, dass diese Stunde eine kraftvolle Erfahrung für alle wird. Ich brauche dich jetzt wirklich dringend. Bitte schenke du mir eine Inspiration und die passenden Ideen, sie praktisch umzusetzen. Du weißt sowieso viel besser, was die BesucherInnen brauchen, als ich es in der Vorbereitung erahnen kann. Bitte schenke mir genau das, was jetzt an Ermutigung und Input dran ist.“
Tja, und schon hatte ich mein Motto: „Durchhalten“ nannte Gott mir als wichtigste Parole in der andauernden Corona-Zeit. Und die passenden Texte, Lieder, spirituellen Übungen und Fragen zum Austausch kamen dann fast von allein.

Mut zur Lücke:
Zum Thema „Durchhalten“ packte ich einen kleinen Pappkoffer mit lauter Dingen und Anregungen, um die nächste Etappe mit Corona zu überstehen. Nachdem ich mir als Auftakt diverse Vorschläge hatte nennen lassen, was die SeniorInnen meinten, was in den Koffer gehörte, zog ich einen Gegenstand nach dem anderen heraus und baute so meinen Gottesdienst auf. Vorher war ich unzufrieden gewesen, weil ich dank des Koffers zwar eine Verbindung zwischen den einzelnen Elementen hatte, aber so richtig rund wirkte der Gottesdienst nicht.
Durch diverse andere Aufgaben musste ich am entscheidenden Tag von jetzt auf gleich in die Andacht starten, ohne mich vorher einmal innerlich sammeln zu können. Ich war darauf angewiesen, dass mir in der Moderation die passenden Übergänge einfielen, damit während des Geschehens dann hoffentlich ein rundes Ganzes aus den einzelnen Puzzleteilen würde.
Und es wurde! Wenn wir unsere Komfortzone verlassen, wenn wir Gott in unserem Arbeitsalltag Raum geben, wenn wir als ChristInnen sichtbar werden, wenn wir dabei ziemlich Schiss haben: Gott kennt uns durch und durch und wird uns in dieser Herausforderung segnen. Er liebt es, wenn wir Schritte des Vertrauens auf ihn zu wagen, auch wenn wir Angst haben, unterwegs abzustürzen. Er wird uns niemals ins Leere fallen lassen, denn schließlich tun wir nichts anderes, als unseren Glauben sichtbar zu leben und andere dazu einzuladen. Genau das wünscht sich Jesus von uns, selbstverständlich stärkt er uns den Rücken dabei!
Insofern: Mut zur Lücke und auf Gott vertrauen, er gibt uns im richtigen Moment genau die passenden Worte. Das habe ich in den letzten Wochen überwältigend oft erlebt, sobald ich außerhalb meiner Routine unterwegs war. So auch in diesem Gottesdienst.

