Wie angekündigt, habe ich heute im Gottesdienst im Anschluss an das Abendmahl ein flammendes Fürbittegebet für die Frauen dieser Welt gesprochen.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich noch nie derart Herzklopfen hatte, als ich vor der Gemeinde stand und dass ich zum ersten Mal erlebt habe, wie es ist, wenn man eine Botschaft hat und einem die Worte im Hals stecken bleiben.
Trotzdem ist alles gut gegangen, meine Stimme hat durchgehalten und war nur kurz wackelig.
Als ich mich nach dem anschließenden „Vater unser“ setzte, trafen mich viele Blicke -die meisten davon konnte ich nicht einordnen. Nur eine (eingeweihte) Freundin zeigte den erhobenen Daumen als Anerkennung, mein Vorhaben durchgezogen zu haben.
Überraschender Weise waren die meisten Kommentare im Anschluss positiv. Eine ältere Dame, deren Blick ich als irritierend eingestuft hatte, kam mit ausgestreckten Händen auf mich zu und meinte, sie habe Tränen in den Augen gehabt und solche Gebete bräuchten wir viel mehr (auch wenn die Männer das nicht wollten). Eine weitere ältere Dame dankte mir für das Gebet und wies mich daraufhin, dass ich die Genitalbeschneidung an kleinen Mädchen nicht erwähnte hätte. Daraufhin meinte ich, dass unsere Gemeinde für derartigen Klartext noch nicht reif sei – vielleicht in ein paar Jahren…
Zwei Männer meinten, nächstes Mal wollten sie für die Männer beten. Bitte, jeder darf für das bitten, was ihr / ihm wichtig ist. Einen blöden Kommentar gab es und ansonsten den Hinweis, für die Kinder dieser Welt könnte auch mal ausführlich gebetet werden.
So bleibt zu sagen: Ein ehrliches Gebet, und sei der Inhalt noch so provokant in konservativen Kreisen, hat noch keinen unberührt gelassen.
Hier das Gebet, das übrigens gut zum Vers des heutigen Tages passt: „Jeder trage des anderen Last.“ Galater 6,2
Gott, du hast alle Menschen geschaffen und kennst jeden von uns.
Jeder ist für dich wertvoll, ganz unabhängig von Geschlecht und Alter.
So bitte ich dich heute morgen für alle Mädchen und Frauen, denen in vielen Teilen der Welt Unrecht getan wird. Ich bitte dich für die Mädchen, die zwangsverheiratet werden. Die zur Prostitution gezwungen werden. Ich bitte dich für die jungen Frauen, die als Arbeitssklavin benutzt werden, weil sie in ihrem Land keine Rechte haben.
Ich bitte dich für die Frauen, die in Krisenregionen und Kriegsgebieten auf der Flucht sind vor Hunger, Gewalt und Schändung.
Du kennst die Frauen, die nicht lesen und schreiben können und keine Zukunft für sich sehen.
Du kennst die Frauen, die unterernährt sind und alles tun, um ihre Kinder durchzubringen.
Uns Frauen in Europa geht es viel besser -und dennoch sind auch wir noch lange nicht gleichberechtigt.
So bitte ich dich für die Frauen und Mädchen überall auf dieser Welt:
Gott, erbarme dich.