Authentisch sein:
Vor lauter Stress an diesem Tag hatte ich vor Beginn der Andacht keine Zeit, Gott um seinen Segen und Gelingen für den Gottesdienst zu bitten. Ich rauschte direkt in den Raum, baute schnellstmöglich auf, maß allen die Temperatur, sorgte für sonstige Corona-Maßnahmen und begann übergangslos das Programm. Erst, als wir das erste Lied sangen, fiel mir auf, dass ich durch meine Hetze sogar ein einleitendes Gebet mit den SeniorInnen vergessen hatte. Und da ich kein Gebet vorbereitet hatte, musste ich genauso beten, wie ich persönlich allein oder mit Glaubens-FreundInnen bete:
Echt, ehrlich, aus dem Moment heraus und extrem persönlich.
Keine schnulzigen Sätze in künstlicher und altmodischer Kirchensprache, sondern einfach so, wie ich mit Jesus sowieso jeden Tag mehrfach im Gespräch bin. Mit FreundInnen und Menschen aus der Gemeinde laut zu beten, wie mir gerade der Schnabel gewachsen ist, finde ich völlig normal. Als Gruppenleitung mit lauter alten Menschen einfach so mit Jesus drauf los zu sabbeln, ist aber etwas völlig anderes. Es ist viel intimer, als fünf vorbereitete Sätze in Kirchensprache abzulesen.
Tja, mir blieb nichts anderes übrig, als einfach so zu beten, wie ich immer bete. Ich hatte nichts vorbereitet, und ein (etwas nachgeholtes) Anfangsgebet wollte ich deshalb nicht ausfallen lassen.
Und das Wunder geschah: Gott gab mir genau die richtigen Worte, dass mein Gebet authentisch war, aber für alle Anwesenden verständlich und angemessen. Schließlich waren von dezent Interessierten bis ernsthaft Gläubigen ganz unterschiedliche Menschen versammelt. Während meines Gebets erfüllte der Heilige Geist spürbar den Raum und blieb bis zum Schluss, sodass eine sehr dichte Atmosphäre entstand.
Ich traute mich sogar, mit den SeniorInnen eine Gebetsgemeinschaft zu machen, was allen völlig fremd war. Coronabedingt musste ich die Zahl der Anwesenden klein halten und feierte dementsprechend gleich zweimal den selben Gottesdienst mit zwei Gruppen direkt hintereinander. Und in beiden Gruppen war die Offenheit für ganz neue Formen des Gebets und spiritueller Übungen extrem groß. Im zweiten Gottesdienst überschlugen sich die SeniorInnen in der Gebetsgemeinschaft derart, dass sie parallel beteten und sich gegenseitig ins Wort fielen, so begierig waren sie, nicht nur ein Gebet zu hören, sondern aktiv als Gruppe zusammen zu beten.
Hätte ich mich nicht zu Beginn nackig gemacht und vor allen gut sichtbar und hörbar genauso intim und ehrlich gebetet, wie ich sonst allein bete, wäre eine derartige Dynamik sicher nicht passiert.
Am Ende sagte eine Dame zu mir: „Danke für Ihren Mut, heute so zu uns zu sprechen.“ Ich schaute etwas kariert, daher insistierte sie: „Es braucht eine Menge Mut, eine Versammlung auf diese Weise zu leiten. Danke dafür.“

Dreist sein:
Einzelne SeniorInnen fragten mich vorab, wie ich denn dazu käme, einen Gottesdienst zu leiten.
Ich fragte zurück: Warum denn nicht?
Ich bin seit mehreren Jahrzehnten ununterbrochen Mitglied einer Kirchengemeinde, habe tausende von Veranstaltungen besucht, diverse Gottesdienste moderiert und Gruppen geleitet, was bitte soll mir an Kompetenz fehlen?
Eine Kollegin war völlig baff, als sie später nachfragte, wie die beiden Gottesdienste gelaufen seien, und ich erzählte, dass ich Abendmahl gefeiert hätte.
Wie, Abendmahl, darf das nicht nur die Pastorin machen?
Nö, wieso? Ich veranstalte ja keinen Hochzeitsgottesdienst und taufe auch niemanden, so eine harmlose Runde mit Abendmahl kann doch nun wirklich jedeR veranstalten. Die ersten ChristInnen damals feierten täglich zusammen Abendmahl, und es gab weder eine Pastorin noch ein Kirchengebäude noch einen Vorstand noch eine Kirchenmusikerin bzw. Worship-Band noch einen Hausmeister noch sonst irgendetwas, was eine Kirche heute unbedingt haben muss. Trotzdem haben sie ganz hervorragend Gottesdienst gefeiert, das war eben einfach eine basisdemokratische Versammlung, zu der alle etwas beigetragen haben.

Das Abendmahl mit Traubensaft und Milchbrötchen, das ich unter dem Begriff „Nahrung und Stärkung“ aus meinem „Koffer zum Durchhalten“ zog, war für viele ein besonderer Höhepunkt. Klar war es corona-bedingt anders als sonst, aber die begleitenden Worte (Einsetzungsworte) kannten alle ganz genau und ich sah ihnen an, wie wertvoll es war, mit Traubensaft und Milchbrötchen ein „ganz echtes Abendmahl“ zu feiern. Dass ich keine offizielle Pastorin bin und keine originalen Oblaten, sondern viel leckerere Brötchen verteilte, hat absolut niemanden gejuckt.

Also: Einfach mal dreist sein und darauf schei****, dass irgendwelche Sturköpfe in irgendwelchen Kirchen behaupten, nur sie allein dürften „Sakramente“ austeilen. Komplett egal.
Seit einem halben Jahr hat niemand mit den Damen und Herren gebetet, niemand hat mit ihnen einen hoffnungsvollen Choral gesungen, niemand hat sich um ihre spirituellen Bedürfnisse gekümmert. Wenn ich die Einzige bin, der das auffällt und die dagegen etwas unternimmt, dann tue ich das einfach. Und Gott hat da ganz sicher nichts dagegen.

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Mit Kritzeleien die Bibel verstehen: Bible Art Journaling ausprobiert

Seit einigen Jahren ist der „neue heiße Scheiß“ für christliche Frauen, Bilder in eine Bibel mit halbleeren Seiten zu malen. Es nennt sich super hip „Bible Art Journaling“. Ich persönlich habe viel zu viel Schiss, eine Bibel mit meinem Gekrakel zu verhunzen. Schließlich können versaute Seiten nicht schnell raus gerissen werden, denn ist es die BIBEL, da reißt man einfach keine Seiten raus!
In meiner Kleingruppe beschäftigen wir uns momentan mit den wirklich komplexen Texten aus dem Brief des Paulus an die ChristInnen in Ephesus. Die Sätze sind voll höchst bedeutungsschwerer Begriffe wie „Herrlichkeit, Ehre, Reichtum, Erkenntnis, Erfüllung“, dass einem nur so der Kopf schwirrt.
Und zum ersten Mal war es einfacher, meine Gedanken dazu als Zeichnungen festzuhalten, als die Dichte der Bedeutung sprachlich zu fassen.
So entstanden leuchtende Wolken voller Göttlichkeit und Herrlichkeit, die kraftvoll verwurzelte Liebe Gottes in Höhe, Breite, Tiefe und Länge, und am Ende trat Dagobert Duck auf: So, wie er in Goldtalern badet, segnet Gott mich „überschwänglich über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen“.


Einerseits ist es einfach lustig, abends miteinander unter Corona-Bedingungen in der einbrechenden Dunkelheit auf der Terrasse zu sitzen und wirre Bildchen zu extrem komplexen Zusammenhängen zu kritzeln. Andererseits tauschen wir uns danach ganz anders aus, und bekommen neu einen Einblick in die Denkweise und Persönlichkeit der anderen. Und wenn der neben mir sitzende Physiker Sätze wie „Einwirkende Kraft verändert die Form oder die Richtung“ beiträgt, sehe ich Gottes Wirken in meinem Leben mit ganz anderen Augen.
Also, in der Bibel herum zu kritzeln, oder auf einem kopierten Blatt mit dem Text, ist eine viel bessere Idee, als ursprünglich gedacht…

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Presse: Wo finde ich die Kraft, um andere zu trösten und zu leiten?

Als die erste Corona-Welle durch Deutschland rollte und besonders in den Senioren-Einrichtungen die Angst vor Ansteckung groß war, schrieb ich den Artikel „Kraft tanken, um im Alltag Kraft zu geben“. Jetzt ist der Text in der Fachzeitschrift „Aktivieren“ erschienen. Darin lud ich PflegerInnen und BetreuerInnen ein, sich mit essenziellen Lebensfragen auseinander zu setzen: Um angesichts der Bedrohung den Blick auf das Wesentliche zu lenken und gleichzeitig souverän mit den Befürchtungen der Senioren und Angehörigen umzugehen. Ich regte zu einer Suche nach Quellen der Hoffnung und Kraft an und bot Ideen zur Umsetzung. Zusätzlich stellte ich Fragen, um den Alltag auf Krisenfestigkeit abzuklopfen:

Welche Rollen habe ich?
Ehefrau, Freundin, Angestellte, Tochter, Schwester, Ehrenamtliche…
Welche Erwartungen werden an mich in den unterschiedlichen Rollen gestellt?
Wie viel Energie kosten sie mich? Bin ich zufrieden damit oder möchte ich manche Rollen aufgeben und dafür andere annehmen?

Wo tanke ich auf?
Und wo verliere ich die meiste Energie?
Wie sieht zwischen Ausbluten und Auftanken die Balance aus? Und was kann ich daran ändern?

Passen meine täglichen Aufgaben und meine Talente zusammen?
Wo möchte sich Potential entfalten, das bisher keinen Raum hat?
Welche Sehnsucht kann ich mir im Urlaub in Ruhe anschauen und überlegen, was ich damit machen will?

Welche Konflikte tauchen immer wieder auf?
Und welche schwelen unbenannt seit langer Zeit und rauben Energie?
Was ist mein Anteil daran?

Was ist mein Lebenstraum und wozu bin ich auf der Welt?
Lebe ich nur meinen Alltag oder gibt es etwas, das darüber hinaus weist und mir Sinn und Hoffnung gibt?

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Sommerliche Grüße selbst gestalten

Im Urlaub schreibe ich gern ganz klassische Kartengrüße.
Aber was tun, wenn wir trotz gründlicher Suche keine schönen Postkarten finden?
Für individuelle Sommerpost ließ ich ein Foto von der Küste entwickeln und gestaltete daraus Karten. Da ich mich bezüglich der Farbe für den Hintergrund nicht entscheiden konnte, bastelte ich verschiedene Varianten. Aus Paketband klebte ich einen Rahmen rund um das Foto und setzte als Akzent ein Seepferdchen aus Holz auf den linken Rand.
Ebenso können gesammelte Muscheln und Schnecken aufgeklebt werden.
Wer den Rand mit einer Heißklebepistole umfährt, kann dick Sand vom Strand darauf streuen und erhält damit eine schöne Struktur.

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Presse: Quiz zum Dialekte-Raten

Mit den SeniorInnen in der Residenz spielte ich letztes Jahr ein Dialekte-Quiz. Dazu suchte ich mir diverse Äußerungen, Kosenamen und Schimpfworte aus ganz Deutschland zusammen und ließ die Damen und Herren sowohl die Bedeutung als auch die Herkunft erraten.
Da alle so einen Spaß hatten, fertigte ich aus den plattdeutschen Begriffen eine Wolke von Sprechblasen an und hängte sie in der Lobby an die goldene Wand:
Zum Rätseln für alle SeniorInnen, die nicht dabei gewesen waren. Und als Small-Talk-Thema für BesucherInnen, um den Gesprächseinstieg mit Oma und Opa zu erleichtern.

Leider fand die damalige Leitung des Hauses diese Installation völlig indiskutabel und entfernte sie umgehend. Da hatte ich bereits einen Fachartikel über den Spaß mit Dialekten geschrieben und musste für die passenden Pressefotos leider, leider das Schandbild noch einmal aufhängen….
Durch Corona verschob sich die Veröffentlichung, jetzt erschien mein Artikel „Deutschlandtour mit Eumel und Dösbaddel“ in der Zeitschrift „Aktivieren“.
Ein erster Einblick in das Dialekte-Quiz ist online hier zu lesen.

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Das Problem mit dem Sex: Warum sind ChristInnen so verklemmt?

Komm und küss mich, küss mich immer wieder! Ich genieße deine Liebe mehr als den besten Wein. Nimm mich bei der Hand! Schnell, lass uns laufen, bring mich zu dir nach Hause! Du bist mein König! Ich freue mich über dich, du bist mein ganzes Glück. Deine Liebe ist kostbarer als der edelste Wein.“
Die Bibel, Hoheslied Kapitel 1, Vers 2-4

Ganz ehrlich:
Warum reden ChristInnen nie darüber, wie viel Spaß Sex macht?
Vor lauter Angst vor moralischen Fehlern wirken selbst offiziell verheiratete, heterosexuelle, christliche Paare, die nun wirklich jedes Recht haben, Sex zu genießen, völlig verklemmt.
Warum? Gelebte partnerschaftliche Sexualität ist ein Geschenk Gottes. Gott hat Sex erfunden! Wer sonst, wenn wir glauben, dass er unser Schöpfer ist? Warum gehen wir mit diesem Geschenk um, als wäre es ein hochexplosiver Sprengsatz? Warum sprechen wir nie positiv darüber in unseren Kleingruppen, sondern ermahnen uns nur ständig zu ehelicher Treue?
Sex ist Freude am anderen, Freude am eigenen Körper, Spaß, Extase!
Warum erleben wir das nicht?
Und wenn wir es erleben, warum reden wir nicht darüber?
König Salomo, der das Hohelied der Liebe schrieb, hatte diese Hemmungen nicht. Und diejenigen, die das Hohelied in die Bibel aufnahmen, ganz offensichtlich auch nicht. Sonst wären diese Liebesschwüre und erotischen Dialoge nie überliefert worden.

Nachts auf meinem Bett sehnte ich mich nach meinem Liebsten. So gern wollte ich bei ihm sein, doch er war nicht da! »Ich will aufstehn, die Stadt durchstreifen, durch die Gassen und über die Plätze laufen. Meinen Liebsten muss ich finden!« Ich suchte nach ihm, doch vergebens. Bei ihrem Rundgang griff die Wache mich auf: »Habt ihr meinen Liebsten gesehen?«, fragte ich sie. Kaum war ich an ihnen vorbei, da fand ich ihn, dem mein Herz gehört. Ich hielt ihn fest und ließ ihn nicht mehr los. Ich führte ihn in das Haus meiner Mutter, in jene Kammer, in der sie mich empfing.
Die Bibel, Hoheslied Kapitel 3, Verse 1-3

Hallo, sie wird mit ihm zurück im Haus wohl kaum im Dunkeln die Steuererklärung diskutieren oder endlich mal wieder Schach spielen!
Natürlich ist es absolut notwendig, Teenagern einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Körper und der erwachenden Sexualität beizubringen. Aber spätestens, wenn wir nach allen Regeln des Staats und der Kirche verheiratet sind, kann man dann nicht einfach Spaß haben?
Offensichtlich nicht.
Stattdessen wird die eheliche Treue hochgehalten, was sehr sinnvoll und notwendig ist, aber doch bitte nicht alles, was es zu Sex in der Ehe zu sagen gibt!
Warum sind wir so sprachlos?
Und warum nervt es anscheinend niemanden außer mir?
Würde ich heute Abend in meiner Kleingruppe sagen: „Leute, wir reden viel zu wenig über ehelichen Spaß im Bett, unter der Dusche und auf der Pferdekoppel!“, würde ich wohl ein ernstes Gespräch unter vier Augen riskieren.
Warum???

„Deine Brüste sind wie junge Zwillinge einer Gazelle, die zwischen Lilien weiden. Abends, wenn es kühl wird und die Nacht ihre Schatten über das Land breitet, will ich zu dir kommen – zu dem Hügel, der nach Myrrhe und Weihrauch duftet. Deine Schönheit ist vollkommen, meine Freundin, kein Makel ist an dir.“
Die Bibel, Hoheslied Kapitel 4, Verse 5-7